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Nicht erst seit der Corona-Krise steigt die Zahl der Leerstände von Geschäftslokalen in den Innenstädten von Mönchengladbach und Rheydt ständig.

„Zu viel Verkaufsfläche seit den 90ern: Weniger Bedarf, aber Flächenwachstum (Folge: Leerstand)“ ist die nüchterne Feststellung von Stadtplaner Kajetan Lis in seiner Präsentation am 1. Dezember im Planungs- und Bauausschuss.

Damit weist der Abteilungsleiter für Stadterneuerung und Stadtentwicklung indirekt aber deutlich auf die politischen Fehler hin, die in der Vergangenheit in Mönchengladbach begangen wurden und die sich offensichtlich nunmehr rächen.

(c) BZMG

Besonders an der Hindenburgstraße war das Flächenwachstum durch das so genannte Handels- und Dienstleistungszentrum (heute „minto“) mit zusätzlichen 41.864 m² Nutzfläche, verteilt auf 4 Ebenen mit einer geplanten Verkaufsfläche von 26.000 m² in 104 Geschäften geradezu explodiert (Stand März 2015).

Während an der ehemaligen Mönchengladbacher „Einkaufsmeile“ besonders mehrere großflächige Immobilien vom Leerstand betroffen sind, erzeugen „minto“ und der Online-Handel in Rheydt in vielen kleineren Immobilienobjekte Leerstände.

Mahnende Hinweise und fundierte Kritiken aus Mönchengladbacher Nachbarkommunen und von Mönchengladbacher Kommunalpolitikern wurden zwar zur Kenntnis  genommen, jedoch von politischen Mehrheiten und der damaligen Verwaltungsspitze ignoriert.

So hatte beispielsweise der Viersener Unternehmer und Unternehmensberater Dr. Winfried Tackenberg Parallelen zum „CentrO“ in Oberhausen hergestellt und dargelegt, dass in der Oberhausener Innenstadt der Kaufhof, C & A und Peek & Cloppenburg in der Folge „CentrO“ geschlossen hatten.

Solche Auswirkungen sagte Tackenberg im Jahr 2011 auch für Rheydt voraus

(c) BZMG

Als am 16.06.2011 Birgitt Wachs von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) den Teilnehmern einer Bürger­ver­sammlung in der Kaiser-Friedrich-Halle die Auswirkungsanalyse eines neuen Handels- und Dienstleistungszentrums (HDZ) an der Hindenburgstraße vorstellte, wurden die schlimmsten Befürchtungen für die wirtschaft­liche Entwicklung von Rheydt mit Zahlen unterlegt.

Kaufkraftverluste für Rheydt

Kaufkraftverluste für Gladbach

Jährlich würde das HDZ über 10 Mio. Euro pro Jahr an Kaufkraft allein aus Rheydt abziehen, lautete die Prognose.

Die Prognose für Gladbach lag sogar bei 17,1 Mio. EURO pro Jahr.

Dass Birgitt Wachs in ihrer Präsentation dabei die Kaufkraftverluste beschönigend  mit „Umsatzumverteilung“ bezeichnete, war eher eine sprachliche Variante für ein und den selben Sachverhalt, nämlich dass das HDZ mehr Leerstand in Rheydt und in Gladbach erzeugen würde.

Diese und ähnliche Prognosen wurden seitens der Entscheider ignoriert bzw. mit dem „Argument“ abgetan, für Rheydt habe es ja das Innenstadtkonzept und das Projekt „Soziale Stadt Rheydt“ gegeben.

Dadurch sollte der Eindruck einer adäquaten Kompensation evtl. Nachteile für Rheydt erzeugt werden.

Der Anstieg des Leerstandes in Gladbach, besonders aber in Rheydt führt unweigerlich zu Verödungen, die teilweise auch in anderen Stadtteilen festzustellen sind.

Die vereinfachte Darstellung einer „Abwärtsspirale“ für Rheydt stellt die kausalen Zusammenhänge dar, an der sich auch in Zukunft kaum etwas zum Besseren wenden wird.

Während Teile der Mönchengladbacher Politik und die aktuellen Spitzen von Verwaltung, WFMG und EWMG von „Frequenzbringern“ fabulieren, die Kunden für den Einzelhandel und örtliche Dienstleistungen in diese Bereiche bringen sollen, zeichnen die Fakten ein konträres Bild.

