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Ich bin mit meinem Leben zufrieden.

Der Raketen-Bauer Wernher von Braun sah es anders.

Sein Job sei es gewesen, nie zufrieden zu sein, obwohl er mit seiner Wunderwaffe V-2 bekanntlich Weltruhm erlangte.

Zum Glück muss ich keine Raketen bauen.

Ich glaube in einer insgesamt guten Welt zu leben, trotz täglich erlebter Aufgeregtheiten.

So dachte vor hundertfünfzig Jahren auch der amerikanische Autor James Branch Cabell und beschrieb seine positiven Eindrücke in phantastischen Romanen.

Solche Zeiten seien vorbei, klagen Pessimisten.

Schon im Jahr1540 habe es kaum geregnet; es herrschte extreme Hitze.

Der Boden war derart ausgetrocknet, dass er aufbrach wie Knäckebrot.

Elbe, Rhein und Seine verkümmerten zum Rinnsal; man konnte durch das Flussbett spazieren gehen.

Im vergangenen Jahr sei es fast genau so gewesen:

Wenig Regen, so viel Sonne wie selten.

Am schlimmsten freitags: Kinder konnten nicht einmal zur Schule gehen.

„Unzufriedene Menschen finden keinen bequemen Stuhl.“

Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, mahnte das an.

Er hielt nichts von Schwarzmalerei.

Ebenso nicht der indische Staatsmann, Asket und Pazifist Gandhi: „Was für ein herrliches Leben hatte ich. Hätte ich es doch früher bemerkt.“

Skandale und Versäumnisse, Polit-Spektakel und Börsencrash, Polizisten und Bürgermeister werden beleidigt und angegriffen, Blitz und Donner entzünden sich bei kleinstem Anlass.

Scheinbar ungerechte Entscheidungen und vordergründige Inszenierungen in den Medien verbreiten Gereiztheit und aggressives Verhalten.

Permanenter Stress-Zustand wie im Katastrophenfilm.

Niemand versteht keinen.

Persönlich für wichtig Gehaltenes wird als ausschließlich gültig erklärt.

Jeder sieht sich unter Rechtfertigungszwang, fühlt sich diskriminiert, pocht auf angebliche Rechtsansprüche.

Schmäh-Plakate, die sogenannte Fans in die Stadien schmuggeln, vergiften die Atmosphäre eines Fußballspiels.

Leute werden davon angesteckt wie von der Seuche, die gegenwärtig die Welt in Aufruhr versetzt.

Stress- und Erregungszustände lassen den Vorrat an Gemeinsamkeiten verkümmern. Ein Miteinander und wortloses Verstehen drohen auf der Strecke zu bleiben.

„Die große Gereiztheit“: Unter der Regie von Karin Henkel inszeniert das Züricher Schauspielhaus dieses vorletzte Kapitel von Thomas Manns 1924 erschienenem Roman „Der Zauberberg“.

In der noblen Gesellschaft lungenkranker Sanatoriums-Patienten auf dem Zauberberg herrschen Zanksucht und Bösartigkeit.

Auf die „Große Gereiztheit“ folgt ein „Donnerschlag“, der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Flachland.

Mögen uns „Donnerschläge“ in der Erregtheit unserer Tage erspart bleiben.

„Du kannst dir Sorgen machen, bis du tot umfällst. Oder du kannst das bisschen Ungewissheit  genießen.“ Formuliert von Norman Kingsley Mailer, amerikanischer Schriftsteller, Journalist und Regisseur, der zweimal mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde.

„Es gibt überall Blumen für den, der sie sehen will“, würde der französische Maler, Grafiker, Zeichner und Bildhauer Henri Matisse hinzufügen.

Das „Kölsch Wörterbuch“ mit dem „Kölner Grundgesetz“ regt an, über folgende Weisheiten nachzudenken:

 „Et kütt, wie et kütt“ • Hab keine Angst vor der Zukunft.

„Et hätt noch immer jot jejange“ • Immer mit der Ruhe. Es ist immer noch gutgegangen.