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Unter Beobachtung der sich ständig „fortentwickelnden“ Ergebniszahlen trafen sich am Wahlabend Parteimitglieder von FDP, B90/Die Grünen und DIE LINKE an unterschiedlichen Stellen im Stadtgebiet.

An Wahlabenden anlässlich von Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen trafen sich in der Vergangenheit Politiker aller Parteien, interessierte Bürgerinnen und Bürger und Medienvertreter im Rheydter Rathaus und hier speziell im Ratssaal, um gemeinsam die Entwicklung der Zahlen und schlussendlich „über alle politischen Grenzen hinaus auch die Ergebnisse und die Reaktionen darauf zu „erleben“.

Andreas Terhaag bedauerte am Rande der „Wahlparty“ der FDP, dass es diese Möglichkeit nicht mehr gibt.

Eine solche zentrale „Wahlparty“ gab es letztmals zur Bundestagswahl 2017. Zur Europawahl im letzten Jahr gab es keine der üblichen Vorstellungen der einlaufenden Ergebnisse auf Großbildschirmen im Ratssaal. Das sei nicht möglich, weil in anderen europäischen Ländern noch bis 22 Uhr gewählt werde, hieß es seinerzeit.

Entspannte Stimmung herrschte bei der Wahlparty der Mönchengladbacher Liberalen.

Sie verfolgten drinnen und draußen im Clubhaus des TV 1848 an der Bökelstraße das Auszählungs­geschehen an diversen Monitoren.

BZMG Vis-á-vis-Interview mit …

(c) BZMG

Dass es auf eine Stichwahl zwischen Frank Boss (CDU) und Felix Heinrichs (SPD) auslaufen würde, war für den FDP-Parteivorsitzenden Andreas Terhaag keine Überraschung. Das schlechte Abschneiden des CDU-OB-Kandidaten sieht er in unmittelbaren Zusammenhang mit dem von Heinrichs schon sehr früh begonnen Wahlkampf und dessen „Omnipräsenz“ während der gesamten Dauer.

Zu den starken Verlusten der Mönchengladbacher GroKo äußerte sich Terhaag nicht. Sich dazu Gedanken zu machen, sei Angelegenheit von CDU und SPD.

Ob und zu welcher Kooperation es im Rat kommen wird, hänge sehr davon ab, wer die Stichwahl gewinnen wird. Die GroKo sein nur eine von mehreren Kooperationsvarianten.

Zur Rolle der AfD berichtet Terhaag von seinen Erfahrungen aus dem Landtag, wo es von der AfD keine Antworten auf Sachthemen gebe. Gleiches erwarte sich auch von einer AfD im Rat.

Für seine Partei hatte er sich etwas mehr erhofft, insbesondere auch zu den FDP-Initiativen, wie bei den Verkaufsabsichten der GroKo zum Haus Erholung.

BZMG Vis-á-vis-Interview mit …

(c) BZMG

Auch die FDP-Fraktionsvorsitzende Nicole Finger hatte sich mehr erhofft und erklärte das stagnierende Wahlergebnis mit einer Fraktion aus vier Personen für ihre Partei mit der großen Mediendominanz von CDU, SPD und Grünen.

Vom Zwischenergebnis der OB-Wahl zeigte sich Finger überrascht. Sie hatte aufgrund der Dominanz der CDU in Mönchengladbach nicht mit einem so deutlichen Vorsprung des SPD-Kandidaten gerechnet.

Das große Engagement von Felix Heinrichs scheine sich ausgezahlt zu haben.

Auf das aktuelle Ergebnis von Frank Boos bezogen meinte Finger, sie könne sich nicht erinnern, dass jemals ein Mönchengladbacher OB-Kandidat der CDU unter 30% der Stimmen erhalten hätte.

Die eklatanten Verluste der GroKo bedeuteten nicht unbedingt, dass es zu einer Fortsetzung kommen „müsse“. Es gebe auch die Möglichkeit anderer Bündnisse. Das hänge vom Ausgang der Stichwahl ab.

Ungewöhnlich fände sie es, wenn der gewählte Oberbürgermeister sich nicht in die Verhandlungen zu Kooperationen einschalten würde.

Ob es zu einer „Ampel“ als (Neu-)Auflage kommen könnte, lässt Finger offen: „Hier liegt der Ball nicht in unserem Spielfeld“.

Anders als die abgedunkelte Aula des Hugo-Junkers-Gymnasiums vermuten ließ, war die Stimmung bei den Grünen.

Es herrschte geradezu Euphorie ob des Wahlergebnisses, durch das diese Partei ihre Sitze im Stadtrat mehr als verdoppeln konnten. Nicht von ungefähr dominierte die Farbe Grün im Saal.

BZMG Vis-á-vis-Interview mit Lena Zingsheim und Dr. Boris Wolkowski

Lena Zingsheim war überrascht und überwältigt von dem Ergebnis der Grünen, Boris Wolkowski beipflichtend: „Fantastisches Ergebnis“.

Als erstes zollte Wolkowski dem scheidenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Karl Sasserath, höchsten Respekt und betonte, dass dessen politische Arbeit in der Vergangenheit prägend für den Erfolg der Grünen in diesem Wahlkampf gewesen sei.

