Seite wählen

Die Mönchengladbacher SPD ließ ganz „basisdemokratisch“ die Mitglieder öffentlich über das statutenmäßige Delegiertenprinzip die Mitglieder darüber befinden, ob der Kooperationsvertrag mit der CDU geschlossen werden soll.

Ganz anders die Mönchengladbacher CDU.

Sie ließ – ebenfalls statutengemäß – die Meinung der Mitglieder außen vor und überließ es den Vorstandsmitgliedern von Partei und Fraktion (ohne Öffentlichkeit) darüber zu entscheiden.

Das CDU-Mitglieder-Treffen

Faktisch war es gar kein Parteitag, zu dem die CDU in die Stadthalle in Rheydt ihre Mitglieder eingeladen hatte, sondern lediglich eine Informationsveranstaltung zum mit der SPD ausgehandelten Kooperationsvertrag.

Einschließlich Kreis- und Fraktionsvorstand waren etwa 70 der ca. 1.200 Mönchengladbacher CDU-Mitglieder gekommen; mehr wurden es im Verlauf des etwa anderthalbstündigen Treffens nicht.

Die Bestuhlung im Konzertsaal sei nicht von der CDU „bestellt“ worden, sondern quasi „übrig geblieben“ von einer anderen Veranstaltung, erklärte CDU-Kreisparteivorsitzender Jochen Klenner bei der Eröffnung.

Inhaltliches

Eine Tagesordnung gab es nicht, stattdessen der Versuch Klenners so etwas wie eine Struktur in den Ablauf zu bringen, was nur „semi-professionell“ gelang, auch weil er teilweise während Wortmeldungen aus dem Auditorium „Nebengespräche“ führte und meist sein Smartphone im Blick hatte.

Anders der bisherige und neue Fraktionsvorsitzende Fred Hendricks, der – seiner Art entsprechend – gut vorbereitet mit Fakten aufwartend seine Erleichterung zum Ausdruck brachte, dass die CDU nun „wieder mitgestalten“ könne, nachdem ihre Anträge in der vergangenen Ratsperiode fast alle durchweg abgelehnt worden seien.

Fachliche „Qualität“ wäre in der Fraktion durchaus vorhanden und könnte nunmehr besser zur Wirkung kommen.

Die „Erleichterung“ teilten auch einige CDU-Mitglieder im Saal, wobei nicht wenige ihre geringe Begeisterung für den ausgehandelten Kooperationsvertrag dadurch zum Ausdruck brachten, dass sie sich beim Applaus zu den Ausführungen Klenners sichtbar zurückhielten.

Den Mangel für eine Redezeitbegrenzung nutzten einige Teilnehmer für ausgedehnte Monologe zu inhaltlichen Themen, die im Kooperationsvertrag zu kurz gekommen seien.

Dazu gehörte die ehemalige Vorsitzende des Schul- und Bildungsausschusses Petra Heinen-Dauber, die in der kommenden Wahlperiode im politischen Leben in Mönchengladbach kaum noch eine Rolle spielen dürfte.

Ob ihre sehr detaillierten Hinweise, Anmerkungen und Forderungen in der zukünftigen Ratsarbeit einfließen werden, wird sich zeigen.

Ebenfalls in epischer Breite berichtete Henry Ferl, der auf CDU-Seite einer Verhandlungsgruppe mit der SPD angehört hatte, davon, dass man sich einig gewesen sei, dass es nicht mehr geschehen dürfe, dass die Verwaltung im Vorfeld einer Beratungsvorlage zu Verkehrsthemen Stellungnahmen z.B. vom ADFC einhole, diese dann Bestandteil der Vorlage würde und damit „Druck auf die Politik“ erzeuge.

Diese Aussage ist insofern „pikant“, ist doch ein ADFC-Vorstandsmitglied bislang als sachkundiger Bürger für die SPD Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Mobilität.

Kurz und prägnant war hingegen die Frage von Dr. Herbert Loock, der sein Unverständnis über die Tatsache zum Ausdruck brachte, dass die Position des CDU-OB-Kandidaten Dr. Christof Wellens, den Rathaus-Neubau in Rheydt zu stoppen, keine Beachtung gefunden habe.

