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Das Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss vom heutigen Tag (05.06.2020) wesentliche Teile der nordrhein-westfälischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende (Coronaeinreiseverordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Coronaeinreiseverordnung bestimmt, dass Personen, die mehr als 72 Stunden im Ausland (ausgenommen die Mitgliedstaaten der EU, Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz sowie Großbritannien und Nordirland) waren und dann nach Nordrhein-Westfalen einreisen, sich auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit begeben müssen und diese 14 Tage nicht verlassen dürfen.

Sie dürfen in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht zum Hausstand des Aufenthaltsorts gehören. Zudem müssen sie sich unverzüglich beim zuständigen Gesundheitsamt melden.

Die aus Köln stammenden Antragsteller haben sich mit einem Eilantrag gegen die Verpflichtung zur „häuslichen Quarantäne“ gewandt und geltend gemacht, bei der derzeitigen Datenlage sei es nicht mehr gerechtfertigt, grundsätzlich alle aus sogenannten Drittländern Einreisende unter Quarantäne zu stellen.

Sie befinden sich seit Anfang März 2020 gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern in Thailand, um dort ihren Familienurlaub zu verbringen.

Nachdem die Heimreise wegen der Corona-Pandemie bisher unterblieben war, beabsichtigten sie nunmehr die Rückkehr nach Deutschland.

Der 13. Senat hat dem Antrag entsprochen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angegriffenen Regelungen nach der Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig seien.

Es sei bereits zweifelhaft, ob diese auf die infektionsschutzrecht-liche Generalklausel gestützt werden könnten, um so auch Einreisende, von denen keine Gefahr ausgehe, unter Quarantäne zu stellen.

Dieser Vorgehensweise stehe voraussichtlich entgegen, dass das Infektionsschutzgesetz speziellere Absonderungsregelungen enthalte, die mindestens einen Ansteckungsverdacht bei dem Betroffenen voraussetzten.

Davon, dass ein solcher bei allen aus Drittländern Einreisenden gegeben sei, gehe offenbar auch der Verordnungsgeber nicht aus.

Aber auch wenn angenommen würde, dass ein Rückgriff auf die Generalklausel möglich wäre, sei die Maßnahme voraussichtlich nicht rechtmäßig.

Da es auch außerhalb Europas eine Reihe von Staaten gebe, in denen das Infektionsrisiko derzeit erkennbar nur noch gering oder jedenfalls nicht höher als in der Bundesrepublik sei, handele es ich bei der Anordnung einer „häuslichen Quarantäne“ für alle aus Drittstaaten einreisenden Personen nicht (mehr) um eine notwendige Schutzmaßnahme.

Der Verordnungsgeber sei gehalten, dem tatsächlichen Infektionsgeschehen Rechnung zu tragen und eine differenziertere Regelung zu erlassen.

Insoweit bleibe es dem Antragsgegner jedenfalls unbenommen, auf der Grundlage nachvollziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, bei denen die Verhängung einer Quarantäne gerechtfertigt sei.

Überdies dürfte es nicht ausgeschlossen sein, wenn er aus Drittländern Einreisende verpflichte, sich unverzüglich bei den jeweils zuständigen Infektionsschutzbehörden zu melden, um dann möglicherweise weitere Infektionsschutzmaßnahmen einzuleiten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 13 B 776/20.NE

 

Weitere Eilverfahren

Beim Oberverwaltungsgericht sind noch weitere Eilverfahren gegen die Coronaschutzverordnung anhängig.

Zwei Familien aus Euskirchen und Köln klagen gegen die Corona-Betreuungsverordnung mit dem Ziel, dass die Schulen zum regulären Präsenzunterricht zurückkehren (13 B 779/20.NE und 13 B 791/20.NE).

Eine gerichtliche Entscheidung wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Woche ergehen.

Ein Antragsteller aus Düsseldorf will die umfassende Wiederaufnahme des Sport-, Trainings- und Wettkampfbetriebs im Freizeit- und Breitensport erreichen (13 B 617/20.NE).

Gegen die Pflicht, etwa in Fitnessstudios und Restaurants die Kontaktdaten hinterlassen zu müssen, wendet sich ein Antragsteller aus Bochum (13 B 695/20.NE).

Weitere Verfahren werden von Betreibern eines Bordells (Kreis Gütersloh) und von Shisha-Bars (Düsseldorf, Köln, Bielefeld, Essen) geführt.