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Es geht gegen Greta Thunberg und alle, die der galoppierenden Klimazerstörung durch öffentlichen Protest entgegenwirken wollen:

Am 26. September erschien auf der zweiten Seite der RP die Kolumne „Mit Verlaub“ von Reinhold Michels mit dem Titel „Weniger Hysterie, mehr Verstand“ – abwertende Hetze par excellence.

Da weder ich noch die vielen AktivitstInnen, die ich kenne, hysterisch sind oder ihren Verstand in der Redaktion der Rheinischen Post abgegeben haben, und damit diese Art der Diffamierung Andersdenkender nicht zu schnell in Vergessenheit gerät, nachstehend die Kolumne im Wortlaut und meine Antwort auf sie – von Reinhold Michels nicht als Kommentar veröffentlicht.

Leider wird es sein, wie so oft: Sie, werter Reinhold Michels, haben das Privileg, Ihre Meinung einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, unwidersprochen und selbstgewiss.

Mein Vorschlag: Geben Sie meinen Antworten in Ihrer Kolumne einen Platz:

1.

Ein Teil des Volkes, dem Sie Verstand absprechen, hat genau den im Sinne Kants gebraucht, um einen Ausweg aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu suchen, wie der kritisch-konsequente Philosoph forderte; und verstanden, dass diese Minderjährige vielleicht wenig über Kant weiß, aber seine humanistische Botschaft, dass in die Vernunft die Weisheit der Empfindungen einzubinden sei, mit ihrer jugendlichen Leidenschaft lebt.

Kant, Hegel, Marx wären sich in ihrer Wertschätzung für diese junge Frau sicherlich einig.

2.

Die applaudierenden Staatsleute haben vielleicht nicht begriffen, aber ahnen wohl, dass dieses „Kind“ ihnen den wahrscheinlich für das Überleben der Menschheit entscheidenden Schritt voraus ist, denn sie hat, im Gegensatz zu all denen, die sich gedankenlos und unersättlich in ihrem Konsumrausch verlieren, die globale Morbidität ihres Wohlstands verstanden  – deren Ausmaß nur noch übergeschnappt angemessen zum Ausdruck und in die Köpfe, Gefühle und verändernden Aktivitäten von Menschen zu bringen ist.

3.

Erich Kästner, wie Karl Kraus, Kurt Tucholsky und viele andere haben schon Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts ihre Mitmenschen darüber aufgeklärt, dass der Kakao, durch den sie gezogen wurden, eine Mixtur aus Raub von Rohstoffen, Gewalt gegen Gesundheit und Leben zahlloser Menschen weltweit und kriegerischer Verteidigung von Macht und Privilegien war.

Und dass der echte nach Schweiß und Blut der geschundenen, oft versklavten  PlantagenarbeiterInnen schmeckte.

4.

Viele, die meisten muten sich dieses mediale antiaufklärerische Showbusiness nicht zu, sondern machen skurril, phantasievoll, mit klarem und wissendem Blick gegen die Klimazerstörung mobil und verleihen ihrem Willen nach Veränderung lautstark und kompetent Ausdruck, wie viele junge Leute der Fridays for Future oder im Hambacher Forst.

 

Tausende WissenschaftlerInnen sitzen zwar nicht in sinnlosen Talkshows herum, aber sie klären im Fernsehen, in der Presse, im Internet, in Forschungsprojekten und Publikationen unermüdlich über die Dramatik des Klimanotstands auf.

Die politische Führung versteckt sich in Berlin, in den Landeshauptstädten, in den Kommunen, steckt den Kopf in den Sand und hofft auf die Wählerstimmen derjenigen, die wie sie ohne Sinn und Verstand alles ignorieren, was schon seit nahezu fünfzig Jahren als Gefahren bekannt und in den letzten Jahren zur akuten Bedrohung geworden ist.

Ich frage mich, wie ein Mann in Ihrem Alter, der Kinder und vielleicht Enkelkinder hat, diesen ein Geschichtsmärchen auftischen kann, das gegen ein anderes, das russische Volk aufhetzt,  mörderische Waffen wie Pershings zu Rettern von Frieden und Freiheit stilisiert und den Anteil von Nato und USA am Aufrüstungsfuror, der uns alle seit Jahrzehnten bedroht, verschweigt.

 

Zum guten Schluss frage ich Sie, wie Sie Ihre Aufgabe als verantwortungsvoller Journalist mit Ihrem Zynismus gegenüber den Menschen in Einklang bringen, die vor Aufrüstung, Krieg und der alles Leben bedrohenden Atomwaffen Angst hatten, dreißig Jahre nach den Gräueln des 2. Weltkriegs, wenige Jahre nach dem mörderischen Vietnamkrieg.

Diese besorgten Menschen als hysterisch zu diffamieren, die kleinen mit Hoffnung verbundenen „atomwaffenfreien Zonen“ lächerlich zu machen, ist ihnen gegenüber verächtlich  – sicherlich auch gegenüber einem nicht kleinen Teil Ihrer Leserschaft.

Karl Popper, ich bin sicher, wäre entsetzt, Ihre Zeilen zu lesen, denn es war nicht die Freiheit der Stimmungsmache, der Präpotenz, der Abwertung Andersdenkender und –handelnder, die er meinte:

Eine Stärke seines Positivismus ist die Nähe zu Kant – reine Vernunft, Verstand und positives Wissen verbünden sich heute in den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel, als fundierte Antwort auf jede ideologische Ignoranz.

Das haben Sie, werter Herr Michels, leider nicht verstanden, wider alle Vernunft.