Vor vier Tagen lief die 14-Tage-Frist ab, innerhalb der die Mönchengladbacher Einwohnerinnen und Einwohner Einwendungen gegen den Haushalt 2021/2022 einreichen konnten.
Zum vergangenen Haushalt 2019/2020 waren es 19 Einwendungen, die dem Stadtrat am 19.12.2018 zur Entscheidung vorgelegt und sämtlich von ihm abgelehnt wurden.
Wie berichtet, hatten „Die BürgerLobbyisten“ angeboten, Kopien von Einwendungen zum bevorstehenden Doppelhaushalt 2021/2022 zu sammeln und zu veröffentlichen.
Nach Angaben dieser Initiative haben einige Mönchengladbacher von diesem Angebot Gebrauch gemacht, so dass die BürgerLobbyisten nunmehr neun Einwendungen Interessierten zur Verfügung stellen.
Diese Einwendungen sind auf dem Internetauftritt der BürgerLobbyisten einzusehen und können von dort auch heruntergeladen werden:
Schwerpunktthemen kamen auch diesmal wieder aus den Bereichen Barrierefreiheit, Infrastruktur (Brücken und Radwege) und Natur.
Bei der Durchsicht der „Zusammenstellung“ fällt auf, dass sich die „Einwender“ zum Komplex „Barrierefreiheit“ im Wesentlichen auf die seinerzeit von einer Ratsmehrheit abgelehnten Einwendungen bezogen.
Die Ratsmitglieder hatten damals den Ablehnungsgründen und Versprechungen aus der Verwaltung geglaubt, die – wie nach Ansicht der Einreicher – schon damals unzutreffend waren bzw. die Versprechungen der Verwaltung nicht eingehalten worden seien.
Manche Ratsmitglieder schienen damals auch nicht im Detail darüber informiert gewesen zu sein, über was sie abzustimmen hatten und sich offensichtlich auf die „Richtung“ der Fraktionsvorsitzenden verlassen.
Offensichtlich aus dieser Erfahrung heraus, haben die Einreicher ihre Einwendungen schon jetzt den Ratsfraktionen zugesandt, damit die Ratsmitglieder nicht von den Einwendungen „überrascht“ würden und besser vorbereitet in die Abstimmung gehen könnten.
Barrierefreiheit BIS
(c) BZMG
Dazu wurde seinerzeit den Ratsmitgliedern erklärt, dass die geplante Sanierung des BIS auch die Barrierefreiheit beinhalte und Mittel eingeplant seien und damit der Einwendung nicht zu folgen sei. Mittlerweile sollen diese Mittel in das Projekt IHEK „umgeschichtet“ worden sein, so dass nach der Einschätzung der Einwender die Herstellung der Barrierefreiheit im BIS nach wie vor nicht stattfinden würde.
Barrierefreiheit Carl-Orff-Saal Musikschule
(c) BZMG
Hierzu war den Ratsmitgliedern am 19.12.2028 erklärt worden, dass das GMMG keinen Handlungsbedarf sehe, obwohl nach Einschätzung der Einwender eine diskriminierungsfreie Nutzung der Bühne und der Fläche davor durch Menschen mit Behinderungen nicht möglich sei.
Barrierefreiheit Kaiser-Friedrich-Halle
(c) BZMG
An diesem Objekt haben die verantwortliche MGMG gemeinsam mit der Bauverwaltung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen beauftragt und durchführen lassen, ohne mögliche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit mit einzuplanen.
Das GMMG hatte seinerzeit vorgeschlagen, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, wenn die MGMG sie dazu beauftragen würde. Planungsmittel seien vorhanden gewesen, erklären die Einwender, stünden – mangels Beauftragung durch die MGMG – nun nicht mehr zur Verfügung und müssten neu in den Haushalt aufgenommen werden.
Barrierefreiheit Rathaus Abtei
(c) BZMG
Der Hinweis in der ablehnenden Begründung der Verwaltung zur Einwendung zum Haushalt 2019/2020 habe suggeriert, dass eine Machbarkeitsstudie beauftragt sei, woraufhin die Einwendung von den meisten Ratsmitgliedern abgelehnt worden seien. Eine solche Machbarkeitsstudie existiere nicht, erklären die Einwender.
Diese Maßnahme müsse nun endlich beauftragt werden.
Barrierefreiheit Grundsicherung Mönchengladbach
(c) BZMG
Eine ähnlich lautende Einwendung war am 19.12.2018 von den Ratsmitgliedern abgewiesen worden, weil sie den Erklärungen geglaubt hätten, es wären Teile der Grundsicherung in einen barrierefrei zugänglichen Bereich verlagert worden. Das sei nach Beobachtungen der Einwender jedoch nicht geschehen.
Sanierung Brücke Bettrather Straße
(c) BZMG
Gegen Intransparenz und Unklarheiten bei diesem „Dauerthema“ wendet sich diese Einwendung und stellt fest, dass die Politiker am 19.12.2018 mit falschen und unzureichenden Angaben zur Ablehnung einer Eingabe zum Haushalt 2019/2020 veranlasst wurden.
Diese Politiker hätten sich mit der Erklärung des Baudezernates zufrieden gegeben, „Zustandsprüfung“ hätten ergeben, dass der Neubau die einzig vertretbare „Lösung“ zum Erhalt der Wegebeziehung Oberstadt-Bunter Garten sei.
„Die kommunizierte „Baufälligkeit“ und „Gefährlichkeit der Brücke waren offenbar reine Suggestion“ (Zitat).
