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Anwohnerparken, Regelungen dazu und die Kosten haben sich in Mönchengladbach zu einem Reizthema in Bevölkerung und Politik entwickelt.

Pro und Contra werden seit Jahren in politischen Gremien und den so genannten „sozialen“ Netzwerken teilweise sehr heftig kontrovers diskutiert.

Einen Schwerpunkt bilden dabei die jährlichen Kosten für einen Anwohnerparkausweis, die sich derzeit auf 30,00 EURO belaufen.

In neun Mönchengladbacher Wohnquartieren können derzeit „Bewohnerparkausweise“ ausgestellt werden, sofern die Antragsteller in diesen Gebieten mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet sind, vier davon befinden sich im Stadtteil Rheydt.

Die Interessenvertretung u.a. für motorisierte Verkehrsteilnehmer, der ADAC, lehnt Versuche, Menschen über die Kosten zum Verzicht auf das Auto zu zwingen, entschieden ab.

Zu den Gebühren für Bewohnerparken vertritt der ADAC diese Position:

(c) BZMG

„Der ADAC fordert, dass die Kommunen im Fall einer Gebührenerhöhung für das Bewohnerparken maßvoll und sozialverträglich vorgehen.

Schließlich gibt es in den Städten viele Menschen, die auf das Auto und kurze Wege vom Pkw zur Wohnung angewiesen sind.

„Nah am Wohnort zu parken, darf keine Frage des Einkommens sein“, lautet ein zentraler Punkt der ADAC Position.

Versuche, Menschen über die Kosten zum Verzicht auf das Auto zu zwingen, lehnt der ADAC entschieden ab.“ (Zitat Ende)

(c) BZMG

Auch der VCD (VerkehrsClub Deutschland e.V.) hat sich dem Thema im Kontext zur Mobilitäts- und Verkehrswende befasst, indem von 2021 bis 2023 unter Leitung von Konrad Otto-Zimmermann (VCD & The Urban Idea, Freiburg) eine Arbeitsgruppe „Feinmobilität“ die Einordnung von Individual-Verkehrsmitteln nach unterschiedlichsten Kriterien erarbeitete.

Fachlich und wissenschaftlich begleitet wurde die Arbeitsgruppe u.a. von der SRL e.V. (Vereinigung für stadt-, Regional- und Landesplanung) und dem Fachbereich Verkehrsplanung und Verkehrssystem der Universität Kassel (Prof. Dr.-Ing Carsten Sommer).

Ein Anstoß für dieses Projekt war neben der Forderung nach einer wirksamen Verkehrswende das Anwachsen von Mobilitätsproblemen wegen des „krebsartigen Wuchern des Pkw-Bestands (immer mehr, immer größer“. (Zitat)

Wesentliche Verkehrs- und Mobilitätsprobleme

  • Die längeren, breiteren und höheren Fahrzeuge nehmen immer mehr Stadtraum ein, drängen auf die Gehwege, blockieren Sichtbeziehungen im Straßenraum und haben eine einschüchternde Wirkung auf Zufußgehende, Radfahrende und auch auf Menschen in kleineren Autos.
  • Fahrzeugbesitzer stellen ihr Fahrzeug wegen seiner Größe im Straßenraum ab, weil es nicht mehr in ihre Garage bzw. durch die Zufahrt passt, oder vor die Garage, wobei es dann oft in den Gehweg hineinragt.
  • Die Sehnsucht nach großen Autos erwächst zum Teil aus der Angst der Pkw-Nutzer, Unfallschäden an Leib und Leben zu erleiden. Sie panzern sich ein, anstatt auf sichere Geschwindigkeitsniveaus und effektive Verhaltensüberwachung für alle zu drängen. Durch die massigen Autos werden sie paradoxerweise selbst zu einer Gefahr für Andere. Je größer die durchschnittlichen Fahrzeuge werden, desto größer wird der Konkurrenzdruck, weiter hochzurüsten.
  • Der Verkehr ist ein Sektor, in dem die CO-Emissionen noch anwachsen. Größere Autos verbrauchen nicht nur mehr Energie und Fläche, sondern auch mehr Rohstoffe und Energie von der Herstellung bis zur Entsorgung. In einer Ära, in der Ressourcenschonung und Energieeinsparung angesagt sein sollten, werden relative Effizienzgewinne in der Produktion und beim Betrieb durch die Vergrößerung der Fahrzeuge und ihres Bestands wieder zunichte gemacht.
  • Schlimmer noch: Der Hang zu Besitz und Nutzung immer größerer Autos drückt eine Tendenz weg von ökologischer Vernunft hin zu Statusausdruck und angstgetriebenem Egoismus aus.
  • Der Übergang zu batterieelektrischen Fahrzeugen führt wegen des Gewichts der Batterien zu noch schwereren Fahrzeugen, was gerade bei elektrischen Antrieben für Leichtfahrzeuge spricht.

