Seite wählen

Unstrittig ist, dass ohne qualifizierte und motivierte städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Gemeinwesen wie die Stadt Mönchengladbach nicht funktionieren kann.

Umso verwunderlicher ist, dass sich Kommunalpolitiker und Verwaltungsspitze bei der Übertragung immer wieder neuer Aufgaben an die Mitarbeiter kaum Gedanken über deren mögliche Überlastungen machen, was nicht selten zur Erhöhung von Überzeiten und des Krankenstandes sowie im schlimmsten Fall zur so genannten „inneren Kündigung“ führen könnten.

Wenn in der kommenden Woche am 14.12.2022 der Mönchengladbacher Stadtrat den Haushalt für das Jahr 2023 verabschiedet, beschließt dieser auch den Stellenplan 2023 und damit über die Mehrung um annähernd 150 Stellen, die kaum zur Entlastung der vorhandenen Mitarbeiter führen dürfte.

Würden die beantragten 150 neue Stellen tatsächlich besetzt werden können, würden bei angenommenen Stellenkosten von mindestens 60.000 EURO pro Jahr zusätzliche Personalausgaben in Höhe von mindestens 9,0 Mio. EURO verursacht.

Schon allein diese Ausgaben würden den „hingerechneten“ Haushaltsüberschuss für 2023 ad absurdum führen.

Für 2023 zu erwartende und legitime Gehaltssteigerungen an dieser Stelle noch nicht einmal eingerechnet.

Traditionsgemäß wird es vor dem Beschluss des Haushalts auch wieder so genannte „Haushaltsreden“ der Fraktionsvorsitzenden geben, bei denen man gespannt sein darf, inwieweit darin die Stellenmehrung und der Stellenplan als solcher thematisiert werden.

Den Haushaltplan 2023 brachte Kämmerer Michael Heck (CDU) am 19.10.2022 gemeinsam mit Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) ein.

Quelle: Homepage Stadt Mönchengladbach

Elementare Bestandteile der Haushaltsplanung sind die diversen Anlagen, wie der Entwurf des Stellen­plans, der von den meisten Mönchenglad­bacher Kommunalpolitikern so gar nicht wahrgenommen wurde.

Wahrgenommen wurde dadurch auch nicht die von der Verwaltung vorgeschlagene Mehrung um (saldiert) weit über 150 Stellen.

Zu sehr waren manche Politiker darauf fixiert, welche Mittel ihnen zur Durchsetzung ihre jeweiligen (partei-)politischen Ziele zur Verfügung stehen könnten.

Denn, Auswirkungen auf Personalauszahlungen (für 2023 geplant: über 224 Mio. EURO, also annähernd 1/5 der Gesamtausgaben) wird die mittlerweile verwaltungsseitig „erhoffte“ Steigerung von nominell 3.259 auf 3.408 Stellen in der Kernverwaltung erst dann haben, wenn diese Stellen mit Mitarbeitern besetzt sind und deren Gehälter auch tatsächlich bezahlt werden müssen.

Die „Personalauszahlungen“ (Zeile 10) berücksichtigen (standardmäßig) angenommene Gehaltssteigerungen in Höhe von 2%.

Weil realistischerweise mit Gehaltssteigerung in Höhe von 5% zu rechnen ist, werden die 19% „Auszahlungs­anteil“ nicht zu halten sein und damit die Personalauszahlungen im „Ranking“ hinter den Transfer­leistungen (Zeile 14) auf Rang 2 landen.

Auch dadurch ist schon jetzt absehbar, dass der (mühsam errechnete) Haushaltsüberschuss 2023 in Höhe von etwas über 1 Mill. EURO unrealistisch ist.

Allen Beteiligten ist bekannt, dass dieser Überschuss einzig und allein dazu dient, der Bezirksregierung Düsseldorf eine „positive“ Zahl zu liefern, um nicht in die „Region“ einer „vorläufigen Haushaltsführung“ (Nothaushalt) zu rutschen und damit Handlungsfreiheiten zu verlieren.

Verwaltung und Politik hoffen wohl, dass der Bezirksregierung diese Aspekte nicht auffallen, sie diese also übersieht oder sie stillschweigend toleriert.

Viele der neu beantragten und auch bestehender Stellen sind nicht „ausfinanziert“, was bedeutet, dass diese Gehälter über Kredite, also „auf Pump“, finanziert werden müssen.

