Nachdem in Mönchengladbach zwölf Parteien zur Kommunalwahl 2025 zugelassen wurden, konnte eine Zersplitterung des Stadtrates befürchtet werden, die aber so nicht eingetreten ist.
Mit Ausnahme von VOLT und BSW, die mit jeweils einem Sitz im neuen Rat vertreten sein werden, hat sich wenig geändert.
Die AfD legte gegenüber 2020 erwartungsgemäß zu und errang weitere 6 Sitze hinzu, die Grünen verloren 10 Sitze, CDU und FDP jeweils zwei und die SPD blieb konstant bei 20 Sitzen.
Insgesamt reduzierte sich der Stadtrat um 6 Sitze (2020) auf 70 Sitze, so dass der bisherige Ratssaal im Historischen Rathaus in Rheydt platzmäßig ausreichen würde.
Die Veränderungen im Stadtrates sind geprägt von Änderungen innerhalb der einzelnen Gruppierungen, die im Folgenden näher betrachtet werden.
Zum Gesamtbild gehören Rückblicke und Perspektiven ebenso, wie ein aktuelles parteienfokussiertes Ranking der Stimmenanteile, den die Kandidaten in den einzelnen Wahlbezirken erreichen konnten.
Ein weiterer Betrachtungsaspekt ist der so genannte „Legitimationsgrad“ der einzelnen Direktkandidaten, der ein Maß für die politische Ausgangslage nach der Kommunalwahl ist.
Je höher der Legitimationsgrad, desto stärker ist die Rückendeckung in der Bevölkerung, je niedriger, desto wichtiger wird es, Bürgerinnen und Bürger aktiv einzubeziehen, um Entscheidungen gesellschaftlich abzusichern.
Letzteres hat in der Vergangenheit in Mönchengladbach kaum funktioniert.
Ob sich das bessert, hängt stark von jedem einzelnen Mandatsträger und seiner (persönlichen) Motivation ab, politisch aktiv zu sein.
Konkret: Was bewegt eine Mandatsträgerin / einen Mandatsträger wie abzustimmen?
Persönliche Vorteile, Fraktionszwang, Kooperationszwang oder sachlich fundierte Gründe?
Kandidaten-Ranking „Stimmenanteil“
Hintergründe & Perspektiven
... zur AfD
Die AfD ist keine „neue“ Partei in Mönchengladbach.
Seinerzeit war es noch die EURO- und europakritische „Lucke-AfD“.
Damals errang die AfD 1,45% der Stimmen und einen Sitz im Mönchengladbacher Stadtrat.
Nach der Kommunalwahl 2020 war die AfD mit 5,94% und fünf Personen in den Rat eingezogen, von den eine Person nicht Mitglied der Fraktion wurde
Er sollte sich – so der Vorwurf – eine Wählbarkeitsbescheinigung mit einer Scheinadresse in Mönchengladbach erschlichen haben.
Seit Beginn der Ratsperiode 2020 unterstützte die 4-köpfige AfD-Fraktion unter Führung von Corina Bülow weitgehend die Ansinnen der CDU-Fraktion ohne entscheidende Wirkung zu erzeugen.
Das im Stadtrat verbliebene AfD-Mitglied Horst Jakobs hatte als „Einzelkämpfer“ das Recht für sich in Anspruch genommen, Mitglied in einem Ratsausschuss zu sein und wählte hierzu den Planungs- und Bauausschuss.
Jakobs ist in der Vergangenheit nicht als Verfechter rechtsradikaler AfD-Parolen aufgefallen.
Holger Hexgen gehört mit 10 weiteren Personen der neu gebildeten AfD-Fraktion an und könnte – seinem Naturell entsprechend – zu den „aggressiveren“ zu zählen sein.
AfD-OB-Kandidat Michael Immel dürfte als Anführer der AfD-Reserveliste – möglicherweise moderater – auftreten, hatte aber in einer „Podiumsdiskussion“ der Freien Wähler in einer Neuwerker Kleingartenanlage angekündigt, „alte“ Anträge der CDU-Ratsfraktion aufzugreifen und diese erneut zu thematisieren.
Diese Ankündigung erinnert stark an die Äußerung des AfD-Mitbegründers Alexander Gauland: „…Wir werden sie jagen …!“.
Im „Ranking“ der erreichten Stimmenanteile bleibt Hexgen deutlich unter 20% und rangiert auf Platz 7 der AfD-Rankingliste.