Anders als noch Wochen vor der Kommunalwahl, als die CDU noch die vorrangige Berücksichtigung des Karstadt-Gebäudes gefordert hatte, trägt die politische CDU-Führung (Partei und Fraktion) nunmehr uneingeschränkt die in der Umsetzung befindliche Version „nur Bauteil I“ (Karree Historisches Rathaus Marktplatz/Limitenstraße/Stresemannstraße) mit … „im Interesse der Mitarbeiter“.

CDU-„Urgestein“ Horst Hübsch brachte scheinbar etwas Grundsätzliches auf den Punkt und erhielt dementsprechenden zustimmenden Applaus, als er klarstellte, dass die Senioren – zu denen er sich auch zähle – so viel Interesse und Denkvermögen besitzen würden, kritische Punkte zu erkennen und anzusprechen in der Lage seien.

Kritisch reagierte Hübsch auf Hendricks Äußerung, man wünsche sich, an den „Initiativen“ (der Verwaltung) beteiligt zu werden, und meinte: „Das ist mir zu wenig“.

Er ließ erkennen, dass er erwarte, dass die CDU selbstbewusster auftreten würde.

Man solle nicht nur beteiligt werden, sondern die Vorstellungen der CDU durchsetzen.

Hübsch wörtlich: „Wir sollten die Dose mit der »naiven Harmonie-Sauce«, die wir vor fünf Jahren gehabt haben, … in den Müll schmeißen.“

Die Antwort von Fred Hendricks war durchaus so zu verstehen, dass es über den Kooperationsvertrag offensichtlich noch weitere Absprachen zwischen CDU und SPD gibt, auf die er mit Hinweis auf den Kooperationsvertrag nicht näher einging.

Zuvor hatte sich Ex-Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners „dankbar“ und ausgesprochen „lobend“ zum Kooperationsvertrag geäußert und verband damit die Hoffnung, dass dieser auch unterschrieben würde.

Ansonsten käme es zu „wechselnden Mehrheiten“, bei der die „Alternative“ eine Bedeutung erhalten würde, die ihr nicht zustände.

Reiners forderte die neue Fraktion auf, möglichst viele Anträge zu stellen, damit die CDU erkennbar sei.

Reiners wörtlich: „Ich glaube … es kommt jetzt darauf an, dass die CDU viele Ideen und Anträge einbringt, damit die Menschen draußen auch merken, dass die CDU sich kümmert und in der Stadt etwas bewegen und die Lebenssituation der Menschen verbessern will. …“

Personalien und „ertragreiche“ Posten

Über die Jahre hinweg hat sich die DNA der CDU nicht verändert, ja sie über Parteigenerationen hinaus „vererbt“, besonders über die Vergabe von Ämtern und Posten politischen Einfluss auszuüben und Macht zu demonstrieren.

Als es auf den Schluss der Informationsveranstaltung zuging, stellte Fred Hendricks die mit der SPD vereinbarte „Organisationsstruktur“ vor, die nicht im Kooperationsvertrag enthalten ist.

Danach werde Kämmerer Michael Heck, (den Hendricks mit „unser“ Dezernent bezeichnete) bis zu Erreichen des Pensionsalters (2029/2030) im Amt zu bestätigen sein.

Für dieses Amt und die dann auch auslaufende Amtszeit der Schul- und Sportdezernentin Christiane Schüßler habe die CDU sich das Vorschlagsrecht ausbedungen.

In den Verhandlungen mit der SPD habe man erreicht, dass es (wieder) drei ehrenamtliche Stellvertreter des Oberbürgermeisters geben soll; zwei davon soll die CDU stellen.

Nicht erwähnte Hendricks, dass die CDU mit dem Versuch gescheitert war, den 1. Vertreter des Oberbürgermeisters stellen zu können.

Hier hatte sich die SPD durchgesetzt, so dass es hochwahrscheinlich ist, dass SPD-Unterbezirksvorsitzende Gülistan Yüksel, in den nächsten 5 Jahren diesen durchaus „ertragreichen“ Posten bekleiden wird.

