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Er ist 59 Jahre, gelernter Groß- und Außenhandels- und Informatik-Kaufmann und war über lange Zeit als Bildungsbegleiter für lernbehinderte Jugendliche bei einem großen deutschen Konzern tätig.

Die Rede ist vom Mönchengladbacher Thomas Wasilewski, der seit einigen Jahren wegen einer schweren Krankheit zu 100% erwerbsunfähig ist, also Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht.

Gemeinsam mit seiner Frau und drei Kindern (15, 17 und 19 Jahre alt) lebt er in einer „Bedarfsgemeinschaft“, die monatlich 1.700 EURO zum Leben hat.

In diesem Betrag berücksichtigt das Jobcenter die Erwerbsminderungsrente als „Einkünfte“, so dass Thomas Wasilewski von seiner Rente ein Mindest-Anteil von 404 EURO (Regelbedarfsstufe 2) verbleibt.

Er setzt sich dafür ein, dass sich die Leistungen beider Regelbedarfsstufen von 449 EURO (Regelbedarfsstufe 1) und von 404 EURO (Regelstufe 2) jeweils sofort auf 600 Euro erhöht werden.

Der 19-jährige (also volljährige) Sohn befindet sich in einer Ausbildung und bezieht dementsprechend eine Ausbildungsbeihilfe, von dem ihm – nach Berechnung des Jobcenters – lediglich 100 EURO (als Selbstbehalt) bleiben.

Würde dieser volljährige Sohn das Recht für sich in Anspruch nehmen, eine eigene Wohnung beziehen zu wollen, ergäbe sich sowohl für ihn als auch für die Bedarfsgemeinschaft eine neue Situation.

Ein solches – auch außerhalb der ALG II-Regelungen nicht seltenes – Bedürfnis bedarf nach Angaben Wasilewskis der Zustimmung des Jobcenters, das ein solches Grundrecht (durchaus rechtmäßig) verweigern würde.

So wird aus  einer „Bedarfsgemeinschaft“ eine scheinbar unauflösliche „Zwangsgemeinschaft“, weil ein Auszug von Kindern unter 25 Jahre nur bei schwerwiegenden sozialen Gründen möglich ist.

Nicht nur statistisch gesehen zählt diese Familie zu den ärmsten in der Gesellschaft, die spätestens gegen Monatsende auf die Leistungen der „Tafel“ angewiesen ist.

Ihre Situation wäre noch prekärer, würden nicht die „Kosten der Unterkunft“ (KdU) durch das Jobcenter übernommen und damit die bevorstehenden Heizkostenerhöhungen diese auch noch verschärfen würden.

Von den so genannten Einmal-Zahlungen (200 EURO oder 100 EURO) sind Bezieher von Erwerbslosenrente ausgeschlossen.

Die sich abzeichnenden Erhöhungen der Stromkosten sind nicht durch die KdU „gedeckt“ und müssen von den Bedürftigen selbst über die Regelsätze finanziert werden.

Ob und ggf. in welcher Höhe hier staatliche Hilfen zu erwarten sind, ist noch vollkommen offen.

(c) BZMG

Grafik: Thomas Wasilewski

Seit langem kämpft Thomas Wasilewski sozusagen „an allen Fronten“ darum, dass der Regelsatz aus der Erwerbslosenrente für ihn selbst, aber auch für die vielen ähnlich Betroffenen, auf 600 EURO pro Monat erhöht wird.

Während die Altersrenten jährlich mehr oder weniger konsequent an die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik angepasst werden, sind Bezieher von Erwerbsunfähigkeitsrente von diese „Partizipation“ ausgeschlossen.

Dass er sich mit seinem Engagement bei Verantwortlichen keine Freunde macht, ist ihm bewusst und spürt das indirekt und direkt immer wieder und sei es „nur“ durch das Ignorieren und Abwiegeln seiner vielfältigen Eingaben, Anträge und Bitten.

Wasilewski gehört keiner Organisation an, erfährt jedoch vielseitige moralische und tatkräftige Unterstützung – nicht in Form von finanziellen Zuwendungen – und Solidarität, wie beispielsweise auch bei seiner Mahnwache am vergangenen Montag (29.08.2022) vor dem Haus der SPD in Mönchengladbach.

Ihre Solidarität unterstrichen dabei Wolfgang Fels von der Mönchengladbacher Initiative „Bündnis für Menschenwürde und Arbeit“ und Johannes (Eschi) Eschweiler, Geschäftsführer der Stiftung Volksverein e.V., also zwei Institutionen, die vom verstorbenen Edmund (Eddi) Erlemann unterstützt bzw. ins Leben gerufen worden war, sowie dem sozial engagierten Franjo Schiller von der ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei).

Für dieses Zeichen der Solidarität zeigte sich Wasilewski im Gespräch mit BZMG ausgesprochen dankbar, wie auch für die Unterstützung durch seine Nichte Marie-Luise Wasilewski.

Rechtliche Unterstützung erfährt er durch die beiden Sozialverbände SoVD (Sozialverband Deutschland e.V.) und dem Sozialverband VdK Deutschland e.V. (VdK), die – koordiniert von deren Bundesebenen – für einige ihrer Mitglieder mit Muster-Widersprüchen und -Klagen gegen Erwerbslosengeld-Bescheide vorgehen wollen – notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht.

Einer dieser „Musterkläger“ ist Thomas Wasilewski.

Darüber, über seine persönliche Situation, sein Engagement, das durchaus diskussionswürdige Verhalten von Bundes- und Kommunalpolitikern undzu  weitere Unterstützern sprachen wir mit Thomas Wasilewski in einen Telefoninterview, das zeitweilig nur durch technisch-akustische Übertragungsprobleme (etwas) gestört war.

