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“Die Wahlbeteiligung, Stichwahl, um Gottes Willen. Das war eigentlich katastrophal. Insofern macht man sich schon Gedanken über die Frage der Legitimation”, sagte Ex-Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD), als er im Jahr 2004 in der Stichwahl gegen Stefan Wimmers (damals CDU, heute FDP) durchsetzte und als erster „SPD-Mann“ in Mönchengladbach Chef der Verwaltung wurde.

Geholfen hatte Bude damals die große Zahl von Nicht-Wählern und die, die glaubten, dass Stefan Wimmers mit dem Vorsprung von 9%-Punkten im 1. Wahlgang neuer OB werden würde.

Es kam anders, wie wir wissen.

Schlussendlich waren es nur 16,12% der Mönchengladbacher Wahlberechtigten, die Bude zu einem hochbezahlten Job verhalfen.

In der Stichwahl im Jahr 2014 unterlag er knapp und überraschend dem CDU-Stichwahl-Kandidaten Hans Wilhelm Reiners.

Wie sich die Verhältnisse am 27.09.2020 darstellen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen offen.

Gar nicht offen hingegen ist die Frage, wie es um die Legitimation derer steht, die sich darüber freuten, dass sie am 13. September in ihren Wahlbezirken die höchsten %-Zahlen errangen und damit „direkt“ in den Rat einziehen konnten.

Deren „Legitimation“ nur an diesen %-Werten festzumachen ist „zu kurz gesprungen“, obwohl manche von den „Gewinnern“ das tatsächlich glauben und daraus – wie in vergangenen Jahren vielfach – schließen zu dürfen, sie seien nun „von den Bürgern“ ermächtigt, alles das zu tun, was „sie“ (die „Gewinner“) tun wollen.

Das Wort „Demut“ kommt im Vokabular der meisten „christlichen“ und „sozialen“ Direktgewählten schlicht nicht vor.

Mehr noch: Sie behaupten doch tatsächlich, dass sie für alle „Wahlberechtigten“ oder gar alle „Einwohner“ zu sprechen legitimiert seien.

Die Wirklichkeit ist jedoch eine andere.

Richtig ist, dass das Wahlgesetz und die Auszählungsmodalitäten bei den Kommunalwahlen in NRW gesetzlich geregelt sind. Insofern liegt auch kein Rechtsbruch vor.

Was jedoch nicht geregelt ist, sind die „Legitimationsgrade“ des einzelnen „Direktgewählten“.

Diese lassen sich relativ einfach ermitteln, indem deren erhaltene Stimmen in Relation zu allen Wahlberechtigten bzw. allen Einwohnern gesetzt werden.

Daraus lässt sich ablesen, wie erfolgreich die Direktgewählten wirklich waren und wie sie im Vergleich untereinander abgeschnitten haben.

Liste Direktgewählte

Ranking Wahlergebnisse Direktgewählte

Ranking Legitimationsgrad alle Wahlberechtigte

Ranking Legitimationsgrad alle Einwohner

Gewinne und Verluste der Direktgewählten

 

Aus solchen „Rankings“ abzulesen, wie das „Gewicht“ der einzelnen „Sieger“ innerhalb einer Fraktion oder gar innerhalb des Stadtrates letztendlich sein wird, hängt von vielen anderen Faktoren ab und lässt sich demnach auch nur schwer einschätzen.

Einer dieser Faktoren könnte das Abschneiden der Direktwahlkandidaten im Verhältnis zu der Kommunalwahl im Jahr 2014 sein.

Die überwiegende Zahl der am 13. September 2020 in den 33 Mönchengladbacher Wahlbezirken angetretenen Kandidaten waren auch schon 2014 dabei, so dass die festzustellenden Veränderungen auch unmittelbar mit diesen Personen in Verbindung gebracht werden können.

Tendenziell sind die Verluste aber auch auf die gesamtstädtischen, von der GroKo aus CDU und SPD beeinflussten Entwicklungen in den letzten sechs Jahre zurückzuführen.