Von der EU und vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) werden Fahrzeuge in erster Linie mit Relevanz für Marketing und Handel definiert:

  • A: Kleinstwagen (KBA: Minis)
  • B: Kleinwagen
  • C: Mittelklasse (KBA: Kompaktklasse)
  • D: Obere Mittelklasse (KBA: Mittelklasse)
  • E: Oberklasse (KBA: Obere Mittelklasse)
  • F: Luxusklasse (KBA: Oberklasse)
  • S: Sportwagen
  • M: Multivan (KBA: Mini-Van, Großraum-Van)
  • J: Sport Utility Vehicle (SUV)
  • J: Geländewagen

Eine besondere Herausforderung für die Arbeitsgruppe war es, eine realitätsbezogene Klassifizierung von Verkehrsmitteln zu finden, die nicht Aspekte von Marketing und Handel in den Mittelpunkt stellte, sondern die ausschlaggebenden Merkmale auf das tägliche Mobilitätsgeschehen widerspiegelt, nämlich
 

  • Größe (Länge, Breite, Höhe, Flächenbedarf, Außenvolumen und Wendekreis)
  • Gewicht (Leergewicht, Gesamtgewicht)
  • Geschwindigkeit (bauartbedingt)
  • Kinetische Energie (Gewicht & Geschwindigkeit)
  • Antriebleistung und Energieverbrauch
  • Effizienz (Transporteffizienz, Energieeffizienz, Klimaeffizienz)
  • Rechtliche Anforderungen (Fahrzeugklassen nach Zulassungsrecht, Führerscheinpflicht, Helmtragepflicht)

Auf dieser Basis wurde eine Bestands­aufnahme der fachlichen Grundlagen für die 3G-Klassifizierung von Fahrzeugen (Größe, Gewicht, Geschwindigkeit) vorgenommen und dabei 

 

  • über 80 Referenzfahrzeuge bestimmt,
  • deren GGG-Merkmale spezifiziert,
  • Grundsätze für eine GGG-Staffelung von „Bemessungsfahrzeugen“ aufgestellt und
  • Fachliche Klassifizierungsstandards definiert.

(c) BZMG

Im Ergebnis entstand in Analogie zu Kleidergrößen eine Einteilung nach sieben „GGG-Klassen“ (von XXS bis XXL)

(c) BZMG

In diversen Fachdiskussionen wurde u.a. auf diese Anwendungsmöglichkeiten hingewiesen:

  • Definition mehrerer, größenabhängiger Bemessungsfahrzeuge anstatt nur eines Bemessungsfahrzeugs für „Pkw“ im technischen Regelwerk (Richtlinien für Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen (RBSV 2020) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen)
  • Größen-differenziertes Ausweisen von Parkständen, Parkstreifen und anderen Parkflächen im öffentlichen Straßenraum, auf privaten Flächen sowie in (privaten) Parkhäusern und Tiefgaragen
  • Größen-differenziertes Ein-/Durchfahrtsverbot durch enge Altstadtstraßen und Gassen sowie in andere, sensible Stadtbereiche sowie größen-differenzierte Zufahrtsregelungen auf Privatgelände
  • Größenstaffelung bei Kaufprämien (z. B. für Elektrofahrzeuge)
  • Größen-differenziertes fiskalisches Behandeln (z. B. Kfz-Steuern oder (City-)Maut)
  • Größen-differenziertes Bepreisen von Parkraum im öffentlichen Raum
  • Größen-differenziertes Bepreisen des Anwohner-/Bewohnerparkens

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Gerade bei den jährlichen Kosten für das Anwohner-/Bewohnerparken kommt – nicht unberechtigt – die Frage nach Straßenraumnutzungsgerechtigkeit auf.

