Auf vergangenen Kreisparteitagen der Mönchengladbacher FDP waren Anträge eher Mangelware.
Das war beim gestrigen Parteitag im Christoffelhaus an der Wilhelm-Strauß-Straße in Rheydt ganz anders.
Über gleich sechs Anträge hatten die ca. 30 Mitglieder zu befinden.
Bei einem davon ging es um einen „Auftrag“ an die Ratsfraktion, sich darum zu kümmern, dass der Rathausneubau finanzierbar werden müsse.
Obwohl rein formal eine Partei „ihrer“ Fraktion keine Aufträge erteilen, sondern sie nur bitten kann, sich für Ziele einzusetzen, könnte dieser Antrag Signalwirkung in Richtung Verwaltung und in die Ampel-Kooperation hinein haben, sich dezidierter und aktiver mit diesem Projekt auseinanderzusetzen als bisher.
Bisher haben sich die Ampel-Partner eher als passive „Konsumenten“ von Unmengen an Vorlagen und Akten verhalten, denn als (politische) Gestalter des Projekt-Prozesses.
Bekanntermaßen erwartet man das Thema „Wirtschaftlichkeit“ als Bestandteil der „FDP-DNA“.
Im konkreten Projekt verwundert es dann doch, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt wurde bzw. gestellt werden musste.
Denn: Im Ampel-Kooperationsvertrag 2020 bis 2025 heißt es schon: „Die noch vorzulegende qualifizierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist Grundlage für die Entscheidung.“ (Zitat Ende)
Und: Bei allen Präsentationen und (öffentlichen) Diskussionen zum Rathaus-Neubau heißt es „uni sono“, dass ein solches Rathaus nur dann gebaut werden könne, wenn es „wirtschaftlich“ sei.
Das sei schließlich ja eine HSP-Maßnahme, zu deren Umsetzung sich die Stadt Mönchengladbach im Rahmen des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“ verpflichtet habe.
Dass dies nur eine feigenblattähnliche „Plakat-Argumentation“ war, müsste spätestens seit dem Ende des Stärkungspaktes klar geworden sein, als die Kommunalaufsicht erklärte, dass eine Genehmigungspflicht nicht (mehr) bestehe und somit die Stadt so zu wirtschaften hat, als habe es den Stärkungspakt nie gegeben.
Die Verwunderung legt sich, wenn man den antragstellenden Kreisvorstand im wahrsten Sinne des Wortes „beim Wort“ nimmt.
Mündlich begründet wurde der Antrag vom stellvertretenden Kreisvorsitzenden Peter König, der darüber hinaus Vorsitzender des FDP-Ortsverbands Süd und Mitglied der Bezirksvertretung Süd (Rheydt/Odenkirchen) ist.
König erläuterte, dass die FDP unter dem Vorbehalt dem Projekt grundsätzlich zugestimmt habe, wenn der Stadt keine zusätzlichen Kosten entstehen würden.
Mittlerweile seien die Kosten in die Höhe geschnellt und habe die Situation verändert.
Dies habe den Vorstand veranlasst, diesen Antrag zur Abstimmung zu stellen.
Ergänzend betonte der Vorsitzende Andreas Terhaag, dass sichergestellt werden müsse, dass die Bürger „mitgenommen“ würden und daher die Zahlen auch für diese nachvollziehbar dargestellt sein müssten.
Auf die Kernforderungen wurde weder im Antrag, noch in der Begründung und noch im Plenum des Parteitages nicht speziell eingegangen, so dass nicht unerhebliche Interpretationsspielräume bleiben.
Hier einige Anmerkungen dazu:
„Endgültige Entscheidung“ (über den bisher vorliegenden Entwurf)
Eine solche Entscheidung kann erst dann getroffen werden, wenn eine Kostenberechnung vorliegt.
Da sich das Projekt an den Leistungsphasen (LPH) der HOAI orientiert, wird eine solche Berechnung erst am Ende der LPH 3 vorliegen.
Sollte sich erst dann herausstellen, dass das Projekt nicht wirtschaftlich sein kann, wurden Honorarkosten-Verpflichtungen in Millionenhöhe eingegangen, die die städtischen Haushalte auf Jahre belasten werden, ohne dass ein Gegenwert entstanden ist.
