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Den Antrag auf eine Sondersitzung des Stadtrates konnte OB Hans Wilhelm Reiners (CDU) nicht verhindern und auch nicht, dass die 2-stündige Debatte sich zu einer Generaldebatte entwickelte.

Im Vorfeld zu dieser Sitzung soll es in der CDU Überlegungen gegeben haben, die Sitzung nach wenigen Minuten durch einen Geschäftsordnungsantrag „Ende der Debatte und Abstimmung“ zu beenden und um eine solche Generaldebatte nicht aufkommen zu lassen.

Ein ähnlicher Antrag kam erst nach besagten zwei Stunden von einem Ratsmintglieder aus den hinteren Reihen der CDU.

Dieser zur erkennbaren Zufriedenheit bei OB Reiners gestellte Geschäftsordnungsantrag forderte „Ende der Rednerliste und Abstimmung“.

Dass dieser Antrag mit der Ratsmehrheit aus CDU und SPD und gegen die Stimmen der übrigen Ratsmitglieder angenommen wurde, war zu erwarten.

Wie groß die Erleichterung war, konnte man daran zu erkennen, mit welcher „Geschwindigkeit“ Reiners nach einer von Nicole Finger (FDP) beantragten Sitzungsunterbrechung den Abstimmungsvorgang einleitete und damit Wortmeldungen von Finger und Reiners‘ Parteifreund Fred Hendricks unterband.

Während der Sitzungsunterbrechung hatten die Fraktionsspitzen von FDP, Grünen, Linken, CDU und SPD die Köpfe zusammengesteckt, offensichtlich um sich fraktionsübergreifend auf das weitere Vorgehen zu verständigen.

Worauf man sich genau verständigte war bislang noch nicht in Erfahrung zu bringen, dürfte aber alsbald bekannt werden.

Je länger die Debatte andauerte wurde klarer, dass es zwischen der Verwaltung (in Person von Baudezernent und EWMG-Mit-Geschäftsführers Dr. Gregor Bonin, EWMG-Geschäftsführer Dr. Schückhaus (CDU) und den Fraktionsspitzen von CDU und SPD einerseits und dem Investor der „19 Häuser“ andererseits eine Vereinbarung gibt, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit den Interessen des Investors entsprochen werden und der Grundstücksdeal in der Sonder-Sitzung des EWMG-Aufsichtsrates am nächsten Tag (11.02.2020) unter Leitung von Horst Peter Vennen (SPD) festgezurrt werden könne.

Der „Deal“ bestand darin, dass die NEW mobil & aktiv ihr Grundstück zunächst an die EWMG verkaufte und diese dass das gesamte Areal an BEMA veräußerte.

Genau das hatten die Grünen versucht zu verhindern, indem sie den Antrag stellten, diesen Deal (vorerst) nicht zu fixieren.

Dass dieser Antrag aus „Machtpositionen“ von CDU und SPD (incl. EWMG und Verwaltungsspitze) abgelehnt werden würde, war allen Beteiligten bewusst.

Den wenigsten in den beiden Mehrheitsfraktionen schienen jedoch die Konsequenzen bewusst zu sein, die sich aus ihrer (mechanischen) Beteiligung an der Ablehnung des Grünen-Antrages ergeben würden.

Und dass auch nicht, nachdem sich Tatsachen heraus kristallisierten, die so bislang allenfalls scherenschnittartig bekannt waren.

Möglicherweise zur Transparenz hätten zwei Funktionsträger dazu beitragen können: Stadtkämmerer Michael Heck und Frank Kindervatter Vorstand der NEW mobil & aktiv.

Heck soll sich momentan in Urlaub befinden, Kindervatter war nicht gekommen, wie Oberbürgermeister Reiner im Verlauf der Sitzung feststellte.

Als Entschuldigung für Kindervatters Fehlen, wurde erklärt, dass der Antrag der Grünen und damit der Anlass für diese Sondersitzung des Rates nichts mit der NEW mobil & aktiv zu tun hätte.

Dies hätte aber auch etwas mit der kurzfristigen Ansetzung der Ratssitzung zu tun und es sei jedem selbst überlassen, ob er teilnehmen werde oder nicht.

Die in dieser Ratssitzung aufgeworfenen „Knackpunkte“ lassen sich im Wesentlichen in diesen Fragen zusammenfassen, die teilweise über den Antrag von B90/Die Grünen hinaus gehen (Reihenfolge der Fragen ist nicht mit Priorität gleichzusetzen):

  • Welche präjudizierende Wirkung erzeugt die Verkaufsentscheidung der städtischen und der NEW-Grundstücke, die am 11.02.2020 in der nicht-öffentlichen Sitzung des EWMG-Aufsichtsrates unter Vorsitz von Horst Peter Vennen (SPD) getroffen werden (und mittlerweile auch getroffen wurden) für den „Wert“ der Bürger-Einwendungen?

     

  • Wie hoch ist die Belastung für den städtischen Haushalt, um die Herrichtung des neuen (verkleinerten) ZOB zu finanzieren?

     

  • Wie hoch muss – rein rechnerisch – der Grundstückspreis pro qm sein, um die derzeit bekannten Kosten für die ZOB-Herstellung in zweistelliger Millionenhöhe sein, um den Haushalt der Stadt nicht zu belasten?

     

  • Wofür können Fördermittel des VRR beantragt werden und in Abhängigkeit wovon?

     

  • Was würde – abgesehen von einer Zeitplanverschiebung um etwa 6 Monate (Zeitraum wurde von Schückhaus beispielhaft genannt) – geschehen, wenn die Verkaufsentscheidung erst dann getroffen würde (getroffen worden wäre), wenn alle offenen Punkte, die den ÖPNV und den ZOB betreffen, qualifiziert abgeschlossen und entsprechende Beschlüsse getroffen sind?

     

  • Welche Rechtsmittel (Bürgerbegehren oder Normenkontrollverfahren) stehen den Bürgern ab welchem Zeitpunkt zu welchen Ratsbeschlüssen offen?

     

  • Wann steht fest, dass eine nachhaltige und damit zukunftssichere Betriebsplanungen für den ZOB gewährleistet ist?

     

  • Wann weiß der Aufsichtsratsvorsitzende der NEW mobil & aktiv, Felix Heinrichs (SPD), ob der verkleinerte Job (überhaupt) funktionieren kann, oder nicht? In der Ratssitzung erklärte er jedenfalls „Ich sag‘ Ihnen ganz ehrlich: Weiß ich auch nicht“ (Zitat Ende).

     

  • Wie hoch sind die Vorleistungen (Personalkosten und Sachausgaben), die Stadt und EWMG für diese Planung aufbringen musste?

     

  • Welche Behindertenverbände wurden bereits proaktiv eingebunden, wie genau und wozu (Endzustand, Zwischenlösung)?

An dieser Stelle vertiefend auf die Fragen einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und bleibt daher weiteren Betrachtungen im Detail vorbehalten.

AUTOREN­KOMMENTAR

Die Menge der ungeklärten Fragen und das Fragenspektrum, das nach der Sondersitzung des Stadtrates für die etwa 30 Zuschauer auf der Tribüne und manch einen „Unbeteiligten“ unten im Ratssaal unbeantwortet blieb, dürfte kaum dazu beitragen, das deutlich erkennbare Misstrauen in das Handeln von Verwaltung (incl. EWMG), CDU und SPD.

Und das ganz offensichtlich nicht nur beschränkt auf das Projekt „Europaplatz“.