Auch beim Legitimationsgrad, also dem „Rückhalt“ in seinem Wahlbezirk bleibt er unterhalb des Durchschnitts des „Legitimationsgrades“ sowohl bei den Einwohnern als auch bei den Wahlberechtigten.
... zu B90/Die Grünen
Dass B90/Die Grünen nicht – wie 2020 – in einem Wahlbezirk ein Direktmandat erringen würde, war klar.
Dass sie jedoch ein derart drastischen „Absturz“ erleben würden, war nicht so klar, zeichnete sich jedoch spätestens Mitte der Ratsperiode ab, als die Fraktion – und hier besonders die Fraktionsspitze um Dr. Boris Wolkowski – bei vielen Themen OB Felix Heinrichs (SPD) „zu Diensten“ war, kein eigenes Profil manifestierte und ständig bemüht war, den vermeintlichen „Ampel-Frieden“ nicht zu gefährden.
Auch nach außen erkennbare fraktionsinterne Meinungsunterschiede schienen nicht ausdiskutiert oder in der „realen“ Politik berücksichtigt worden zu sein.
Erschwerend hinzu kam, dass in der Parteiführung von einer Kontinuität nicht die Rede sein konnte, damit eine parteistrategische Ausrichtung unterblieb und letztlich die „Fraktionslinie“ zum Maßstab wurde.
Diese und der an „Jugendwahn“ grenzende (möglicherweise gutgemeinte) Versuch, möglichst viele – vor allem junge Neumitglieder – an die politische Arbeit heranzuführen, hatte zur Folge, dass manche kompetente und engagierte Grünen sich für eine „innere Kündigung“ entschieden, ihre politische Arbeit einstellten und für die Kommunalwahl 2025 nicht mehr zur Verfügung standen.
So wurden bei einer denkwürdigen Mitgliederversammlung in der Aula des Gymnasiums an der Gartenstraße eine (wichtige, weil richtungsweisende) Reserveliste für den Stadtrat beschlossen, die einerseits bestimmten Personen zukünftige Positionen sicherte, andererseits Personen mit langjähriger politischer Erfahrung und ausgewiesener Fachkompetenz „auf die Plätze“ verwies.
Exemplarisch dafür war der ehemalige Mönchengladbacher Baudezernent Andreas Wurff.
Dieser hatte sich um den Listenplatz 8 „beworben“, war jedoch dem wesentlich jüngeren Andreas Wigan unterlegen, der mit lediglich 6,73% im Ranking an fünftletzter Stelle rangierte und – nicht unerwartet – auch in der Bezirksvertretung West nicht vertreten sein wird.
Wurff erzielte in seinem Wahlbezirk das beste Ergebnis aller 33 grünen Direktkandidaten und liegt mit einem Legitimationsgrad von 6,13%, weit vor dem im Ranking zweitplatzierten Marcel Klotz, der unter 3% blieb.
Und dass, obwohl Klotz als OB-Kandidat von B90/Die Grünen sowohl einen höheren Stimmenanteil als auch einen höheren Legitimationsgrad hätte erwarten lassen.
Bitter wird es auch für die jetzt ehemalige Bezirksvorsteherin im Mönchengladbacher Norden, Monika Halverscheid, sein.
Sie hat in den vergangenen fünf Jahren gezeigt, was man als Bezirksvorsteherin für ihre Bürgerinnen und Bürger alles erreichen kann, ohne Parteiinteressen in den Vordergrund zu stellen.
Sollte sie weiterhin politisch tätig sein wollen, wäre dies allenfalls in der Bezirksvertretung Nord möglich und auch nur dann, wenn entweder Andreas Wurff oder Marion Manske ihre dortigen Plätze räumen würden.
Alles in allem ist nicht auszuschließen, dass alte und neue grünen Fraktionsvorstand – angesichts der Unerfahrenheit der vergangenen Parteispitzen – erheblichen Einfluss auf die Reserveliste der Grünen genommen hat und auf die Benennung von grünen Vertretern in Ausschüssen und Aufsichtsgremien nehmen wird.
... zur CDU
Die Mönchengladbacher CDU ist Wahlgewinner und Wahlverlierer gleichzeitig.
„Gewinner“, weil sie den Status der stärksten Fraktion im Stadtrat behalten hat, „Verlierer“ deshalb, weil sie in einigen Wahlbezirken ihre „angestammten“ Direktmandate an die SPD abgeben musste.
Hervorzuheben ist der Wahlbezirk 13 (Hardterbroich/Grünviertel), in dem Michael Schroeren über viele Ratsperioden „Platzhirsch“ war und nunmehr seine politische Karriere beenden musste.