Im Laufe der Zeit hat sich Thomas Wasilewski – gezwungenermaßen – zu einem „Aktivisten im Sozialrecht“ entwickelt, wie dieses Interview deutlich macht.

Neben anderen Problemfeldern, in denen er teilweise den Rechtsweg beschreiten musste, um berechtigte Forderungen z.B. gegenüber dem Jobcenter durchsetzen zu können, beschäftigt ihn vor dem Hintergrund der seit Monaten steigenden Lebenshaltungskosten und der sich daraus für ihn und seine Familie ergebenden Folgen, insbesondere die Erhöhung des Regelsatzes für die Anrechnung von Einkünften aus seiner Erwerbsminderungsrente von derzeit 404 EURO auf 600 EURO.

Dies sei sofort notwendig und nicht erst im Januar mit dem so genannten „Bürgergeld“.

Der Versuch, mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein persönliches Gespräch zu gesamten Problematik führen zu können, wurde von dessen Büro damit abgelehnt, dass Wasilewski nicht in Heils Wahlkreis leben würde.

Mit der örtlichen SPD-Bundestagsabgeordneten Gülistan Yüksel habe er telefonisch gesprochen, sei jedoch keinen Schritt weitergekommen.

Anrufe bei Mitgliedern des Bundestagsausschusses für Soziales seien ebenso erfolglos geblieben, wie die Mails an diese Adressen die nicht beantwortet wurden.

Yüksel habe allgemein Verständnis artikuliert, jedoch im Wesentlichen allgemein auf die „politische Lage“ hingewiesen und auf die Pläne der SPD.

Aus der Erhöhung seiner Rente die in der Bedarfsgemeinschaft angerechnet wird, bleiben ihm täglich 10 Cent, die gesamte Bedarfsgemeinschaft habe eine Einmalzahlung in Höhe von 200 EURO erhalten.

Demgegenüber stünde die Erhöhung der Stromkosten von über 43%, die mit diesen Beträgen nicht zu beherrschen seien.

In der Tatsache, dass es aus dem SPD-Haus, vor dem die Mahnwache stattfand, keinerlei Reaktion oder gar Kontaktaufnahme gab, sieht Wasilewski seine Erfahrungen bestätigt, dass Politiker den Dialog mit den Bürgern nicht suchen würden – es sei denn, dass Wahlen bevor stünden.

Das angesprochene Klageverfahren, das vom VdK-Bundesverband angestrebt wird, könne sich sehr lange hinziehen, auch weil es sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigen könnte.

Wasilewski verknüpft mit diesen Verfahren, bei dem er als einer der Musterkläger fungiert, die Erwartung, dass die Gerichte feststellen, dass der Bund nicht Regelsätze festlegen könne, die unterhalb des Existenzminimums liegen würden.

Unterstützung erfahre er von der Bundestagsfraktion von DIE LINKE; die u.a. auch den Kontakt zum VdK-Bundesverband hergestellt habe.

Besonders dankbar ist er dem Büro von Jessica Tatti MdB und der Referentin für Existenzsicherung der Linken im Bundestag, Dr. Ulrike Müller, die ihn unterstützen und auch einmal aufmuntern würden.

Kurz- und mittelfristig sehe er „schwarz“, weil die Regierung nicht bereit sei, Entsprechendes zu tun.

Das was angedacht sei, seien nur Kleckerbeträge, mit denen man die Kosten nicht bewältigen könne.

Als nächste plant Wasilewski weitere Mahnwachen vor den Büros der grünen Bundestagsabgeordneten Kathrin Henneberger und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Günter Krings.

Enttäuscht zeigt er sich von Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD), der sein Anliegen sicherlich zur Kenntnis genommen habe und doch so viel Wert auf Kommunikation mit den Bürgern setze.

Er solle das Versprechen des SPD Bundeskanzlers Scholtz mit Leben füllen und „You`ll never walk alone“ praktizieren.

In der Kirche würde der Oberbürgermeister Heinrichs sicher schon gehört haben: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, meint Wasilewski.

Von ihm erwartet Wasilewski, dass dieser mit seinen Parteifreunden in Berlin Kontakt aufnimmt und sich dementsprechend einsetzt, weil Mönchengladbach eine Stadt sei, in der jedes dritte Kind arm ist.

Bei diesem Thema ist er seit dem 1. Dezember 2021 aktiv, indem er den Leiter des Mönchengladbacher Jobcenters Klaus Müller bat, sich für die Erhöhung des Regelsatzes mit einzusetzen.

Nachfassend hatte er eine erneute Mail an Müller gesandt, von dort jedoch bis heute keine Antwort erhalten.

Darüber hinaus habe er sich an die christlichen Kirchen in Deutschland und an den Vatikan mit der Bitte gewandt, sich diese für eine bessere Sozialpolitik in Deutschland stark zu machen.

In teils mehrfachen Anrufen von Kirchenvertretern konnte Wasilewski seine und die Situation von Menschen in ähnlich prekären Situationen beschreiben.

Einige Kirchenvertreter hätten ihm finanzielle Hilfen angeboten, was Wasilewski jedoch abgelehnt habe, weil er finanzielle Unterstützungen hätte dem Jobcenter melden müssen, wonach ihm bzw. seiner Bedarfsgemeinschaft diese als Zuwendungen Einkünfte „angerechnet“ worden wären.

Positiv bewertet er, dass sich seine Gesprächspartner bei den Kirchen mit dem Bundesarbeitsministerium in Verbindung gesetzt hätten, wobei ihm diesbezügliche Ergebnisse noch nicht bekannt seien, er jedoch unterstelle, dass die Kirchen bei Gesetzgebungen angehört und solche Hinweise aus der Bevölkerung einfließen lassen werden.