Sie „beerbt“ damit ihre Genossin Josephine Gauselmann, die in der auslaufenden Ratsperiode so häufig „zum Einsatz“ kam, dass die 2. Stellvertreterin Petra Heinen-Dauber (CDU) und der 3. Stellvertreter Hajo Siemes (B90/Die Grünen) kaum in diesen Funktionen in Erscheinung treten konnten.

Ebenfalls unerwähnt ließ Hendricks die Tatsache, dass die SPD sich gegenüber der CDU auch durchsetzte, zwei statt nur einen Bezirksbürgermeister stellen zu können.

Dies vor dem Hintergrund, dass die CDU aus den Wahlen in drei Bezirken (Ost, Nord und West) als stärkste Kraft hervorgegangen und es auch diesbezüglich CDU-intern zu erheblichen Diskussionen gekommen war.

Man einigte sich – laut Hendricks – darauf, dass die SPD in den beiden größten Stadtbezirken (Süd = ca. 94.000 Einwohner und Nord =ca. 79.000 Einwohner) den Bezirksbürgermeister stellen soll und die CDU in den Stadtbezirken Ost (= ca. 61.000 Einwohner) und West (= ca. 42.000 Einwohner) das Vorschlagsrecht hat.

Diesem „Zugeständnis“ soll ein Ultimatum der SPD-Verhandlungsführung vorausgegangen sein, dass es ansonsten nicht zu einer CDU/SPD-Kooperation kommen werde.

Das wiederum hätte zur Folge gehabt, dass es zu keinerlei mehrheitsfähigen Kooperation gekommen wäre, denn einen „linksorientierte“ Kooperation aus SPD, LINKE; Grüne und FDP/VOLT hätte selbst dann nicht die erforderliche Mehrheit von 36 erreichen können, wenn – wie Hendricks in einem Nebensatz erwähnte – das BSW-Einzel-Ratsmitglied sich der SPD-Fraktion anschließen würde.

Welche „kompensierenden“ Vereinbarungen es hinsichtlich der weiteren („ertragreichen“) Posten gab, ließ sich aus Hendricks Aufzählung der Ausschussvorsitze und der Verwaltungs- und Aufsichtsratsfunktionen nicht erkennen.

Die Postenverteilung im Einzelnen

Wenn es nach der „Vereinbarung“ der potenziellen Kooperationspartner geht, würden sie mindestens diese Ausschussvorsitze beanspruchen:

  • Finanzausschuss (CDU)
  • Sportausschuss (CDU
  • Ausschuss Planung (SPD)
  • Sozialausschuss (SPD)
  • Schulausschuss (SPD)

Ob sich diese „Wünsche“ erfüllen werden, wird der Ablauf der Konstituierenden Sitzung am 5. November ergeben.

Denn viel hängt vom Verhalten der übrigen Fraktionen und evtl. „Deals“ zwischen diesen und der CDU/SPD-Kooperation ab, die vermutlich schon lange „hinter verschlossenen Türen“ laufen.

Welches der in Teil 9 und Teil 9A der BZMG-Themenreihe „TOUR D’HORIZON“ zur Diskussion gestellten Szenarien oder weitere zum Tragen kommen, wird sich ebenfalls zeigen.

In den Ausschüssen in denen einer der Kooperationspartner den Ausschussvorsitz hat, stellt dieser auch den Stellvertreter.

Hendricks betonte, dass gerade bei der Besetzung von Ausschüssen und dem so genannten „Zugriffsverfahren“ eine Vielzahl von Zufällen einer Rolle spielen können, die momentan nicht absehbar seien.

Auch auf die lukrativen Posten in den Aufsichtsgremien haben sich die Kooperationspartner verständigt und intern „ihre Ansprüche“ angemeldet, ohne schon jetzt Namen bekannt zu geben:

CDU:  

  • Verwaltungsratsvorsitz (gewählt durch den Stadtrat am 5. November)
  • Aufsichtsratsvorsitz Sozialholding
  • Aufsichtsratsvorsitz Städtische Kliniken
  • Aufsichtsratsvorsitz MGMG
  • Aufsichtsratsvorsitz Polizeibeirat
  • Aufsichtsratsvorsitz GEM

SPD:

  • Aufsichtsratsvorsitz EWMG
  • Aufsichtsratsvorsitz Kommunalholding
  • Aufsichtsratsvorsitz Wohnbau
  • Aufsichtsratsvorsitz NEW mobil und aktiv

In allen dieser Gremien in denen die CDU den Vorsitz durchgesetzt habe, soll die SPD den stellvertretenden Vorsitz stellen (und umgekehrt).