Wie in den letzten Jahren scheinen Politik und Verwaltung dieser Situation keine besondere Bedeutung beigemessen zu haben, was dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass für die „Sondersitzung“ des Hauptausschusses am 01.12.2022 (Beginn 17:00 Uhr) in seiner Funktion als „Personalausschuss“ nur 10 Minuten angesetzt waren.

Während in den Sitzungen des „Personalausschusses“ vergangener Jahre die Empfehlung an den Stadtrat ohne großartige Diskussionen „durchgewunken“ wurde, war es am 1. Dezember ganz anders.

„Ursächlich“ dafür waren die ausführlichen Einlassungen des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. Hans Peter Schlegelmilch, u.a.

  1. zur Mehrung von ca. 19 Stellen im Organisationsbereich „IT-Steuerung“ im Zuständigkeitsbereich des Dezernates I (Felix Heinrichs)
  2. zum „Aufpumpen“ (Zitat Schlegelmilch) der ebenfalls beim Dezernat I angesiedelten Stabstelle „Verwaltung der Zukunft“
  3. zum Verdoppeln der Stellenanzahl im Bereich „Pressearbeit und Information“ von 8 auf 16 Stellen.

Zum Thema „IT-Steuerung“ konnte Schlegelmilch nicht erkennen, welche Ziele mit dieser Personalmehrung verfolgt würden.

Er finde es merkwürdig, dass die Digitalisierungsplanung sich ausschließlich an der Einführung der „Elektronischen Akte“ auszurichten scheine und nicht erkennbar sei, wie viel Entlastung die Mitarbeiter durch digitalisierte Arbeitsprozesse erfahren würden.

Bei der „aufgepumpten“ Stabsstelle „Verwaltung der Zukunft“ konnte Schlegelmilch nicht erkennen, welche Arbeit dort geleistet würde und monierte, dass von dort erklärt worden, sei wie groß doch die Bürger­beteiligung durch Digitalisierung an der „Stadtstrategie“ gewesen sei obwohl diese Beteiligung noch nicht einmal bei einem Promille gelegen habe.

Die Frage „was haben Bürgerinnen und Bürger davon“ stellte Schlegelmilch (auch) bei der Stellenver­dopplung im Bereich „Pressearbeit und Information“ und verwies darauf, dass es parallele und ergänzende Aktivitäten bei der WFMG gebe.

Neben diesen drei Aspekten dürfte die Stellenplanung auch in weiteren Bereichen der politischen Diskussion an Bedeutung gewinnen.

So sagte Organisations- und Personaldezernent Matthias Engel dem CDU-Fraktionsvorsitzenden zu, ein vollständiges Organigramm zu erarbeiten, worin die tatsächliche Aufbauorganisation der Stadtverwaltung Mönchengladbach abgebildet sein würde.

Durch diese, auch vom Hauptverwaltungsbeamten und Verwaltungschef Felix Heinrichs unterstützte Zusage im Hauptausschuss (als Personalausschuss) wurde vermieden, dass Schlegelmilch einen dementspre­chenden Antrag stellen musste, der dann (möglicherweise aus prinzipiellen Erwägungen heraus) von der Ampel-Mehrheit abgelehnt worden wäre.

So konnten die Ampel-Vertreter zustimmend nicken und mussten sich nicht explizit positionieren.

Dass die Ampelvertreter sicherlich gerne auf eine Diskussion um den Stellenplan verzichtet hätten, deutete sich schon im Pressegespräch am 28.11.2022 zum Haushalt 2023 an.

Dabei stellte sich heraus, dass man sich mit dem Stellenplan 2023 und der darin von der Verwaltung vorgeschlagenen Mehrung von annähernd 150 Stellen kaum beschäftigt hatte.

Es wurde offensichtlich, dass die Ampelvertreter nicht realisiert hatten, dass mit der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs auch der Stellenplanentwurf „eingebracht“ wurde und zur Beschlussfassung anstehen würde.

Dies wurde auch dadurch deutlich, dass man die Gründe zu keiner der vielfältigen „Stellenmehrungen“ oder „Stellenminderungen“ kritisch hinterfragt hatte.

Dies war auch weiter nicht verwunderlich, verfügte doch – bis auf Achim Wyen (FDP) – niemand aus der Riege der Fraktionssprecher über Erfahrungen in Leitung und Führung oder gar in Personalwirtschaft.