Seitens der Bauverwaltung sei keine Kalkulation einer Sanierung der Brücke vorgenommen worden, sondern lediglich eine grobe Schätzung, um den Auftrag für einen Neubau und das Akquirieren von Fördermitteln zu erhalten.
Vollkommen außer Acht gelassen habe die Verwaltung, dass auch eine Sanierung der Brücke förderfähig ist, Abrisskosten hingegen keinesfalls.
Auf Grund dieser Tatsache und aus Sicht des „Einwenders“ durch fehlerhafte Berechnungen zum unnötigen Brückenneubau könne man von „Steuergeldverschwendung“ sprechen und es müssten sämtliche Aktivitäten zu Neubau-Planung gestoppt werden.
Ohne explizit darauf hinzuweisen sieht der Einwender offensichtlich, dass die „Causa Brücke Bettrather Straße“ das Zeug dazu hat, im nächsten „Schwarzbuch“ des Steuerzahlerbundes als Mönchengladbacher Beispiel für Steuergeldverschwendung zu erscheinen.
Nur so ist zu erklären, dass diese Einwendung auch dem Bund der Steuerzahler NRW zur Kenntnis gegeben wurde.
Verwendung von Ersatzgeldern für Kompensationsmaßnahmen
(c) BZMG
Eine weitere Einwendung befasst sich mit dem Einsatz von so genannten „Ersatzzahlungen“, die Investoren an die Stadt zu leisten haben, wenn Grünflächen beispielsweise in Gewerbe- oder Industrieflächen umgewandelt würden.
Hier wendet sich der Einwender gegen die aktuelle Praxis, dass diese zweckgebundenen Mittel als „Pauschalen“ im allgemeinen Vermögenshaushalt der EWMG „verschwinden“ und daher nicht maßnahmen- und projektbezogen eingesetzt würden.
Unzureichende Mittelbereitstellung für stadtinterne Fahrrad-Infrastruktur
(c) BZMG
Diese Einwendung richtet sich konkret gegen die „unzureichenden“ Investitionen unter LDI 0516, die ca. 815 TEUR umfasst, von denen allein 120 TEUR nur für so genannte „Abstellbügel“ aufgewandt werden sollen.
Mit dem Restbetrag seien Verbesserungen im Radwegenetz und damit für das Radfahren in Mönchengladbach nicht finanzierbar und müssten erhöht werden.
Sanierung Brücke Schürenweg
(c) BZMG
Mit Bezug zu LDI 1229 sind 4,25 Mio. Euro dem Bauwerk Nr. 1073 (Brücke Schürenweg) zugeordnet.
In der Erläuterung dazu, die in der Einwendung zitiert wird, ist von „Ersatzbau der Brücke Bettrather Straße“ die Rede.
Dieser Text und der Betrag erscheint dringend erklärungsbedürftig.
(c) BZMG
Es ist bemerkenswert, dass Einwender offensichtlich genau darauf achten, was die Verwaltung den Ratsmitgliedern an die Hand gibt, um über Bürger-Einwendungen zum Haushalt zu entscheiden.
Die Begründungen für die Empfehlungen, dass die Ratsmitglieder den Einwendungen „nicht folgen“ sollen, lassen eine große Einflussnahme der Verwaltung auf politische Entscheidungen erahnen, die auch parteipolitisch gesteuert sein könnten.
Bemerkenswert ist auch, dass einzelne auch ein Gefühl dafür entwickeln, dass Fördermittel aus Steuermitteln finanziert werden und dadurch nicht allein den städtischen Haushalt im Blick haben.
Man darf gespannt sein, wie der Steuerzahlerbund auf das Thema „Brücke Bettrather Straße“ reagieren wird. und ob Mönchengladbach es damit in das „Schwarzbuch“ schafft.
Unabhängig davon fällt bei der Beobachtung der so genannten „Sozialen Netzwerke“ auf, dass ausgerechnet der Fahrradclub ADFC Mönchengladbach e.V. sich offen für den 4-spurigen Ausbau der Hermann-Piecq-Anlage für den Autoverkehr ausspricht, dem der Erhalt der vorhandenen Brücke entgegen stehen würde.
Es könnte der Eindruck eines „Deals“ zwischen dem ADFC und der Verwaltung entstehen, dass mit der Befürwortung dieses objektiv unnötigen 4-spurigen Ausbaues durch diesen Fahrradverband die so genannte „Protected Bike-Lane“ auf der Bismarckstraße „erkauft“ werden könnte.
Denn diese „Erweiterung“ ist lediglich auf wenigen 100 Metern überhaupt möglich, weil diese Straße in beiden Richtung für den Autoverkehr jeweils in einem „Flaschenhals“ mündet (Verengung auf zwei Spuren).
Dabei ist die Option einer „Protected Bike-Lane Bismarckstraße“ noch nicht einmal untersucht worden.
Es ist also gar nicht sicher, ob sie (trotz über 2.000 Unterstützer-Unterschriften) überhaupt realisiert wird.
In diesem Kontext ist interessant, dass sich ausgerechnet der ADFC (hier: Bochum) gegen zwei solcher geschützten Radfahrstreifen auf der viel befahrenen Universitätsstraße ausgesprochen hat.
Die Kosten für dieses Pilotprojekt sollen sich auf ca. 125.000 Euro belaufen, die nach einer Evaluation unter Umständen „in den Sand gesetzt“ wurden.