Das geplante gläserne Verbindungsbauwerk, das sich über ca. 250 Meter von der Limitenstraße bis zur Harmoniestraße erstrecken soll, wird von den Planern technisch als „Baufeld IV“ bezeichnet, ist aber wohl eher ein „Trennungsbauwerk“.
Die Berliner sind bekanntlich sehr kreativ, wenn es ihnen darum geht Bauwerken einprägsame Namen zu verleihen.
So nennen sie den Funkturm „Tele-Spargel“, die Ruine des Gedächtniskirche „Hohler Zahn“, das Kanzleramt „Waschmaschine“, die Siegessäule „Goldelse“, das Haus der Kulturen „Schwangere Auster“ usw. usw.
Während die Berliner diese Spitznamen eher liebevoll meinen, dürften die bisherigen Wortschöpfungen für das in Planung befindliche Verbindungsbauwerk entlang der Marktstraße den Status „Spitznamen“ mit angeschlossenen Verwaltungsgebäuden kaum erreichen.
Dafür kursieren „Glaspalast“, „Beamtenlaufbahn“, „Rheydter Mauer“, „Mall“, „Bonin-Mahnmal“, „Protzbau“ und andere Namen, die zum Ausdruck bringen sollen, dass die Bürger den Rathaus-Neubau in der bisherigen Ausprägung rundweg ablehnen.
Am zutreffendsten scheint noch der nüchternere Name „Glasriegel“ (mit Betonung auf „Riegel“) zu sein.
Dies vor allem deshalb, weil in der Tat den Bürgern der Zugang zu den geplanten Verwaltungsgebäuden und Büros verwehrt werden soll, eine Einbahnstraße aus Richtung Verwaltung sozusagen.
Angepriesen wurde dies den Bürgern schon beim „Bürgerforum“ Nr. 2 am 30.01.2020 (im Video ca. ab Minute 19):
Ohne Terminvereinbarung können die Bürger dann ihre Anliegen spontan nicht mehr „face to face“ mit den städtischen Mitarbeitern besprechen.
Geht es nach den Planern und der Verwaltungsspitze soll solcher Austausch ausschließlich im Kontaktbereich des Glasriegels – im „Planer-Sprech“ als „Magistrale“ bezeichnet – stattfinden dürfen.
Wie diese baulich bedingte organisatorische Restriktion mit der ansonsten gerne propagierte Nähe der Verwaltung zum Bürger überein gebracht sein soll, bleibt momentan noch das Geheimnis der Planer, der Verwaltungsspitze und der sie (noch) unterstützenden Teile der Politik.
Aus dem „Bürgerforum“ Nr. 3 am 03.11.2022
Fragen, Statements, Anmerkungen, … aus der Zuhörerschaft
EXTRAKT
Wie sieht ein modernes Rathaus in 10 Jahren aus? … welche Informationsquellen? … viel über Mitarbeiter gesprochen … Bürger ist zu kurz gekommen …
Antworten, Beantwortungsversuche, …
EXTRAKT
Erklärungsversuch zum zukünftigen Arbeiten der Verwaltung … keine Einzelbüros … zunehmend mobiles Arbeiten … „modernes Arbeiten …
Intervention des Fragestellers: „Keine Antwort auf gestellte Frage“ … Wiederholung der Frage … Heinrichs habe alles andere erklärt, aber keine Antwort auf gestellte Frage gegeben …
EXTRAKT
Frage lässt sich nicht so einfach beantworten … Bestätigung der Ausführung von Heinrichs … Verweis auf viele andere Aspekte, wie „Materialität“, Raumgestaltung … ständiger Austausch mit „Kollegen“ … Antwort erst dann „wenn wir fertig sind“
Die berechtigte Frage aus dem Publikum danach, wie ein „modernes Rathaus“ in 10 Jahren aussehen werde, die gleichzeitig die Frage danach intendierte, welche Rolle der Bürger dann spielen würde, blieb unbeantwortet.
Wie sollte es auch anders sein, schwelgen doch Planer und Verwaltungsspitze in Kurzfrist-Visionen, die ausschließlich auf ein architektonisches Denkmal (oder sollte man doch „Mahnmal“ sagen?) ausgerichtet sind.
Das Einzige was in diesem – trotz „tausender Tabellen und Grafiken“ (Zitat Heinrichs) – Riegel „transparent“ ist, ist das Glas, durch das – weil nach Norden gerichtet – noch nicht einmal Sonnenlicht eindringen kann.
Architektur hat – ebenso wie eine Aufbau-Organisation – optimierten und transparenten Prozessen zu folgen, die dem Bürger dienen und nicht umgekehrt.
Und genau das geschieht bei dieser Planung für einen Rathaus-Neubau.
Der „Glasriegel“ und die ihm zugedachte „Trennfunktion“ ist ein Spiegelbild dessen, besonders vor dem Hintergrund, was seit 2020 infolge der Pandemie- und Kriegsfolgen geschehen ist.
Der Trend zu Homeoffice, Telearbeit und mobilem Arbeiten hat sich geradezu exponentiell beschleunigt, was schon jetzt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit der kommunalen Verwaltung führt.
Wie für andere Planungsbereiche fehlt es auch für den „Glasriegel“ an der detaillierten (textlichen) Funktionsbeschreibung mit belastbaren „Mengengerüsten“ und weiteren Daten für dessen sinnträchtige Nutzung.
Bislang ergehen sich die Protagonisten in verbalen Allgemeinplätzen, „man könnte“, „man sollte“, „es könnte sein“, es wäre möglich“ usw. ohne jegliche Verbindlichkeit bis hin zu der Aussage, Fragen könne man erst dann beantworten „wenn wir fertig sind“.
Solange solche Verbindlichkeiten nicht dokumentiert sind, wäre es fahrlässig, die Leistungsphase 2 als „abgeschlossen“ zu beschließen.