Ähnlich wie in Unternehmen der „freien Wirtschaft“ werden in Kommunen die Stellenbedarfe den Aufgabenfeldern zugeordnet, die hier als „Produkt“ bezeichnet werden.

Hätten sich die Fraktionen tatsächlich mit dem Stellenplan 2023 befasst, wäre ihnen sicherlich aufgefallen, dass zu annähernd zwanzig „Produkten“ die entsprechenden Stellenangaben schlichtweg fehlten, der Stellenplan also unvollständig war.

So wäre ihnen möglicherweise ebenfalls aufgefallen, dass beim Produkt „0111040 – Korruptions­bekämpfung“ im Stellenplanentwurf zum Doppelhaushalt 2021/2022 noch 9,5 Stellen, im finalen Stellenplan 2023 nur noch 1,56 Stellen genannt wurden wofür es möglicherweise eine nachvollziehbare Erklärung gegeben hätte.

Ergänzende Eindrücke zur Personalsituation in der Mönchengladbacher „Kern“-Verwaltung vermittelten die Ausführungen des Personaldezernenten und des Personalrates:

Neben der Beschreibung der aktuellen (Krisen-)situation beklagt Matthias Engel den zunehmenden Fachkräftemangel, auf den die Personalgewinnungsstrategie anzupassen sei.

Dabei gibt er keinen Einblick in eine solche „Strategie“ und lässt somit die Öffentlichkeit und die Politiker im Unklaren.

In gleicher Weise blieb unklar, ob es einen „Plan“ gibt, der darauf ausgerichtet ist, den demogra­fischen Wandel im Sinne von rechtzeitigem Ersatz erkennbar altersbedingt ausscheidender Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Darauf, dass ein nicht geringer Teil der Personal­knapp­heit und dadurch verursachte Personalüber­lastungen auch auf politische Beschlüsse und von der Fachverwaltung angestoßenen Beschlüsse zurückgeführt werden kann, lässt er außer Betracht.

In seiner Stellungnahme legt der Personalrat (PR) – wie es auch seine Aufgabe ist – an vielen Stellen die Finger in diverse Wunden.

Dabei hebt er auf die Zusatzbelastungen von Mitarbeitern ab, die Aufgaben von unbesetzten Stellen zu übernehmen hätten.

Darin sieht der PR einen wesentlichen Auslöser für Überlastungen und einen hohen Krankenstand.

„In den kommenden Jahren wird eine Vielzahl von Beschäftigten in den Ruhestand treten. Diese personellen Lücken heißt es zu schließen, um einer Überlastung des verbleibenden Personals vorzubeugen und die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes sowie der Dienstleistungen für die Bürger*innen sicher zu stellen“, heißt es in der Stellungnahme.

Eine besondere Bedeutung komme dem Wissenstransfer in den nächsten Jahren zu.

Hier sei vorhandenes Knowhow, Kompetenzen und Erfahrungen in der Verwaltung zu halten und auch weiterhin nutzen zu können.

Nach Meinung des Personalrates müssen hier neue Wege gegangen werden.

Es sei vorstellbar, Nachfolgerinnen oder Nachfolger frühzeitig auszuwählen und dann temporär bereits im neuen Aufgabengebiet unter Nutzung des Wissens der noch tätigen Stelleninhaber einzuarbeiten.

Auf vieles von dem hatte schon Peter Holzenleuchter in seinem Demografiebericht 2010 hingewiesen.

Die Statements des Personaldezernenten, des Personalrates, des CDU-Fraktionsvorsitzenden und die wenig aussagekräftigen Wortbeiträge von Ampelvertretern lassen den Schluss zu, dass der offensichtlichen „systemischen Intransparenz“ rund um Personalentwicklung, die Stellenplanung entgegengewirkt werden müsste.

Dies erfordert u.a.

  • eine frühzeitigere Sensibilisierung der Politik hinsichtlich eines restriktiveren Personalaufwandes
  • ein kontinuierliches und transparentes Personalmonitoring (Personalbericht usw.) und
  • eine Reaktivierung eines „echten“ Personalausschusses (ggf.)

Frühzeitige „Sensibilisierung“

Dazu müssen sich die Politiker der Stellenplanung mit der gleichen Intensität widmen, wie den übrigen Aspekten der Haushaltplanungen und zwar schon unmittelbar nach der „Einbringung“ des Haushalts durch den Kämmerer.

