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Bekanntlich versuchten CDU und SPD seit mehreren Jahren die Weiterführung der S28 über Kaarst hinaus bis Viersen zu verhindern und/oder mit eigenen Vorstellungen bezüglich des Eisenbahnverkehrs in und um Mönchengladbach zu verknüpfen.

So titelte die RP schon am 01.02.2010 „Regiobahn: Stadt gegen Verlängerung“ und wies darauf hin, dass die Regiobahn „mitten durch den Garten“ von Anwohnern in der Neuwerker Donk führen würde.

Am 02.06.2015 bekräftigten CDU und SPD (als GroKo) diese Position mit einer ausführlichen Tischvorlage im Planungs- und Bauausschuss und wollte die S28 als „singuläres Projekt“ nicht unterstützen.

Unterzeichner dieses Fraktionsantrages waren für die CDU: Dr. Hans Peter Schlegelmilch und für die SPD: Felix Heinrichs

Dem vorausgegangen war u.a. eine „Handreichung“ der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Ost vom 21.05.2015, deren Anlass die Beratungsvorlage 806/IX vom 07.05.2015 war.

In der „Handreichung“ stellte die CDU-Fraktion Ost zehn Fragen, von denen in bestechender Weise einige denen ähnelten, wie sie aktuell von der Fachverwaltung beantwortet wurden, wie beispielsweise:

  • Besteht die Gefahr, dass der Streckenausbau auch für den Güterverkehr genutzt wird (…)? Ist der Güterverkehr insbesondere nachts auszuschließen? (Frage 1)
  • Weshalb sind – so zumindest der Kenntnisstand der Unterzeichner – nie auch alternative Streckenführungen in Betracht gezogen worden? Warum wird der Streckenverlauf nicht zur besseren Erreichbarkeit näher an die Siedlungsgebiete Willich/Neersen herangelegt? (Frage 6)
  • Existieren alternative Projekte bzw. Streckenführungen mit geringerem Betriebskostendefizit? (Frage 10)

Schon in 2015 gab es das Angebot der die Regiobahn GmbH tragenden Kommunen an die Stadt Mönchengladbach, einem LOI (Letter of Intent = „Gemeinsame Erklärung“) beizutreten.

In der Ratssitzung am 17.06.2015 wurde ein solcher Beitritt mehrheitlich abgelehnt (12 Stimmen für einen Beitritt).

Dass es nunmehr (nach sechs Jahren) doch zu einer „Gemeinsam Erklärung“ mit Beteiligung und Unterstützung eines S28-Vorhabens kommen dürfte, liegt pikanterweise im Kern an der Stadt Mönchengladbach selbst.

Sie war es nämlich, die durch ihre Initiative für eine Radschnellverbildung Krefeld-Mönchengladbach die Änderung des Flächennutzungsplans und den Vorentwurf zum Bebauungsplan 0803/O die Diskussion um die S28 erneut anstieß.

In diesem BP-Vorentwurf hatte die Fachverwaltung angekündigt:

„Der ehemalige Bahndamm vom Nordring / Süchtelner Straße bis zur Stadtgrenze mit Willich ist derzeit noch als Bahnfläche gewidmet. Die Entwidmung beziehungsweise Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 Allgemeinem Eisenbahngesetz (AEG) wird unmittelbar nach Erwerb durch die EWMG beim Eisenbahnbundesamt beantragt. …“ (Zitat Ende)

Auch wenn von einer solchen Entwidmung u.a. „nur“ die Katasterfläche 330 betroffen wäre, so hätte dies dennoch zu einem Aus für die S28 führen können, was naturgemäß in den Nachbarkommunen zu entsprechenden Reaktionen führte.

So wurde Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) von seiner „eigenen“ Verwaltung in die Situation gedrängt, „Schadensbegrenzung“ für die nachbarschaftlichen Beziehungen zu betreiben, woraus schlussendlich die neuerliche „Gemeinsame Erklärung“ entstand, der – trotz der Widerstände aus Neuwerk – am 30.06.2021 voraussichtlich auch vom Mönchengladbacher Rat zugestimmt werden wird.

Ob die CDU sich dazu durchringt, ebenfalls zuzustimmen, wird man sehen.

Nachstehend die fünf Fragenkomplexte der CDU mit Teilfragen und die Antworten der Fachverwaltung.

Einige dieser Fragen und Antworten machen inhaltliche Erläuterungen und Autorenkommentare erforderlich:

CDU-Fragenkomplex 1: "Alternative Streckenführung"

 

Teilfrage(n) der CDU
Antwort der Verwaltung

Wurden bisher vor Erstellung des LOI alternative Streckenführungen planerisch geprüft?