Der SPD-Unterbezirksparteitag

Die Struktur der SPD sieht ein generelles Delegiertensystem vor, so dass nur in Ausnahmefällen alle Mitglieder zur Abgabe eines Votums befragt werden.

Die Entscheidung über eine Kooperation (hier mit der CDU) ist keiner dieser „Ausnahmefälle“, so dass an deren Stelle die von den Mitgliedern der Ortsvereine gewählten Delegierten entscheiden können.

Zu Beginn des Parteitages war eigenes „Schulterklopfen“ angesagt, weil die SPD bei der Kommunalwahl 2025 gegenüber 2020 mehr Stimmen auf sich vereinigen und damit trotz Reduzierung der gesamt-Ratssitze ihre Zahl von 20 behalten konnte.

Nach den Regularien der SPD musste von einer bestimmten Anzahl von Delegierten ein „Initiativantrag“ gestellt und unterschrieben werden.

Ein solcher Antrag zum Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der CDU lag vor und wurde vom Fraktionsvorsitzenden Janann Safi „eingebracht“.

Safi „begründete“ den Antrag damit, dass dieser die Fortführung der Politik der SPD der letzten fünf Jahre sei und im Ergebnis spiele es keine Rolle, mit wem die Verantwortung für die nächsten fünf Jahre geteilt werde.

Der Vertrag zeige das, was man wirklich beeinflussen könne.

Safi betonte, dass die SPD als Team auftreten und darauf achten werde, dass die CDU – bei Bedarf – auf den Weg zurück auf diesen Kooperationsvertrag geführt werde.

Wie bei der CDU konnten sich Delegierten mit Wortmeldungen zum Vertragsentwurf äußern, jedoch mit einer Redezeitbegrenzung von 5 Minuten und nachdem sie sich vorher „registriert“ hatten.

Geschätzt waren es unter zehn Wortmeldungen

Ein Redner der Jusos erklärte, dass er im Vertrag nach der Handschrift der CDU gesucht habe, sei jedoch nicht fündig geworden und versprach die Umsetzung kritisch zu begleiten.

Reinhold Schiffers betonte, dass der Kooperationsvertrag „an keiner Stelle weh tut“ (Zitat) und erinnerte die neue Ratsfraktion – der er nicht mehr angehören wird – daran, dass alle darin enthaltenen Themen in Anträge zu formulieren und zu verhandeln seien.

Im Gegensatz zur CDU-Veranstaltung gab es weder Hinweise auf, noch Details zum Thema Besetzung von Ausschüssen, der Frage von Ausschussvorsitzen und Besetzung von Gremien bei städtischen Beteiligungen.

Dass dieser auch für die SPD durchaus „delikate“ Komplex offensichtlich bewusst ausgeklammert wurde, weil kritische Nachfragen vermutlich die geradezu euphorische Grundstimmung gestört hätte.

Die nachfolgende Abstimmung zeigte 100% Zustimmung, so dass aus Sicht der SPD einer Unterzeichnung nichts mehr im Wege stehen dürfte.

Man mus schon sehr tief in die "Kommunahlkampfkiste" greifen, die Veröffentlichung einer Mitteilung eines CDU-Direkt­kandidaten als Verstoß gegen eine "neutrale und unabhängige Berichterstattung" zu bewerten und in diesem Kontext "zu überlegen" die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf als die zuständige Aufsichtsbehörde" einzuschalten.

Kann man machen ... oder auch lassen.

Das Ergebnis könnte jedenfalls interessant werden.

Dass die (Noch-)Fraktion einer Partei mit dieser Presse­mit­teilung ebenfalls in den Kommunal­wahl­­kampf "eingreift", wäre mindestens ebenso zu hinter­fragen, ist es doch eine "ungeschriebene" Regel, dass ein Wahlkampf Angelegenheit von Parteien und nicht von Fraktionen ist.

Aber dafür gibt es ja Menschen, die "von Haus" aus Juristen sind.