Die „endgültige“ Entscheidung (auch über den sog. „vorliegenden“ Entwurf) ist schon am Ende der LPH 2 zu treffen und in diesem Zuge auch zu bewerten, dass dieser Entwurf in der Sache überhaupt noch tragbar und relevant ist, oder dass ein anderer Weg eingeschlagen werden muss.
Aufstellung „belastbar“
„Belastbar“ sind Aufstellungen dann, wenn die essenziellen Recherchen und Überlegungen im Rahmen der Vorplanung als erste Grundlage für die Kostenschätzung dokumentiert und zu einer seriösen Grundlage für eine Vor-Entscheidung taugen.
Aufstellung „frühzeitig“
„Frühzeitig“ liegen Aufstellungen dann vor, wenn Entscheider die Möglichkeit haben, das Projekt noch zu stoppen oder so zu modifizieren, dass Wirtschaftlichkeit erreicht werden könnte.
Bis zum Ende der LPH 3 zu warten würde „zu spät“ sein und den „Taktikern“ und „Zauderern“ in Politik und Verwaltungsspitze ein unverantwortliches „Argument an die Hand geben, nach dem Motto:
„Jetzt haben wir schon Millionen in das Projekt gesteckt, jetzt müssen wir das auch ‚durchziehen‘.“
Aufstellung „transparent“
Wird die Forderung nach „Transparenz“ mit „Vollständigkeit“, „Verständlichkeit“ und „Nachvollziehbarkeit“ gleichgesetzt, hat dieser Begriff an dieser Stelle eine Berechtigung.
Hebt man mit „Transparenz“ jedoch nur auf „Vollständigkeit“ und „Einsehbarkeit“ ab, wie Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) am 03.11.2022 im Christoffelhaus, in dem er auf 1.000 sog. „transparenter“ Dokumentenseiten zum Rathaus-Neubau verwies, ist der Begriff nichts mehr als eine Metapher.
Aufstellung „für Bürgerinnen und Bürger und Bürger der Stadt nachvollziehbar“
Diese „hehre“ Ziel ist nach menschlichem Ermessen kaum zu erreichen.
Gleichwohl ist es fraglich, wie die FDP-Ratsfraktion den dazu erforderlichen Weg zu entwickeln, in der Ampel-Kooperation zu beschreiten und auch zu gehen gedenkt.
Es wird spannend sein, zu beobachten, mit welchen Mitteln die Verwaltung eine solche „Nachvollziehbarkeit“ von Entscheidungsrichtungen vorzubereiten bereit und in der Lage sein wird.
Auch hierfür gilt:
Nicht der „endgültige“ Entscheidungszeitpunkt ist der richtige, sondern der frühestmögliche, spätestens am Ende der LPH 2.
(c) BZMG
Gegen Ende des Parteitages berichtet der Fraktionsvorsitzende Achim Wyen über die Arbeit in der Fraktion, mit den Ampel-Partnern und dem Oberbürgermeister und bewertete diese als ausgesprochen angenehm und vertrauensvoll.
In diesem Zuge nahm er die „Aufträge“ an und werde versuchen, sie mit der Ampel-Kooperation voran zu bringen.
Das Thema Rathaus gehöre zu den diversen Bewährungsproben der Ampel.
Insbesondere die Frage, wieso die aktuell 26 Verwaltungsstandorte überhaupt noch benötigt würden und wie es um die Energiegewinnung für die Verwaltungsstandorte bestellt sei.
Bis heute gebe es zum Rathaus-Neubau keine verlässlichen Zahlen, so dass auch der für März geplante Nachtragshaushalt im 1. Halbjahr nicht mehr erwartet werden könne.
Insgesamt erwartet Wyen dazu noch sehr intensive Beratungen und Auseinandersetzungen.
Andreas Terhaag beendete den Parteitag mit der Bemerkung, dass in Mönchengladbach schon Kooperationen wegen Bauprojekten auseinander gebrochen seien und verband dies mit der Hoffnung, dass dies nicht noch einmal passieren würde.