Warum soll ein Anwohner mit einem Smart mit den gleichen Kosten belastet werden, wie der mit einem SUV oder einem Pickup?

Rechtlich waren den Kommunen mit der bundesweiten Obergrenze von 30,70 EURO/Jahr die Hände gebunden.

Im Februar 2022 übertrug auch das Land NRW den Kommunen „die Macht“, die Gebühren für das Anwohnerparken selbst festzulegen.

Daraufhin hatten Politik und Verwaltung in Düsseldorf, Bonn und Neuss nicht unerhebliche Gebührenerhöhungen beschlossen.

In Köln stehen Diskussionen über dreistellige Gebühren für das Anwohnerparken auf der Agenda.

Nachdem Baden-Württemberg als erstes Land den Kommunen die Gebührengestaltung freigegeben hatte, erhöhten sich die Gebühren in Karlsruhe auf 180,00 EURO, Reutlingen und Tübingen auf 120,00 EURO, wobei in Tübingen für „große Fahrzeuge“ (mit Verbrennungsmotor und einem Leergewicht von über 1.800 kg sowie mit ‚reinem‘ E-Antrieb und einem Leergewicht von über 2.000 kg) 180 EURO pro Jahr anfallen.

Auf bis zu 480,00 EURO wollte die Stadt Freiburg die Gebühren anheben, scheiterte aber in einem Klageverfahren eines FDP-Ratsmitglieds vor dem Bundesverwaltungsgericht zunächst an einer Formalie und dann an einer „Längenstaffelung“.

Die Freiburger hatten die Gebühren für das Anwohnerparken je nach Fahrzeuglänge in drei Stufen gestaffelt: Die Regelgebühr für einen Parkausweis beträgt 360 Euro im Jahr.

Das sei nicht zu beanstanden, teilte das Gericht mit.

Für Autos mit einer Länge von weniger als 4,21 Metern sind 240,00 Euro zu zahlen und für größere Fahrzeuge mit einer Länge von mehr als 4,70 Metern sind es 480,00 Euro.

In dieser Spreizung sieht das Bundesverwaltungsgericht eine „beträchtliche Ungleichbehandlung“.

Im Extremfall könne ein Längenunterschied von 50 Zentimetern zu einer Verdoppelung der Gebühren führen.

Im Prinzip näherten sich die Freiburger der Intention des Projektes „Feinmobilität“, indem sie die Fahrzeuglänge als Maßstab für den Platzbedarf zugrunde gelegt hatten, ohne sich dabei explizit auf die von der VCD-Arbeitsgruppe erarbeitete GGG-Klassifizierung bezogen hatten.

(c) BZMG

… und Mönchengladbach?

Es dürfte nicht lange dauern, bis sich auch die Mönchengladbacher Politik mit einer (neuen?) Ausgestaltung der Gebühren für Anwohner-/Bewohnerparken befassen wird.

Denn: Bei der bekannt prekären Haushaltslage muss dem Kämmerer daran gelegen sein, die Einnahmen zu erhöhen.

Was wäre einfacher, als es durch einen Ratsbeschluss den Städten Bonn, Neuss, Düsseldorf, Köln und Münster gleich zu tun und die Gebühren massiv zu erhöhen?

Gäbe es da nicht das Dilemma, dass die „Ampel“ im Rat nur mit der Stimme des Oberbürgermeisters über eine Mehrheit verfügt.

Und da gibt es ja noch den Ampel-Partner FDP, dessen Begeisterung für eine Gebührenerhöhung für Kfz-Besitzer sich in Grenzen halten dürfte.

Abgesehen davon wird (auch für Mönchengladbach) zu klären sein, ob für eine Gebührenerhöhung  eine „Rechtsverordnung“ oder ein „Satzungsbeschluss“ der formal richtige Rechtsweg ist.

Das muss den verwaltungsrechtlich „unbedarften“ Ratsmitgliedern erst einmal plausibel gemacht werden … wenn es sie denn interessiert.

Vielleicht gibt es ja bei der nächsten Ratssitzung dazu wieder einmal ein langatmiges und für die Zuhörer ermüdendes Zitieren von Texten aus der KI-Plattform „ChatGPT“.