Differenzierte Betrachtungen können durch einen Blick in die „BZMG-Politik-Datenbank Mönchengladbach“ kann hilfreich sein, und die „Verhältnisse“ in den 33 Wahlbezirken nach der Kommunalwahl nachvollziehbarer und damit transparenter machen.

Hier einige Beispiele:

Positiv ragt der Wahlbezirk 18 „Bettrath/Hoven“ heraus. Robert Baues (CDU) dominiert hier seit Jahren, was auf eine seriöse und bürgerorientierte Politik schließen lässt. Zwar hat er gegenüber 2014 etwa 4,7%-Punkte weniger erreicht, liegt damit aber weit unterhalb der durchschnittlichen Verluste seiner Partei.

Nicht nur mit seinem Wahlergebnis von 48,38% liegt er an der Spitze aller Direktgewählten, sondern auch beim „Legitimationsgrad Wahlberechtigte“ und „Legitimationsgrad Einwohner“ führt er das „Ranking“ an.

Schlusslicht beim Ranking der Wahlergebnisse aller Direktgewählten der GroKo istder ehemalige Vorsitzende der JU (Jungen Union)  Martin Heinen (Wahlbezirk 10 „Alter Markt/Gründerzeitviertel“) mit nur 27,40% der Stimmen. Ganze 2 (in Worten: zwei) Stimmen trennten ihn von der SPD-Mitbewerberin Josephine Gauselmann.

Beim „Legitimationsgrad Wahlberechtigte“ rangiert der „Leitende Angestellte“ auf Platz 28 (von 33) und beim „Legitimationsgrad Einwohner“ auf Platz 25 (von 33).

In vielen Belangen „nah beieinander“ mit Heinen steht Herbert Pauls (Wahlbezirk 08 „Speick/Westend/Altstadt-Süd“). Dem „GEM-Vertriebsleiter“ und Bezirksvorsteher NORD reichten 601 Stimmen, um über diesen Wahlbezirk mit der geringsten Wahlbeteiligung in Mönchengladbach (29,08%) wieder direkt in den Mönchengladbacher Stadtrat einzuziehen.

Im Ranking „Legitimationsgrad Wahlberechtigte“ liegt er auf dem vorletzten Rang und beim „Legi­timationsgrad Einwohner) auf Rang 31 (von 33).

„Mittelmaß“ bescheinigten die Wähler dem alten und neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. Hans Peter Schlegelmilch, der mit nur 31,38% der Stimmen in seinem Wahlbezirk direkt in den neuen Stadtrat einziehen wird.

Mit Rang 22 führt er sowohl beim „Legitimationsgrad Wahlberechtigte“ als auch beim „Legitimationsgrad Einwohner“ das letzte Drittel der Direktgewählten an.

Bei den Verlusten der CDU-Kandidaten liegt er mit -7,59%-Punkten geringfügig über dem Durchschnitt der CDU-Verluste im gesamten Stadtgebiet (-7,47%-Punkte).

Ein weiteres Kriterium für die Bewertung der tatsächlichen „Wahl-Erfolge“ ist die Reflexion der Bürgervoten auf die Arbeit der Kooperation aus CDU und SPD (GroKo MG) in den vergangenen sechs Jahren.

Einer anonymen, nicht-repräsentativen „Bürger-Prognose“ der Kommunalwahlinitiative „Die BürgerLobbyisten“ zufolge erklärten 70% der Teilnehmer, dass sie mit der Arbeit der GroKo eher unzufrieden bis unzufrieden gewesen seien,
73% sogar mit der Arbeit des von der GroKo getragenen, scheidenden Oberbürgermeisters Hans Wilhelm Reiners (CDU).

Viele Umfrageteilnehmer hatten die Möglichkeit genutzt, persönliche Anmerkungen zu hinter­lassen, die in der Auswertung nachlesbar sind.