Als Oberbürgermeisterkandidat hätte er sich mehr erhofft, zumindest in die Stichwahl kommen zu können. Seinem Mitbewerber auf dieses Amt, Felix Heinrichs (SPD), attestierte er, einen „tollen Wahlkampf“ geliefert zu haben.

„Wir werden dafür sorgen, dass ökologische und soziale Themen weiter nach vorne gebracht werden“, versprach er.

Die vier/fünf Sitze, die an die AfD gehen würden, kommentierten Zingsheim und Wolkowski mit „zu viele“.

Zu einer rechnerisch möglichen „GroKo“ aus CDU und SPD müsse sich der Gewinner aus der Stichwahl die Frage stellen, ob er mutig genug ist, sich doch andere Mehrheiten zu suchen, meint Wolkowski.

Er ist der Auffassung, dass eine Mehrheit der Menschen eine Veränderung wolle und dazu würden die Grünen zur Verfügung stehen.

Zum Thema einer Beteiligung an einer Kooperation sagte Zingsheim, dass die Grünen prinzipiell nicht dafür zur Verfügung stehen würden, die errungenen 22% zu „verschenken“.

Ihren Stimmenanteil im Rat und in möglichen Kooperationsverhandlungen würden sie dazu nutzen, um ökologische und soziale Themen durchzusetzen.

Es gehe den Grünen um Inhalte durchzusetzen, ergänzt Wolkowski.

Feste Strukturen (Anm.: in einer Kooperation) könnten sinnvoll sein, und man würde die Prozente nicht hergeben, um irgendwelche Posten zu besetzen.

Ein rot-grün-rotes Bündnis schließen beide Gesprächspartner nicht aus.

Die Frage zu einer Wiederauflage einer Ampel-Kooperation müsste zunächst an Felix Heinrich in seiner aktuellen Funktion als Fraktionsvorsitzender der SPD gerichtet werden.

Wenn man einen Wahlkampf macht, der Schwung bringen soll und man „Mut“ haben wolle, und man registriert, dass eine GroKo massiv verloren hat, müsse man sich als SPD die Frage stellen, ob es so weiter gehen könne, wie bisher.

Wolkowski konstatiert, dass die Grünen in eine Kooperation eintreten würden, in der „die Inhalte stimmen“.

Das „Wahlhauptquartier“ von DIE LINKE an der Hauptstraße in Rheydt war auch deren Ort des Feierns am Wahlabend. Zu feiern gab es die Tatsache, dass diese Partei wieder mit drei Vertretern im neuen Rat vertreten sein wird. Als Gesprächspartner standen Sebastian Merkens,  der „zufällig“ anwesende Sprecher von DIE PARTEI, Ulas Zabci und Torben Schultz (im Bild v.l.).

Sebastian Merkens war entspannt und froh, dass der Wahlkampf zu Ende war. Er wird nun weiter seiner „Profession“ als Erzieher in der Jugendhilfe in Kleve nachgehen und sich innerparteilichen Aufgaben widmen.

Sein Eindruck vom schlechten Abschneiden des CDU-OB-Kandidaten Frank Boss war, dass es sich dabei um ein bewusstes Votieren der Wählerinnen und Wähler gehandelt habe.

Zum Abschneiden von DIE LINKE in der Wahl erklärte Torben Schultz, dass man in der Fraktion durch das Ausscheiden von Zabci, der nach Auflösung der PiPA-Gruppe Fraktionsmitglied geworden war, zwar ein Fraktionsmitglied weniger sei, dadurch, dass DIE PARTEI eine Ratsgruppe bilden könne, faktisch ein „Gleichgesinnter“ hinzu käme.

Hier sei auf Sachebene eine Kooperation geplant.

Schultz hatte gehofft, dass die „Oppositionsarbeit“ mehr honoriert worden wäre und nannte mehrere Initiativen im Stadtrat, die von der linken Fraktion ausgegangen sind.

Ulas Zabci war nicht überrascht, dass es zwei Ratssitze geworden sind. Eine solche Hoffnung sei schon nach dem guten Abschneiden bei der Europawahl aufgekommen.

Eine formelle Zusammensetzung beispielsweise, dass die Links-Fraktion vergrößert würde, steht nicht zur Debatte.

Möglich sei, so Zabci, dass man auf der Ebene der Bezirksvertretungen Fraktionen aus DIE LINKE und DIE PARTEI bilden würde, um damit weitergehende Rechte beispielsweise beim Stellen von Anträgen u.ä. erhalten würde.

Angesprochen auf die Veränderungen bei CDU und SPD erklärte Torben Schultz, man mache sich keine Gedanken über andere Parteien, man sei DIE LINKE.

Nach öffentlichen Äußerungen von CDU-Mitgliedern werde die CDU vermutlich ihre eigenen Konsequenzen aus dem Wahlergebnis ziehen und verwies auf den Besuch des CDU-Ratsmitgliedes Frank Eibenberger bei der SPD, der nach RP-Angaben gesagt haben soll, dass es ein desaströses Ergebnis sei.