Seite wählen

In der Sitzung des Ausschusses für Betriebe und Vergabe (ABV) am 12.10.2022 kündigte der Eigenbetrieb „Rathaus der Zukunft“ mit der Vorlage 1717/X die Vorstellung der „abgeschlossenen HOAI-Leistungsphase 2“ an.

Entgegen der Gepflogenheiten und Notwendigkeiten wurde den Ausschussmitgliedern und der Öffentlichkeit keinerlei Unterlagen zur Verfügung gestellt, so dass sich insbesondere die Ausschussmitglieder auf diesen Tagesordnungspunkt nicht vorbereiten konnten.

Vielleicht war es Neugier auf das, was ihnen präsentiert würde oder schlicht Naivität und Unerfahrenheit, warum die Ausschussmitglieder nicht darauf bestanden haben, die Inhalte dieses TOP erst dann zur Kenntnis zu nehmen, wenn ihnen vorab (10 Tage vor Sitzungsbeginn) entsprechende Unterlagen zur Verfügung stehen würden.

Zeit genug hätte es gegeben, um die Vorstellung in die nächste ABV-Sitzung (14 Tage später) vorzunehmen.

So erfuhren die Ausschussmitglieder, nicht vom Betriebsleiter, sondern vom Architekten des beauftragten Planungsunternehmens sop aus Düsseldorf, was man bisher untersucht habe und mit welchen „Techniken“ die Planungen durchgeführt worden seien.

Darauf wird an anderer Stelle dieses Beitrages noch näher eingegangen.

Vorab scheint es sinnvoll, kurz (aber nicht erschöpfend) die Hintergründe des Projektes „Rathaus der Zukunft“ ins Gedächtnis zu rufen.

Infos zum Hintergrund

In der Ratsperiode bis 2020, also bis vor der Kommunalwahl, wurde unter dem damaligen Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) mit einer großen PR-Maßnahme der Startschuss für das Mammut-Projekt Rathaus-Neubau in Rheydt gegeben.

Als Anlass dafür wurde die Maßnahme 2012-0139 „Entwicklung eines strategischen Raumkonzeptes“ im Haushaltssanierungsplan (HSP) genommen, die schon 2010 im Zuge der „Haushaltssanierungskonzepte“ unter der HSK-Nr. 2010-0113 als von der Stadt Mönchengladbach eingegangene „Selbst“-Verpflichtung innerhalb des Stärkungspaktes Stadtfinanzen geführt wurde.

Fachlich zuständig war das Dezernat VI – heute: Dr. Gregor Bonin (CDU) -, politisch der Planungs- und Bauausschuss (PBA) unter dem Vorsitz von Horst-Peter Vennen (SPD).

Am 26.06.2019 wurde mit der Beratungsvorlage 3951/IX die Gründung einer so genannten „eigenbetriebsähnlichen Einrichtung Rathaus der Zukunft“ (EäE RdZ) beschlossen und der PBA als „Betriebsausschuss“ bestimmt.

Ein Eigenbetrieb ist eine verwaltungsmäßige Ausgliederung von Aufgaben der Kommune und ähnelt in Aufbau und Struktur einem „Beteiligungsunternehmen in GmbH-Form“, wobei der Eigenbetrieb in seiner Außenwirkung nicht „am Markt“ agieren kann.

Ein Betriebsausschuss ähnelt in seiner Zuständigkeit einem GmbH-Aufsichtsrat, und hat den Eigenbetrieb und seine Leitung zu beraten, zu unterstützen und zu kontrollieren und nimmt im Kontext zum „Rathaus-Neubau“ die Funktionen des Bauherrn wahr.

Weil der PBA aufgrund der Massierung seiner Aufgaben mit seinen Kernthemen Stadtentwicklung, Planung, Bauleitplanung, Bebauungspläne, Infrastruktur, Denkmalschutz usw. zeitlich überfordert war, hat der Stadtrat nach der Kommunalwahl 2020 die Funktion „Betriebsausschuss“ auf einen neuen Ausschuss „Betriebe und Vergabe“ (ABV) übertragen.

Sehr zum Leidwesen des neuen Vorsitzenden des Planungs- und Bauausschusses Thomas Fegers (SPD), hat der PBA bezüglich des Eigenbetriebes „Rathaus der Zukunft“ keinerlei Kompetenzen im Sinne von Zuständigkeit, Entscheidung und Verantwortung.

 

Rechtsgrundlagen für die EäE (= Eigenbetriebe) und deren Beratungs-, Unterstützungs- und Kontrollfunktionen bilden

  • die Eigenbetriebsverordnung für das Land NRW
  • die Zuständigkeitsordnung der Stadt Mönchengladbach und
  • die Betriebssatzung „Rathaus der Zukunft“.