Prof. Dr. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein erklärte in diesem Kontext in einem Interview,

Rheydt habe den „Point of no return“ überschritten.

Sie sei keine Einkaufsstadt mehr.

Jetzt soll es ein „Sofortprogamm“ der NRW-Landesregierung richten und Mönchengladbach mit 1,7 Mio. EURO „bedacht“ werden, 1,0 Mio. EURO für Rheydt und 0,7 Mio. EURO für Gladbach.

Nicht etwa für Investitionen, sondern für eher organisatorische Maßnahmen, die „die Innenstädte in NRW“ stärken sollen.

Dass dieses Programm seitens der Landesregierung mit dem Label „CORONA-Folgen“ versehen wird, scheint kaum mehr als ein klug ausgetüftelter „Etikettenschwindel“ zu sein.

Programm-Hintergrund 

Dieses Programm stellte Stadtplaner Lis Anfang Dezember 2020 im Planungs- und Bauausschuss vor und war Mittelpunkt für seinen Vortrages, für den er seitens der ihn zuhörenden Ausschussmitglieder Lob und Anerkennung erhielt.

„Herausforderungen“

Lis traf eine Feststellung, die im Kern auf beide Zentren zutrifft: „Zu viel Verkaufsfläche bei geringerem Bedarf … mit der Folge: Leerstand“.

Auch die Ursachen sind ähnlich, wie die Aspekte zeigen, die Lis für Rheydt diplomatisch mit „Bestehende Herausforderungen“ überschreibt.

Handlungsansätze

Bei der Aufzählung von Handlungsansätzen in denen „die Stadt aktiv steuern“ müsse, fällt auf, dass alle mit starken Restriktionen (durch „Dritte“) belegt sind.

Dass manche Maßnahmen-Ideen weder mittel­fristig und erst Recht nicht innerhalb von zwei Jahren (Wirkdauer des Förder­programmes) umgesetzt werden können, wirft die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Programmes (zumindest für Mönchengladbach) auf.

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Aufmerksame Betrachter der Präsentation können zur Fragestellung kommen, welcher Sinn hinter der Erwähnung von schon längst in der Diskussion befindlichen so genannten „Impulsen“ stecken soll.

Keine dieser „Impulse“ – beispielsweise privater Investoren – kann einen Einfluss darauf haben, die Innenstadt von Rheydt zu beleben bzw. deren Verödung von Rheydt zu verhindern.

Gleiches gilt für die Bauprojekte, die in Zusammenhang mit der Leerstandentwicklung von Gladbach erwähnt werden.

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Tatsächlich waren fast alle der von Kajetan Lis aufgezählten Ursachen den meisten seiner Zuhörer im Planungs- und Bauausschuss  bekannt und vielen von ihnen sehr genau, weil sie sich schon in der Vergangenheit als politische Verantwortliche mit zu den Verursacher zählen müssten bzw. zu zählen sind.

Dass einige von ihnen mit vermeintlichen Lösungsvorschlägen „glänzen“ wollen, hat etwas von Populismus, der immer dann zutage tritt, wenn man von offensichtlichen eigenen Fehlern in der Vergangenheit / in den vergangenen 6 Jahren ablenken will oder wegen des „Machtverlustes“ die neuen politischen Mehrheiten vor sich her treiben möchte.

Darauf an dieser Stelle einzugehen hätte den Rahmen dieses Beitrages gesprengt und bleibt daher einem weiteren Teil dieser Themenreihe „Rheydter Leerstände“ vorbehalten.

Schon jetzt ist aber erkennbar und erwähnenswert, dass einige Charts des Vortrages offensichtlich dazu genutzt werden sollen, mit einer gewissen „Penetranz“ darauf hinzuweisen, welche „tollen“ Planungen innerhalb des Dezernates VI vorgenommen werden.

Und das selbst dann, wenn es keinen Bezug zur anstehenden Aufgabe gibt, Verödung der Innenstädte zu vermeiden oder zumindest solchen Entwicklung gegen zu wirken gilt.

Genau beobachtet werden sollte die Abarbeitung der vier Bausteine, zu denen am Ende der Präsentation zum „Sofortprogramm“ Details beschrieben sind.

Auch hierzu wird es sicherlich Gelegenheit im Rahmen der Themenreihe „Rheydter Leerstände“ geben.