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Wer sich dafür interessierte, was vier Mönchengladbacher Bundestagskandidaten zur Mobilität zu sagen hatten, konnte zwischen zwei Optionen wählen:

  1. In Präsenz in der Mönchengladbacher City-Kirche
  2. über Youtube

Während „Präsenz“ die Möglichkeit bot, Atmosphäre hautnah mitzuerleben, anschließend mit Protagonisten zu sprechen und sich  mit Zuhörern auszutauschen, konnte man „parallel zu Youtube“ andere Dinge erledigen, oder einfach nur abschalten.

Technisch auf höchstem Stand und gut durchorganisiert versprachen es interessante 90 Minuten zu werden.

Lediglich die Moderation hätte besser verlaufen können, weil die Protagonistinnen und Protagonisten an den Stehtischen besonders in der Anfangsphase nicht wussten, in welcher Reihenfolge sie auf die Fragen der Spezialisten antworten sollten.

Auch hätten sich viele Zuhörer gewünscht, dass der Moderator „moderat“ steuernd eingegriffen hätte, wenn Kandidaten nicht auf die Fragen eingingen, sondern in epischer Breite und teilweise nervig ihre „Herzensthemen“ propagierten.

Die einzigen, der auf präzise Fragen meist auch präzise antworteten, waren Dr. Günter Krings (CDU) und Peter König (FDP).

Dennoch seien aus Chronistensicht drei erwähnenswerte vermeintlich „Highlights“ hervorgehoben, teilweise kommentiert und an das vom ADFC gewählte Thema der Veranstaltung „Raus aus der Stadt, aber wie“ erinnert.

Diese Diskussionsrichtung wurde nur selten eingeschlagen.

Erwartungsgemäß drifteten die Antworten der Kandidaten häufig in die verkehrliche Situation in der Stadt Mönchengladbach ab, was zum einen einiger Fragestellungen geschuldet war, zum anderen aber auch deutlich machte, dass insbesondere die beiden Damen inhaltlich nicht gut vorbereitet waren.

„Highlight“ Nr. 1: (von Minute 0:39:00 bis 0:48:00 im Originalvideo)

Den Reigen der Fragen eröffnete die stellvertretende Bundesvorsitzende des ADFC, Rebecca Peters mit ihrer Frage, ob sich die Kandidaten für die Überarbeitung von Gesetzen einsetzen würden, wodurch Radwege zukünftig nicht mehr beispielsweise durch Unfallzahlen begründet werden müssten.

SPD-Bundestagskandidatin Gülistan Yüksel ging gar nicht auf die Frage ein, sondern hob in ihrer Antwort auf den kürzlich in Mönchengladbach initiierten Radentscheid ab und bezeichnete Rebecca Peters als dessen Initiatorin.

Pikant: Die wirklichen Initiatorinnen und Initiatoren des Radentscheides Mönchengladbach und deren Unterstützer saßen im Publikum und wunderten sich nicht schlecht ob dieser Äußerungen.

Bezeichnend und einfach nur peinlich

„Highlight“ Nr. 2: (ab ca. Minute 1:11:00 … 1:21:00)

Detlef Neuß, Bundesvorsitzender von ProBahn, wollte von den Kandidaten wissen, was sie unternehmen würden, um die Schieneninfrastruktur auszubauen und hatte dazu exemplarisch den „Haltepunkt Hochschule“ genannt.

Dr. Günter Krings (CDU) „outete“ sich als Befürworter der Weiterführung der S8 über Mönchengladbach hinaus (z.B. bis Erkelenz) und für die Einrichtung dieses Haltepunktes, obwohl ihm sehr wohl bekannt war, dass seit Jahren gutachterlich belegt ist, dass der dazu erforderliche 3-gleisige Ausbau des Streckenabschnittes zwischen Mönchengladbach Hbf und Rheydt Hbf eisenbahntechnisch und wirtschaftlich „nicht darstellbar“ ist.

Niemand der anderen Kandidaten wagte – möglicherweise mangels Wissen – zu widersprechen. Alle beteiligten sich damit am „Ritt auf diesem toten Pferd“.

Unverständnis bei manchem Zuhörer, Tendenz zum Populismus

„Highlight“ Nr. 3: (ab ca. Minute 2:01:00 … 2:05:00)

Zum Ende der Veranstaltung bat Yüksel für sich und die übrigen Kandidaten darum, noch ein „Schlusswort“ von einer halben Minute sagen zu dürfen.

Obwohl kaum jemand in der City-Kirche den kausalen Zusammenhang beispielsweise zwischen Mobilität, Klimakrise und „Umweltsünden“ angezweifelt hatte, nutzte Kathrin Henneberger diese Gelegenheit, ihr persönliches Engagement am Grubenrand von Garzweiler hervorzuheben und subtil eine Einladung zum Widerstand auszusprechen, um „Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung“ zu werden.

Ihre erneut themenferne Bemerkung an diesem Abend wurde von diversen Teilnehmern nach der Veranstaltung als vollkommen deplatziert eingeordnet.

Resümee:

Ob diese Veranstaltung für die Zuhörer und Zuseher etwas Erhellendes gebracht hat, dürfte jede und jeder für sich selbst entschieden haben.

Sie haben Spezialisten erlebt, die präzise Fragen stellten, die vielfach unverbindlich und nur mit Worthülsen beantwortet wurden, offensichtlich um Unwissen in der Sache zu kaschieren.

Insofern unterschied sich diese Veranstaltung kaum von ähnlichen Veranstaltungen mit anderen Themenstellungen in diesem Bundestagswahllkampf.

Zur Ehrenrettung der engagierten Mönchengladbacher ADFC-Mitglieder, die diese Veranstaltung vorbereitet und durchgeführt haben, ist festzustellen, dass sie nicht für die Antworten der Kandidaten, deren inhaltliche Vorbereitung und deren Auftreten verantwortlich gemacht werden können.

Als „Amateure“ (im positiven Sinne = „Liebhaber“) mit Sachkenntnis auf durchaus professionellem Niveau boten sie eine Plattform an, die von etwa 75 Präsenz-Zuseherinnen und Zusehern (zuzüglich einer unbekannten Zahl von Youtube-Sehern) zur „Entscheidungsfindung“ genutzt werden konnte, zur Bundestagswahl am nächsten Sonntag ihr Kreuzchen an der „richtigen Stelle“ zu machen.