Grundlage jeglicher Architekten- und Ingenieur­­leistungen im Bausektor ist die Verordnung über Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), die aus neun „Leistungsphasen“ besteht.

Diese Verordnung soll einerseits sicherstellen, dass der Bauherr gewiss ist, dass der Architekt/Ingenieur mindestens die Grundleistungen erbringt, anderer­seits aber auch, dass der Architekt/Ingenieur den ihm für die jeweilige Leistungsphase zustehenden Honoraranteil erhält.

Dass der Architekt/Ingenieur seine Leistung vergütet bekommen kann, entscheidet der Bauherr nach entsprechender Prüfung der ihm zur Verfügung gestellten Leistungsphasen-Abschluss­dokumentation.

Einschätzungen zu den erbrachten Grundleistungen

Erst wenn die Abschlussdokumentation vorliegt und der Bauherr keine „Nachbesserungen“ fordert, gilt die jeweilige Leistungsphase als abgeschlossen und der Bauherr beauftragt schriftlich die Durchführung der nächsten Leistungsphase.

Im „Fall“ Rathaus-Neubau fällt dem Betriebsaus­schuss „Rathaus der Zukunft“ die Bauherrenfunktion zu, der damit aktuell auch die Verantwortung dafür trägt, dass die HOAI-Leistungs­phase 2 zufrieden­stellend abgeschlossen ist.

Selbst bei „wohlwollender“ Betrachtung des aktuell Präsentierten kann den Ergebnissen das Prädikat „zufriedenstellend“ kaum erteilt werden.

Damit der Betriebsausschuss in seiner Bauherren­funktion sachgerecht entscheiden kann, ist es Aufgabe des Betriebsleiters, diesem entsprechend zuzuarbeiten und seine Einschätzungen beispielsweise zum Erfüllungsgrad der einzelnen Teil-Leistungen mitzuteilen.

Selbst wenn einzelne Einschätzungen nicht vollends zutreffen sollten, ist erkennbar, dass die Leistungs­phase 2 zum Rathaus-Neubau keineswegs abgeschlossen ist und es fahrlässig wäre, die entsprechenden Honorarmittel für die Architekten- und Ingenieurleistungen freizugeben.

Dies besonders vor dem Hintergrund, dass wesentliche Forderungen, die schon durch die Wettbewerbsjury gestellt wurden, in den am 12.10.2022 im Betriebsausschuss erkennbar keiner entsprechenden Lösung zugeführt wurden.

Exemplarisch dafür ist die Forderung zu nennen, dass die beiden Durchgänge zwischen Stresemann­straße und Marktstraße ständig offen gehalten werden sollen.

Präsentation zur HOAI-Leistungsphase 2 anlässlich der Sitzung des Betriebsausschusses „Rathaus der Zukunft“ am 12.10.2022.

Teil I

Teil II

Lässt man die Sitzung des Betriebsausschusses am 12.10.2022 und vorangegangene Sitzungen Revue passieren, ist folgendes festzustellen:

1.
Die Leistungsphase 2 ist keineswegs abgeschlossen, wie die Vorlage 1717/X und die Präsentation der Architekten und Ingenieure suggerieren sollten.

2.
Folglich kann der Betriebsausschuss in seiner Bauherrenfunktion dies auch so nicht akzeptieren und eine Freigabe der Honoraranteile für diese Leistungsphase nicht beschließen.

3.
Kann zum jetzigen Zeitpunkt die (nachfolgende) Leistungsphase 3 nicht verbindlich beauftragt werden.

Darüber hinaus ist bemerkenswert,

  • dass der Eigenbetrieb „Rathaus der Zukunft“ immer noch keinen Betriebsleiter hat und stattdessen „pro forma“ nur einen „Stellv. Betriebsleiter“, dessen Aufgabenfeld nicht umrissen zu sein scheint und
  • dass nicht bzw. selten der „Stellv. Betriebsleiter“ im Betriebsausschuss agiert und Rede und Antwort steht, sondern stattdessen vornehmlich Baudezernent Dr. Bonin oder Kämmerer Heck die „Wortführerschaft“ übernehmen.

Außerdem ist nicht erkennbar oder gar dokumentiert, welche Leistungen die 8 (acht) Mitarbeiter im Eigenbetrieb „Rathaus der Zukunft“ bringen sollen, in den vergangenen zwei Jahren erbracht haben und zukünftig tatsächlich erbringen werden, welche „Personalaufwendungen“ in Höhe von geplant ca. 720.000 EURO beispielsweise im Jahr 2021 rechtfertigen würden.