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Ein Mythos ist in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Erzählung, die

  • nicht selten Anspruch auf Geltung als behauptete Wahrheit erhebt oder
  • Dinge oder Ereignisse von hoher symbolischer Bedeutung erlangen soll oder
  • auch einfach nur eine falsche Vorstellung von der Realität wiedergibt. 

Betrachtet man die beurkundete Auszeichnung näher, dass Mönchengladbach als „fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt“ in die gleichnamige als Verein organisierte NRW-Arbeitsgemeinschaft (AGFS) aufgenommen wurde, wird deutlich, dass es sich – bezogen auf Mönchengladbach – lediglich um ein Symbol handeln kann, das die Realität vor Ort kaum abbildet.

An diesem Sachverhalt ändern auch nichts die „anerkennenden“ Worte des seinerzeitigen NRW-Vekehrsministers und aktueller Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die Versprechungen von OB Felix Heinrichs (SPD) anlässlich der virtuellen Übergabe der Urkunde.

„Einordnung“ der AGFS

Fast alle Vereine in Deutschland (Sport, Kultur, Musik, Natur/Umwelt, …) erklären, „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke“ zu verfolgen. So auch der Verein AGFS NRW e.V.

Die meisten der Vereine betonen zusätzlich, unabhängig von politischen Einflüssen zu sein.

Das trifft auf die AGFS nicht zu, weil dieser Verein dadurch politisch gesteuert wird, dass

  • die Aufnahme nur möglich ist, wenn das „zuständige Landesministerium“ (meist das Landesverkehrsministerium) der antragstellenden Kommune die Eigenschaft „fußgänger- und fahrradfreundlich“ verliehen hat, und zuvor
  • eine von der Landesregierung eingesetzte „Auswahlkommission“ eine entsprechende Empfehlung abgegeben hat.

Umgekehrt scheidet eine Kommune automatisch aus der AGFS aus, wenn das „zuständige Landesministerium“ ihr die o.g. Eigenschaft aberkennt, nachdem sich auch hierzu die Auswahlkommission geäußert hat.

So ergingt es beispielsweise der Stadt Marl, die 1993 zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgemeinschaft gehörte, die 2005 zum E.V. wurde.

Anfang November 2013 war die Auswahlkommission zu der Entscheidung gekommen, die Mitgliedschaft nicht zu verlängern, da die Stadt Marl „in den letzten Jahren nicht genug zur Förderung der Nahmobilität“ getan habe.

Intransparenz ist AGFS-Grundsatz

Welche Gründe letztendlich den Ausschlag für den Ausschluss von Marl aus der AGFS gegeben haben, blieb der interessierten Öffentlichkeit verborgen. Von Transparenz seitens der AGFS offensichtlich keine Spur.

So wie übrigens auch bei der Frage, was die Mitglieder der Auswahlkommission dazu bewogen hat, die Aufnahme Mönchengladbachs in die AGFS zu empfehlen.

Angesichts

  • der seit Jahren desolaten Zustände der vielen Fahrrad- und Gehwege,
  • einer so genannten „Blauen Route“, die mehr der Imagepflege von Stadt und mancher ihrer „Repräsentanten“ zu dienen scheint, als einem sicheren Fahrradverkehr,
  • eines vielgepriesenen „Masterplan Nahmobilität“ (2017), aus dem nach über vier Jahren immer noch nicht die erforderlichen Schlussfolgerungen gezogen werden und
  • der Tatsache, dass sich die Verantwortlichen mehr um die Steigerung der Zahl von Radfahrbügeln, als um die sach- und fachgerechte undsichere Ausgestaltung von Fuß- und Radwegen zu kümmern,

erscheint vielen Akteuren aus der Mönchengladbacher „Nahmobilitätscommunity“ das Prädikat „fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt“ als nicht gerechtfertigt.

Und das selbst dann, wenn die Auszeichnung nur „perspektivisch“ gemeint sein sollte.

Nach Gesprächen mit Mitgliedern von Auswahlkommissionen und aus der AGFS scheint das Nicht-Offenlegen von Bereisungs-/Befahrungsergebnissen, beispielsweise in Form der dabei erstellten „Positiv- und Negativlisten“ und der Niederschriften aus dem Antragsverfahren zum „Geschäftsmodell“ der AGFS zu gehören.

Denn je mehr über Unzulänglichkeiten in den Mitgliedskommunen „offiziell“ bekannt wird, umso größer sieht man offensichtlich die „Gefahr“, dass die Bevölkerung sich darauf beziehen könnte.

Wie Guido Ensemeier (AGFS) auf BZMG-Nachfrage mitteilt, ist diese intransparente Verhaltensweise zwischen AGFS und dem NRW-Verkehrsministerium „abgestimmt“.

Verkehrsministerium entscheidet nach Empfehlung einer „Auswahlkommission“

Ausschlaggebend für die Aufnahme einer Kommune in die AGFS und die Verlängerung einer Mitgliedschaft ist die Auswahlkommission und deren Bereisung der Kommune.

Diese Kommission ist nicht Teil der AGFS, sondern ein vom Landesverkehrsminister NRW eingesetztes Gremium.

 

Das Aufnahmeprozedere besteht aus fünf Schritten:

  1. Stadtrat beschließt Antrag auf Mitgliedschaft in die AGFS
  2. Kommune erstellt „nahmobilitätsfreundliches Gesamtkonzept“
  3. Aufnahmeantrag (Meilenstein Nr. 1)
  4. Vor-Bereisung / „Coaching“ durch AGFS (Meilenstein Nr. 2)
  5. Hauptbereisung durch Auswahlkommission (Meilenstein Nr. 3)
  6. Urkundenübergabe (Meilenstein Nr. 4)

Begründet wurde der Beschlussentwurf vom 03.11.2017, dem der Rat einstimmig folgte, u.a. hiermit:

„…Eine Mitgliedschaft bietet der Stadt viele Vorteile, so z.B. exklusiven Zugang zu Fördermitteln des Landes, zentrale Öffentlichkeitsarbeit, ein Netzwerk für den Erfahrungs-und Wissensaustausch, Beratung und Hilfestellung bei Fragen der Nahmobilität….“

Die Auswahlkommission besteht aus 25 Personen, von denen üblicherweise etwa 15 an der Hauptbereisung der Kommune teilnehmen und mit einfacher Mehrheit entscheiden.

Zur Auswahlkommission gehören Vertretungen

  • des Verkehrsausschusses des Landtages NRW,
  • des Verkehrsministeriums NRW,
  • des Innenministeriums NRW,
  • der Staatskanzlei NRW,
  • des Landessportbundes NRW,
  • der Bezirksregierung Detmold,
  • der AGFS
 
  • des Städte- und Gemeindebundes NRW,
  • des Münsterland e.V.,
  • des FUSS e.V.,
  • des ADFC,
  • von Straßen NRW,
  • aus Fach-Ingenieurbüros, die teilweise gleichzeitig auch Auftragnehmer des Landes und der Kommunen sind