Das würde umso leichter fallen, wenn Verwaltung und Politik in ihren Beratungsvorlagen und Anträgen die Abschätzungen zum Personalaufwand mit der gleichen Priorität darstellen (lassen) würden, wie die „Finanzwirksamkeit“, die sich bislang ausschließlich auf „Geldausgeben“ fokussiert.

Dann würde es auch nicht dazu kommen, dass ein Oberbürgermeister (oder ein Kämmerer oder ein Fachdezernent) nicht weiß, welche Kosten der Stadt durch ein „Planspiel“ entstanden sind.

Wie etwa im Januar 2016, als der damalige Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) eingestehen musste, nicht zu wissen, was das „Image-Abenteuer“ mit Marek Lieberberg zu „Rock im JHQ“ gekostet habe.

„Stellen- und Personalmonitoring“

Der Begriff „Monitoring“ wird in vielen Zusammenhängen genutzt und bedeutet übersetzt „kontinuierliche Beobachtung und Analyse“.

Mit Datum vom 01.12.2010 legte die Verwaltung (damals unter Federführung des CDU-Personaldezernenten Peter Holzenleuchter) dem Hauptausschuss einen so genannten „Demografiebericht für das Personal der Stadt Mönchengladbach“ vor.

Die damalige Erläuterung dazu hat nach nunmehr 12 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt:

„Neben den Handlungsfeldern Finanz-, Informations- und Organisationsmanagement ist vor allem das kommunale Personal­management in besonderer Weise von dem demografischen Wandel betroffen. Zum einen müssen Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, zukünftig anderen und nicht selten höheren Ansprüchen zu genügen. Zum anderen sind die Mitarbeiter selbst Teil der demografischen Entwicklung.“ (Zitat Ende).

Einen ähnlichen Bericht wie 2010 mit der Bezeichnung „Personal­plan“ gab es 2012/2013.

Im Zuge der Genehmigung des Haushaltssanierungsplans (HSP) im Jahr 2012 hatte die Bezirks­regierung Düsseldorf ein „umfängliches Berichts­wesen“ gefordert, sollte der „Demografie­bericht“ fortgeschrieben werden und ein „Personal- und Organisations­konzept“ (POK) sowie ein „Personalent­wick­lungs­­­konzept“ erarbeitet werden.

Auffällig ist, dass es schon im Demografiebericht 2010 sehr detaillierte Aussagen zur „Verteilung der altersbedingten Fluktuation nach Tätigkeitsgruppen und Tätigkeiten“ gab, die bis ins Jahr 2025 reichten.

Es ist derzeit nicht festzustellen, dass eines dieser 2012/2013 angekündigten Konzepte tatsächlich erarbeitet wurde oder in anderer Form existieren.

Möglicherweise „schlummern“ derartige Papiere in irgendeiner „Giftschublade“ mit dem Vermerk „streng vertraulich“.

Reaktivierung eines „echten“ Personalausschusses?

Wer den CDU-Fraktionsvorsitzenden Hans Peter Schlegelmilch länger beobachtet, dürfte ihn nicht als „nostalgisch“ eingeordnet haben, als er in Rahmen seiner doch sehr ausführlichen Einlassungen im Hauptausschuss (als Personalausschuss) am 01.12.2022 bedauerte, dass es keinen (wirklichen) Personalausschuss mehr gebe.

Wann, aus welchen Gründen und auf wessen Veranlassung dieser Personalausschuss aufgelöst wurde, lässt sich nicht mehr feststellen.

Nicht auszuschließen ist eine politische Initiative für die (Wieder-)einrichtung eines Personalausschusses, der sich – vorberatend für den Stadtrat – u.a. mit diesen Themenfeldern befassen könnte:

  • Personalentwicklungsstrategie und -planung
  • Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung u.a. gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) und deren Auswirkungen auf die Verwaltungsprozesse
  • Qualitätsmanagement (Ziel: Zertifizierungsfähigkeit von Prozessen)
  • Stellenplanung (incl. Stellen- und Personalbemessung)
  • Personalkostenentwicklung
  • Stellen- und Personalmonitoring (Demografie, Fluktuation, Krankenstand, Überlastungsanzeigen, …)

Dass damit insbesondere der Hauptausschuss entlastet würde, liegt auf der Hand.