Finanziell und wirtschaftlich hatte es dem nunmehr über 70jährigen Immobilienmakler „nicht geschadet“ (eher umgekehrt).
Das Ende der „Ära Schroeren“ dürfte noch eine weitere Auswirkung haben, denn damit würde ein „Nachrücken“ seiner Tochter, die ihm – wenn es denn zutrifft – folgen sollte, falls er vorzeitig aus dem Rat ausgeschieden wäre, in dieser Ratsperiode nicht möglich sein.
Der Gewinner in der CDU schlechthin ist Robert Baues, der sich seit Jahren unangefochten den Wahlbezirk 18 Bettrath-Hoven sichert.
Mit über 46% Stimmenanteil führt er seit langem die Rankingliste der 33 CDU-Kandidaten an und erreicht beachtliche Legitimationsgrade von über 27% bei den Wahlberechtigten und annähernd 23% bei allen Einwohner des Wahlbezirks.
Diese „Spitzenwerte“ spiegeln das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Bettrath-Hoven wider, die er mit seiner seriösen, unaufgeregten und ihnen zugewandten Art überzeugt.
Sofern Baues das überhaupt wollen würde, würde er genau diese Eigenschaften, als ehrenamtlicher Stellvertreter des Oberbürgermeisters einbringen können.
Und das ohne auf erhöhte Einkünfte aus diesem Amt zu reflektieren.
Baues ist darüber hinaus keinem der immer noch innerhalb der Mönchengladbacher CDU bestehenden „Lager“ zuzurechnen.
Als solche werden diverse Personen um den ehemaligen Giesenkirchener Ratsherrn und 2014 gescheiterten OB-Kandidaten Frank Boss einerseits zu zählen sein und andererseits die Personen um den CDU-Kreisparteivorsitzenden Jochen Klenner.
Klenner ist es als Parteivorsitzender ebenso wenig gelungen, die Lagerbildung in der CDU aufzulösen, wie seinem Vorgänger Dr. Günter Krings.
Im Gegensatz zu Dr. Krings, für den es schwierig war, nehmen seiner exponierten Position im Deutschen Bundestag, den Kreisverband zu „befrieden“, scheint Klenner durch seine Position – gewollt oder ungewollt – ein eigenes „Lager“ anzuführen, dem auch seine MdL-Kollegin Vanessa Odermatt angehören soll.
„Heruntergebrochen“ könnte diese „Lagerbildung“ bis in die CDU-Fraktion hinein wirken.
Der alte und neue Fraktionsvorsitzende Fred Hendricks ist ob dieser Situation nicht zu beneiden, zumal auch nicht wenige aus diesen „Lagern“ Ansprüche auf einflussreiche und „ertragreiche“ Funktionen in den Gremien und den Aufsichtsräten erheben werden.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass Hendricks zu beabsichtigen scheint, bei der nächsten Wahl des Fraktionsvorstandes (in ca. 2 Jahren) nicht mehr für dieses Amt zu kandidieren.
... zur DIE LINKE
DIE LINKE ist die Partei, die am Meisten von den Entwicklungen nach der Bundestagswahl „profitiert“.
Zumindest, was die verbesserten Stimmenanteile und die damit einhergehende Vergrößerung der Ratsfraktion auf 4 Sitze anbelangt.
„Profitiert“ hat DIE LINKE auch vom schlechten Abschneiden der Partei „Die PARTEI“, deren verbliebendes Ratsmitglied Ulas Zabci sich der Linksfraktion angeschlossen hat.
Weit im Vorfeld zur Kommunalwahl hatte es innerhalb der Linken erhebliche – auch persönliche – Verwerfungen gegeben, mit der Folge, dass der langjährige Fraktionsgeschäftsführer Erik Jansen diese (vergütete) Funktion aufgab, aus der Partei austrat und politisch von Rheindahlen aus für die Bezirksvertretung West die Wählergruppe „DeinBezirkWest!“ initiierte und in den drei Stadtbezirken Rheindahlen, Wickrath und Holt im Wahlkampf antrat.
Vollkommen unabhängig von dieser Personalie wird auch der langjährige Fraktionssprecher der Linken, Torben Schultz, in der Linken-Fraktion keine Rolle mehr haben.
Da er auch nicht für eine Bezirksvertretung kandidiert hatte, könnte er allenfalls in einem Ausschuss politisch aktiv bleiben, so ihn DIE LINKE denn benennt.