Ebenfalls anonym, jedoch repräsentativ waren die Wahlergebnisse vom 13. September 2020.

Hier konnten die Bürger (als Wähler) zwar keine persönlichen Anmerkungen abgeben, jedoch zeigt das Ergebnis der Wahlen zum Rat und zu den Bezirksvertretungen ebenfalls ein negatives Urteil über die Arbeit der Mönchengladbacher GroKo.

Insgesamt verloren die beiden Groko-Partner gegenüber 2014 annähernd 12% (CDU: 7,47%, SPD: 4,26%).

Das kann weder an der in Mönchengladbach historisch niedrigen Wahlbeteiligung mit einem „Plus“ von 0,76%-Punkte gegenüber 2014 gelegen haben, noch an dem Anstieg des AfD-Wähleranteils von 5,95%
(+ 4,49%-Punkte gegenüber 2014).

Auch kann es nicht an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten gelegen haben. Diese sank gegenüber 2014 (entgegen der GroKo-PR-Kampagne „MG+ Wachsende Stadt“) um 2.002 Personen.

Es waren die Verluste der Kandidaten in ihren Wahlbezirken, die CDU und SPD zu denken geben sollten, so ihnen angesichts der Option, rein rechnerisch die GroKo fortsetzen zu können, überhaupt in den Sinn kommt.

Ausführliche Betrachtungen dazu gibt es in Teil III der BZMG-Themenreihe „Vor der Stichwahl“

Mit Ausnahme von Michael Schmitz (CDU), der im Wahlbezirk 29 kaum nennenswerte 0,15%-Punkte gegenüber 2014 hinzu „gewinnen“ konnte, haben alle „GroKo-Kandidaten“ gegenüber 2014 teilweise erheblich verloren.

„Spitzen-Verlierer“ gegenüber 2014 waren die CDU-Direktgewählten Jürgen Schöttler im Wahlbezirk 02 (-16.25%-Punkte) und Annette Bonin im Wahlbezirk 06 (-10,17%-Punkte).

Für beide Entwicklungen gibt es aus Beobachtersicht im Kern unterschiedliche Ursachen.

Jürgen Schöttler sah sich wohl einer (nachhaltigen) internen Kampagne – angezettelt von seinem Partei-„Freund“ Stevens – innerhalb der CDU Rheindahlen ausgesetzt, die trotz einer gegenüber 2014 überdurchschnittlichen Erhöhung der Wahlbeteiligung geführt hatte, die jedoch nicht ihm, sondern dem grünen Kandidaten zugutekam.

Bonins überdurchschnittlich hohe Verluste sind kaum auf den durch seine OB-Kandidatur entstandenen Bekanntheitsgrad von Boris Wolkowski (Grüne), der im selben Wahlbezirk antrat, zurückzuführen sein.

Zum einen kann ihr der dem Machtbestreben nicht abgeneigten Ehemann und Baudezernenten Dr. Gregor Bonin (CDU) durchaus geschadet haben, zum anderen aber auch die Tatsache, dass sie sowohl in Sachen „Brücke Bettrather Straße“ als auch bei der Angelegenheit „Busse Hindenburg­straße“ unrühmliche Rollen gespielt hatte und sie während der vergangen sechs Jahre nicht durch ausgeprägte Bürgernähe und Empathie auffiel.

Zudem soll die planungs- und baupolitische Sprecherin der CDU im Wahlkampf versucht haben, eigene Vorstellungen als schon „beschlossen“ zu suggerieren.

Diese und viele weitere Daten und Informationen enthält die „BZMG-Politik-Datenbank Mönchen­gladbach“.

Diese wird laufend fortgeschrieben und im Laufe der Zeit Informationen u.a. über die Zugehörigkeit des einzelnen Ratsmitglieds zu politischen Gremien, Aufsichtsgremien von Beteiligungs­gesellschaften und den Bezügen aus diesen Tätigkeiten enthalten.