Gab es mögliche Varianten und wenn ja, warum wurden diese nicht in den LOI übernommen?

Zu Beginn der ersten Machbarkeitsstudie für das Projekt S 28 haben die Beteiligten eines Facharbeitskreises (Anrainerkommunen und der VRR) seinerzeit die Prüfung alternativer Streckenführungen angeregt und dem Kreis Viersen empfohlen.

Bereits in der ersten Machbarkeitsstudie waren lange Wege der Willicher Ortsteile von und zu den Haltepunkten erkennbar.

So ist Willich bereits heute schneller über Osterath an Düsseldorf angebunden als über den neuen Haltepunkt Schiefbahn.

Zwar waren alternative Streckenführungen angedacht, wurden jedoch nicht weiter verfolgt und geprüft.

Der Kreis Viersen ist seinerzeit den Anregungen und Empfehlungen nicht gefolgt (nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der gewidmeten alten Bahntrasse).

Welche planerischen Auswirkungen wird eine Verlängerung der S 28 unter Bezugnahme auf die 3. Änderung des Landschaftsplanes (lt. VW-Vorlage Nr. 0712/X v. 17.05.21), zur Neuausweisung der „Donk“ als Naturschutzgebiet haben?

Nach fachlicher Einschätzung des zuständigen Fachbereichs hat die derzeitig angedachte Streckenführung keine Auswirkungen auf den Landschaftsplan und die Neuausweisung der Donk als Naturschutzgebiet.

Die planerischen Auswirkungen der Verlängerung der S 28 auf die Umwelt wird im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens detailliert geprüft.

CDU-Fragenkomplex 2: "Planfeststellungsverfahren"

 

Teilfrage(n) der CDU
  Antwort der Verwaltung

Wird es für das Projekt S 28 ein umfängliches Planfeststellungsverfahren mit allen Umweltverträglichkeitsprüfungen und Öffentlichkeitsbeteiligung geben?

Kann dies von der Stadt Mönchengladbach verbindlich zugesichert werden, obwohl das Planungsverfahren von der Regiobahn/VRR betreut und durchgeführt wird?

Wie ist die Stadt Mönchengladbach als kommunale Fachplanungsbehörde für das Stadtgebiet in das Verfahren eingebunden?

 

Nach hiesiger fachlicher Auffassung ist entsprechend aktueller Rechtsprechung ein Planfeststellungsverfahren unumgänglich, da es sich um eine wesentliche Änderung der alten und gewidmeten Bahntrasse mit der Betroffenheit von Dritten handelt.

Dies ist auch dem Planungsträger Kreis Viersen so bewusst und in der GE verankert.

Die Stadt Mönchengladbach ist an den Planungen im Planfeststellungsverfahren als TÖB zu beteiligen.

Zusätzlich soll sie auch im Rahmen einer einzurichtenden Arbeitsgruppe beteiligt werden, sodass Planungsstände auch in den zuständigen Gremien des Rates vorgestellt werden können.

Zudem werden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Mönchengladbach im Rahmen der gesetzlich normierten Beteiligung der Öffentlichkeit ebenfalls im Planfest­stellungs­verfahren beteiligt.

 

Erläuterungen

(c) Bezirksregierung Arnsberg

 

 

Vor der Errichtung oder der Änderung einer eisenbahn­technischen und/oder betrieblichen Anlage muss im planungsrechtlichen Verfahren zum Beispiel geklärt werden,

  • ob das Vorhaben technisch umsetzbar ist,
  • ob die Planung den geltenden Regelwerken und Sicherheitsstandards entspricht,
  • ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist und falls ja, zu welchem Ergebnis die Umweltverträglichkeitsprüfung führt,
  • ob das Vorhaben öffentliche Belange berührt,
  • ob das Vorhaben Rechte oder Belange Dritter berührt und
  • ob die Rechte Dritter sowie die öffentlichen und privaten Belange in einen gerechten Ausgleich gebracht werden können.
   

 

 

Von „Fachpolitikern / Fachpolitikerinnen“, die im Planungs- und Bauausschuss seit Jahren als Fraktionssprecher fungieren, sollte man erwarten können, dass ihnen – bevor sie einen Fraktionsantrag stellen und ihn mit unterzeichnen – elementare Planungsprozesse wie „Planfeststellungsverfahren „bekannt sind.

Ebenso bekannt sein müsste ihnen, dass in Anträgen gestellte unnötige Fragen in der Verwaltung vermeidbarer Aufwand nach sich ziehen,.

