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Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte sich im Landtag mit ihrem Vorhaben durchgesetzt, bei der Wahl der Hauptverwaltungsbeamten am 13. September 2020 die Stichwahl abzuschaffen.

Damit fallen CDU und FDP wieder auf den Stand von 2007 zurück, als sie die bis dahin etablierte Stichwahl abschafften.

Begründet wurde dies damit, dass in 75% der Fälle bereits der erste Wahlgang genügt habe und die Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang in der Regel geringer gewesen sei als im ersten.

Bereits damals war die Entscheidung umstritten und wurde vielfach mit strategischen Vorteilen für die CDU in der Situation der relativen Mehrheitswahl erklärt.

Weil Wahlrechtsfragen auch Machtfragen sind, hatte die rot-grüne Landesregierung 2011 die Stichwahl wieder eingeführt.

Ein konkreter Blick auf die aktuell beschlossene Abschaffung der Stichwahl lässt Bedenken entstehen, die nicht neu sind.

Die Wahl der Hauptverwaltungsbeamten allein im Verfahren der relativen Mehrheitswahl ermöglicht den Wahlsieg mit Ergebnissen, die deutlich unter 50 Prozent der Stimmen liegen können.

In solchen Fällen sinkt die Legitimität des gewählten Hauptverwaltungsbeamten, nicht nur im Verhältnis zu den Bürgern, sondern auch bei der Amtsausübung, insbesondere bei der Behauptung gegenüber dem Rat („Minderheitshauptverwaltungsbeamter“).

Tatsache ist, dass mittlerweile deutlich mehr als nur zwei starke Parteien antreten, weil neben SPD und CDU die Grünen und die AfD Erfolge feiern.

Diese Entwicklung macht auch vor den Kommunen Nordrhein-Westfalens nicht halt.

Ein mit nur 20 bis 30 Prozent der Stimmen gewählter Hauptverwaltungsbeamter wird sich schwerlich in das Amtsselbstverständnis eines „Stadtvaters“ oder einer „Stadtmutter“ einordnen können.

Aber auch das ist nicht neu.

Während 2009 in Mönchengladbach der SPD-Hauptverwaltungsbeamte Norbert Bude ohne Stichwahl mit 49,27% (wieder-)gewählt wurde, unterlag Norbert Post (CDU) mit 31.94% deutlich.

Daraus wurde bei einer Wahlbeteiligung von 45,49% die Legitimierung des „Oberbürgermeisters“ abgeleitet.

Bei der Kommunalwahl 2014 (mit Stichwahl) lag Bude im 1. Wahlgang mit 40,64% von abgegebenen 89.456 Stimmen (= 42,78% Wahlbeteiligung) vor Hans Wilhelm Reiners mit 39,13%.

In der nachfolgenden Stichwahl mit einer Wahlbeteiligung von 29,62% gab eine Differenz von nur 543 Stimmen den Ausschlag, dass seitdem Hans Wilhelm Reiners (CDU) Hauptverwaltungsbeamter in Mönchengladbach ist.

Legt man die Zahl der Wahlberechtigten zugrunde, liegt die tatsächliche Legitimation durchweg unter 20%, was den Schluss zulässt, dass es den Kandidaten für das Amt des Hauptverwaltungsbeamten nicht gelungen ist, die Bürger an die Wahlurnen zu bewegen.

Das dürfte sich auch im kommenden September kaum anders darstellen.

Es sei denn, es gelingt den Parteien außerhalb von CDU und SPD die negativen Auswirkungen der „großen Kooperation“ aus CDU und SPD für die Mönchengladbacher Bürger (= Wähler) so deutlich zu machen, dass deren Kandidaten für das Amt des Hauptverwaltungsbeamten wenig Zuspruch erhalten.

Vieles hängt davon ab, ob auch B90/Die Grünen, FDP, DIE LINKE und die AfD jeweils mit eigenen Kandidaten antreten.

Dann könnte es nämlich sein, dass deren Kandidaten so viele Stimmen erringen, dass die Kandidaten von CDU und SPD nicht mehr auf den vorderen Rängen zu finden sind und plötzlich – je nach politischer Gesamtsituation – gar ein Kandidat der AfD zum Hauptverwaltungsbeamten gewählt wird.

Das ist eine Befürchtung des Mönchengladbacher SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Willi Körfges, die er in einer Beratungspause des SPD-Wahlparteitages – also außerhalb der Tagesordnung – am letzten Samstag  unter dem Thema Stichwahl und die anhängende Klage beim Landesverfassungsgerichtshof in Münster erkennen ließ:

(c) BZMG

Betrachtet man die politische Gesamtsituation in Mönchengladbach, gibt es hier allerdings keine Anzeichen für ein von Körfges gezeichnetes Szenario.

Für andere Regionen in NRW kann ein solches jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Bei der Wahl des Mönchengladbacher Hauptverwaltungsbeamten jedoch könnten viele Gründe eine Rolle spielen, wofür die Kandidaten von CDU und SPD „abgestraft“ werden, an die momentan in den beiden Parteien noch niemand so recht glauben mag.