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Öffentliche Toiletten sind seit Jahren ein Dauerthema, das in Mönchengladbach immer wieder einmal im politischen Bewusstsein auftaucht und dann ebenso schnell wieder in den Schubladen der Verwaltung und von Beteiligungsgesellschaften verschwindet.

Projekt „Nette Toilette“

Dabei setzen Verwaltung und Politik auf privates Engagement, wie dem Label „Nette Toilette“.

Die letzten Informationen zu „Nette Toilette“ datiert vom 03.08.2018 und enthält 11 „Teilnehmende Betriebe“, von denen einige nicht mehr existieren und nur einzelne eine barrierefreie Toilette zur Verfügung stellen (können).

Gleiches gilt die vom Fachbereich 66 auf der städtischen Homepage publizierte Liste.

Aktuelle Planungen

Wie die den ZOB planende NEW mobil und aktiv GmbH deutlich macht, wird auch der „neue“ ZOB keine öffentliche Toilette bekommen.

Diskussionen gibt es aktuell auch um eine (neue) Toilettenanlage am Rheydter Marktplatz. Hierfür sind im Doppelhaushalt 2021/2022 unter LDI 1480 lediglich 15.000 EURO eingeplant.

Wer dafür „zuständig“ sein wird, steht ebenso wenig fest wie die Frage was mit diesem geringen Betrag bewerkstelligt werden kann.

Toilettenanlage Odenkirchener Markt

Der Zuständigkeitsfrage für die derzeit nicht benutzbare Toilette auf dem Odenkirchener Marktplatz ist DIE LINKE nachgegangen und zeichnet in einer Pressemitteilung von heute (14.02.2021) ein verworrenes Bild von Zuständigkeiten nach, in dem insbesondere städtische Beteiligungsgesellschaften eine bemerkenswerte Rolle spielen:

„Odenkirchen hatte mal eine öffentliche Toilette am Markt, wann diese aber verschwand und warum war für Stadtverwaltung und städtische Unternehmen nicht einfach zu beantworten.

Zuerst Bürger*innenanfragen, dann weitere Nachfragen der Linken, bringen nun folgendes Ergebnis.

Im Dezember sah die Verwaltung nach mehreren Monaten Nachforschung die Entwicklungsgesellschaft (EWMG) zuständig, diese hielt nach weiteren Recherchen den Fachbereich 66 der Verwaltung sowie das Rechtsamt für verantwortlich.

Einig war man sich aber in einem: Es gibt eine sogenannte Reallast im Grundbuch, die den Inhaber des Pavillons verpflichtet, die von außen zugängliche Toilette öffentlich zu betreiben.

Und wie die Hauptbetroffenen – die Händler*innen und Marktbesucher*innen – leidlich berichten können, ist dies seit längerem nicht der Fall.

Der Linken wurde weiter von der EWMG berichtet, „dass es wohl bereits im Jahr 2010 eine rein mündliche Vereinbarung mit dem Pächter gab, dass man die öffentlich zugängige Toilette schließt.“

Der Verkauf durch die Kreisbau AG an einen privaten Investor fand sechs Jahre später statt, beinhaltete aber auf dem Papier weiter die Verpflichtung zur öffentlichen Toilette, die aber mittlerweile als Abstellraum genutzt wurde. Zugespitzt hat sich die Situation seit Mitte letzten Jahres.

Der Pächter des Pavillons verweigerte den Marktbeschicker*innen die Toilette im Pavillon selbst.

Ein als Ersatz aufgestelltes Dixi-Klo war meist wegen Verunreinigungen nicht nutzbar.

„Die Unwissenheit über Verpflichtungen und das Chaos über Zuständigkeiten innerhalb der ‚Familie Stadt‘ ist schon schwer zu ertragen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Torben Schultz, „Dass aber nun nach Vorliegen aller Fakten ein bestehendes Recht der Öffentlichkeit nicht durchgesetzt wird, grenzt an Arbeitsverweigerung. Dabei war das Problem bekannt und mit öffentlichen Geldern wurde eine mobile Toilette angemietet. Deutlich wird so vor allem, wie Privatisierung die Öffentlichkeit schleichend beraubt!“

Die Linksfraktion erwartet nun, dass die Verwaltung die im Grundbuch festgeschriebenen Vereinbarungen durchsetzt und auch Schadensansprüche prüft.

„Wichtig ist, dass die Marktbeschickenden und Besucher*in schnell wieder eine richtige, öffentliche Toilette haben“, endet Schultz, „Aber die Verwaltung muss auch darlegen, wie sie für die Zukunft verhindert, dass sich Private schleichend ihren Verpflichtungen entbinden und die Öffentlichkeit zahlt. Genauso gilt es zu verhindern, dass mündliche Vereinbarungen zu Rechtsunsicherheit führen. Was wissen wir, an wie vielen Stellen ähnliches passiert ist?“

Details wie sich der Ablauf nach derzeitigen Antworten darstellt:

1995

Die Stadt Mönchengladbach verkauft den Pavillon (Gemarkung Odenkirchen Flur 38 Flurstück 148) an Kreisbau AG, im Grundbuch wird die Reallast zur Unterhaltung der Toilette eingetragen.

2010

Nach Auskunft der EWMG meint das Ordnungsamt, dass bereits im Jahr 2010 rein mündlich eine Vereinbarung mit dem damaligen Pächter getroffen wurde, dass man die öffentlich zugängige Toilette schließt, da sich hier regelmäßig Drogenkonsument*innen eingefunden haben.

Die von außen erreichbare Toilette könne der Pächter demnach als Lagerraum nutzen und verschließen.

Toilettenbesucher*innen müssten dann die Toilette nutzen, die nur innerhalb der Gastronomie zu erreichen ist.

Hierdurch sei grundsätzlich eine bessere Kontrolle der Toilettenbesucher*innen gegeben.

Aufgrund der aktuell durch Corona bedingten Schließung der Gastronomie ist an dieser Stelle aber eben nun die Toilette gar nicht mehr erreichbar.

Für Marktbeschicker*innen wurde offenbar eine Lösung über eine mobile Dixi-Toilette gefunden.

2016

Die Kreisbau AG verkauft den Pavillon an einen privaten Investor, die Verpflichtung der Reallast im Grundbuch zur Unterhaltung der Toilette bleibt erhalten.

2020

Im Dezember bittet die Verwaltung die ihrer Meinung nach zuständige EWMG zur Durchsetzung der Ansprüche.

2021

Im Februar teilt die EWMG mit, dass beim FB 66 bei Bedarf weitere Informationen eingeholt werden können und sonst auch das Rechtsamt für die Durchsetzung von Rechten zugunsten der Stadt Mönchengladbach infrage kommt.

Die EWMG als seinerzeitige geschäftsbesorgende Verkäuferin des Grundstücks ist jedoch nicht zuständig.

Der Vorgang ist mit Vereinbarung des Rechts im Kaufvertrag und entsprechender Sicherung, wie der Reallast im Grundbuch, für die EWMG abgeschlossen.“ (Ende der PM)

(c) BZMG

Der „Fall Odenkirchen“ macht mindestens zwei Dinge deutlich, nämlich

 

  1. welche Folgen die „Ausgliederung“ von städtischen Aufgabenbereichen auf privatwirtschaftlich aufgestellte, städtische Beteiligungsgesellschaften und deren „Geschäfte“ untereinander für die Bürgerschaft haben, und
  2. einem Betreiber (als Mieter) Aufgaben „zugeschoben“ werden, die offensichtlich nicht in seiner Verantwortung liegen.