Dies zumal sie in anderen Angelegenheiten und Anträgen anderer politischer Akteure genau solche unnötigen Fragen öffentlichkeitswirksam rügen.

Im Übrigen gibt es hinreichend Fachliteratur, die VOR einer solchen Fragestellung hätte zu Rate gezogen werden können, womit solche unnötigen Fragen vermieden worden wären.

CDU-Fragenkomplex 3: "Güterverkehr"

 

Teilfrage(n) der CDU
  Antwort der Verwaltung  

Wie kann über die Absichtserklärungen der Betreibergesellschaft und der Unterzeichner hinaus sichergestellt werden, dass es keinen Güterverkehr auf der neuen Strecke geben wird?

 

  Im Planfeststellungsverfahren wird nur der Fall des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) mit modernen, elektrischen Zügen geprüft.  
Ist eine Bahnstrecke grundsätzlich immer für Güterverkehr befahrbar, oder kann eine spezielle Widmung für Personennahverkehr erfolgen?  

Die Bedingungen für Güterverkehr werden somit nicht Gegenstand des Verfahrens (Lärm, Schieneninfrastruktur, usw.) und dieser kann somit auch nicht auf dieser Strecke durchgeführt werden.

 

 
Können im Planfeststellungverfahren entsprechende Annahmen (Zahl und Art der Züge mit begrenzten Emissionswerten) vorgegeben werden, die eine Nutzung für Güterzüge dann ausschließt?  

Im Rahmen der konkreten Ausgestaltung der Trasse wird durch verschiedene Maßnahmen technischer und betrieblicher Art der Güterverkehr auf der Trasse ausgeschlossen:

 

  • Der Planfeststellungsbeschluss wird eine Betriebsregelung enthalten, die den Güterverkehr ausschließt.
  • In der Bauausführung wird der von jeglichen Gegenständen freizuhaltende Raum (Lichtraumprofil) derart konstruiert, dass Güterfahrten unmöglich werden.
  • Die Signalabstände werden auf bestimmte Streckenlängen minimiert. Dementsprechend wird die Strecke nur für Züge unterhalb dieser längen freigegeben.
  • Auch über die Bauausführung der Bahnsteige werden Einschränkungen für den Güterverkehr vorgenommen.
 
   

Theoretisch könnte ein Bahnbetreiber in einem neuen Planfeststellungsverfahren auch die Zulassung von Güterverkehr erwirken.

Dies wäre jedoch nicht mit den beschriebenen betrieblichen und technischen Maßnahmen kompatibel und es wären sodann auch Fördergelder zurückzuzahlen sowie bspw. der Lärmschutz zu erhöhen.

 
 

CDU-Fragenkomplex 4: "Begleitende transparente Beratungen"

 

Teilfrage(n) der CDU
Antwort der Verwaltung

Wie wird im weiteren Verfahren sichergestellt, dass sowohl die Fachgremien bis zum Rat als auch die Bevölkerung transparent beteiligt und informiert werden?

 

 

Über weitere Planungsschritte wird seitens der Fachverwaltung in den zuständigen Gremien des Rates berichtet.

CDU-Fragenkomplex 5: "Erweiterung Mönchengladbacher Flughafen"

 

Teilfrage(n) der CDU
  Antwort der Verwaltung

Wurde bei den Verhandlungen zum LOI über die Erweiterung des Mönchengladbach Flughafens und die damit verbundene positive Entwicklung der Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Mönchengladbach (Ansiedlung weiterer Unternehmen) gesprochen?

 

Im Rahmen der Verhandlungen zur Gemeinsamen Erklärung wurde dies nicht thematisiert, jedoch auf anderen thematischen Gesprächsebenen.

Dass sich nach alledem und den vielen „Hintergrunddiskussionen“ der vergangenen Jahre die CDU-Fraktion per Beschluss (alle übrigen Fraktion stimmten dem CDU-Antrag zu) die Verwaltung beauftragt, die ihr gestellten Fragen zu beantworten, unwissend stellt, ist schon ein bemerkenswerter Vorgang.

Vielleicht hatte man sich aus den Antworten des Fachbereichs, den ihr Parteifreud Planungsdezernent Dr. Gregor Bonin anführt noch mehr „Futter“ gegen die S28 erwartet.

Nicht auszuschließen ist, dass sich die CDU dennoch gegen die Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung“ wendet, allein schon deshalb, um die Neuwerker CDU-Politiker mit ihren lautstarken Aktionen nicht „vor den Kopf“ zu stoßen.