... zur FDP
Neben den Grünen ist die FDP die zweite Verliererin der diesjährigen Kommunalwahl.
Ursachen für den Verlust von zwei Ratssitzen sind, die gleichzeitig der Verlust des Fraktionsstatus bedeutet, nicht zwingend in der Mönchengladbacher Kreispartei zu suchen.
Vielmehr scheint diese Partei „Opfer“ ihrer Bundespartei und deren Ex-Vorsitzenden Christian Lindner geworden zu sein.
Die Verluste könnten zur Folge haben, dass zukünftig eine FDP-Geschäftsstelle und ein Geschäftsführer nicht mehr finanzierbar sein werden und damit der Geschäftsführer Reiner Gutowski und die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle sich um andere bezahlte Beschäftigungen kümmern müssen.
Denn: Mit 2 Ratsmitgliedern kann die FDP nur noch als „Gruppe“ im Rat agieren, was nicht nur geringere Aufwandszuschüsse für deren Organisation bedeutet, sondern auch die politischen Rechte einschränkt.
Hervorstechend ist das außergewöhnlich gute Abschneiden von Henning Haupts, das den Beweis liefert, dass persönliches Engagement und eine gute Vernetzung „vor Ort“ – unabhängig von Parteizugehörigkeit – von den Wählerinnen und Wählern gutiert wird.
... zur SPD
„Es ist schon ein Lob, nicht getadelt zu werden“, heißt es.
In Abwandlung dieses Spruchs, kann sich die Mönchengladbacher SPD als wirklicher Wahlsieger sehen, weil sie nur vereinzelte Direktwahlbezirke verloren hat, sondern einige von der CDU übernehmen konnte.
Hinzu kommt, dass der Gewinner der Wahl zum Hauptverwaltungsbeamten, Felix Heinrichs, sowohl über die Reserveliste ein Ratsmandat erringen konnte, er „qua Amt“ Ratsmitglied wurde und damit ein Kandidat der Reserveliste „nachrücken“ konnte.
Somit hat die neue SPD-Ratsfraktion (wieder) 20 Sitze und verfügt somit faktisch (plus OB) über 21 Stimmen im neuen Stadtrat.
Im Vorfeld hatte es Irritationen und Diskussionen gegeben, warum Gülistan Yüksel den Spitzenplatz der Reserveliste für sich reklamiert hatte und damit einem/einer anderen Person die Möglichkeit genommen hätte, kommunalpolitisch eine „größere Rolle“ zu spielen.
Finanzielle Gründe hätten es nicht gewesen sein können, wäre Yüksel doch durch die Einkünfte aus ihrer Bundestagstätigkeit und das ihr zustehende Überbrückungsgeld wirtschaftlich hinreichend „abgesichert“.
Kommunalpolitisch sei sie – trotz ihres Vorsitzes im SPD-Unterbezirk – inhaltlich weit weg gewesen vom politischen „Tagesgeschäft“ in Mönchengladbach.
Also alles nur eine „Image-Angelegenheit“?
Wie dem auch sei, sollte es zu einer Kooperation in Mönchengladbach kommen, dann wäre nur eine zwischen CDU und SPD möglich, die dann im Rat über eine satte Stimmenmehrheit von 45 Stimmen (CDU: 24, SPD 20 & OB) von insgesamt 70 Ratsmitgliedern verfügen würde.
Josephine Gauselmann wird kaum noch 1. (ehrenamtliche) Stellvertreterin des Oberbürgermeisters bleiben können, sondern muss sich allenfalls mit „2. (ehrenamtliche) Stellvertreterin des Oberbürgermeisters“ zufrieden geben.
Finanziell würde das gegenüber der auslaufenden Ratsperiode eine Reduzierung der jährlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von ca. 10.000 EURO bedeuten, die aber möglicherweise durch andere Ämterbezüge „entschädigt“ werden würden.















ERGÄNZUNG/KORREKTUR:
Im Textbereich „zur CDU“ wurde erwähnt, dass der pder die Lebensälteste die Konstituierende Sitzung des Stadtrates eröffnen und anfänglich leiten würde.
Das hatte die Landesregierung in diesem Jahr mit dem Gesetz„Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen“ geändert und klargestellt:
„… dass das Mitglied, welches dem jeweiligen Vertretungsorgan am längsten ununterbrochen angehört, diese vornimmt.“ (Zitat Ende)
Aus dieser Formulierung ist abzuleiten, dass diese Regelung auch für die übrigen Ratsgremien und die Bezirksvertretungen gilt.