Nach der Gemeindeordnung des Landes NRW können sich Ratsmitglieder zu einer Fraktion zusammenschließen, müssen es aber nicht:
„§ 56 – Fraktionen
(1) Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern oder von Mitgliedern einer Bezirksvertretung, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben. …
Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Vertretung mit; sie können insoweit ihre Auffassung öffentlich darstellen. …
(3) Die Gemeinde gewährt den Fraktionen und Gruppen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung.
Die Zuwendungen an die Fraktionen und Gruppen sind in einer besonderen Anlage zum Haushaltsplan darzustellen. …
Einem Ratsmitglied, das keiner Fraktion oder Gruppe angehört, stellt die Gemeinde in angemessenem Umfang Sachmittel und Kommunikationsmittel zum Zwecke seiner Vorbereitung auf die Ratssitzung zur Verfügung. …“ (Zitat Ende)
Es sind also nicht die Parteien, sondern Ratsmitglieder, die Fraktionen oder Gruppen bilden können.
Diesen Weg haben aktuell die beiden Ratsmitglieder der FDP Achim Wyen und Moritz Mittendorf und das VOLT-Ratsmitglied Marco Diawuoh beschritten und könnten Achim Wyen zu ihrem Fraktionsvorsitzen wählen.
Vorangegangen waren wohl intensive Gespräche, insbesondere über die inhaltliche politische Ausrichtung dieser „Fraktionsgemeinschaft“.
Eine solche Fraktionsgemeinschaft könnte für beide Seiten zu einer klassischen „Win-Win-Situation“ werden – politisch, organisatorisch, strategisch und wirtschaftlich.
Das setzt voraus, dass jeder Partner den anderen respektiert und achtet und versucht, auch dessen Interessen gebührend zu berücksichtigen.
Über Fraktionen, Gruppen und „Fraktionslose“
Grundsätzliches
In der Geschäftsordnung des Mönchengladbacher Stadtrats kommen „Gruppen“ nicht vor, wohl aber in der Gemeindeordnung NRW (GO NRW).
„Die FRAKTION“, gebildet von zwei Ratsmitgliedern von „Die Partei“, wurde in der auslaufenden Wahlperiode vom Mönchengladbacher Stadtrat als „Gruppe“ akzeptiert, die – wenn auch in geringerem Umfang als Fraktionen – Kosten für die Geschäftsführung geltend machen konnte.
Ab drei Sitzen wird eine politische Vereinigung nach der GO NRW als Fraktion anerkannt.
Fraktionen haben im Gegensatz zu „Gruppen“ deutlich weitergehende Rechte:
- Anspruch auf eigene Geschäftsstelle und Haushaltsmittel für Personal und Sachausstattung,
- Rede- und Antragsrechte in allen Ausschüssen,
- Vertretung in interfraktionellen Gremien und Beiräten,
- und ein gestärktes Mitspracherecht bei der Besetzung von Ausschussvorsitzen nach dem D’Hondt-Verfahren.
Für Volt wäre der Schritt ein erheblicher Gewinn, denn als Einzelmandat ohne Fraktionsstatus bleiben viele dieser Rechte unzugänglich.
Für die FDP würde sich organisatorisch wenig ändern – sie profitiert aber (gegenüber einem „Gruppenstatus“) von zusätzlicher Legitimation, Sichtbarkeit und Mitwirkungskraft durch den erweiterten Fraktionsstatus.
Aufgrund der momentanen politischen Konstellation dürfte eine FDP/VOLT-Fraktion kaum Anspruch auf einen Ausschussvorsitz haben, wie hier schon dargelegt wurde.
Zwischen Pragmatismus und Balanceakt
Politisch liegen FDP und Volt zwar nicht in allen Fragen beieinander, doch programmatisch gibt es Schnittmengen:
Beide stehen für Europafreundlichkeit, Digitalisierung, transparente Verwaltung und eine sozial-liberale Grundhaltung in der Stadtpolitik.
In Fragen wie Wirtschaftsförderung, Klimaschutz oder Stadtentwicklung könnten gemeinsame Initiativen glaubhaft vertreten werden.
Dennoch wäre die Fraktionsgemeinschaft ein Balanceakt:
Volt verfolgt ein stärker progressiveuropäisches Profil, die FDP agiert klassisch wirtschaftsliberal.
Der gemeinsame Nenner müsste also weniger ideologisch, sondern praktisch-kommunal geprägt sein – etwa bei Themen wie Bildung, Stadtplanung oder Bürgerbeteiligung.
Außerdem bestünde immer noch die Möglichkeit, dass bei Einzel-Themen der „Fraktionszwang“ – so es denn einen geben sollte – aufgehoben wird und jedes Fraktionsmitglied nach eigenem Gusto votiert.
Herausforderungen und Risiken
Ein mögliches Spannungsfeld liegt in der Außenwahrnehmung.
Volt riskiert, von progressiven Wählerinnen und Wählern als „Anhängerin der FDP“ wahrgenommen zu werden, während die FDP vermeiden muss, ihre klar wirtschaftsliberale Linie zu verwässern.
Auch innerfraktionell verlangt eine solche Verbindung Disziplin – das Rederecht, die Fraktionsführung und die Verteilung von Ausschussplätzen müssen fair geregelt werden.
Zudem ist Volt eine junge, europaweit strukturierte Bewegung mit basisorientierter Entscheidungsfindung.
Das steht teils im Gegensatz zur FDP, die stärker hierarchisch und auf erfahrene Mandatsträger (nicht nur Ratsmitglieder) setzt.
Beide Seiten werden lernen müssen, unterschiedliche politische Kulturen in einem gemeinsamen Arbeitsmodus zu vereinen.
Zuwendungen für Fraktionen: Veränderungen seit der Kommunalwahl und Auswirkungen für die Fraktionsgemeinschaft
Für die Jahre 2025 und 2026 hatte der Kämmerer im Doppelhaushalt 2025/2026 jeweils ca. 1 Mio. EURO für die Zuwendungen an die Fraktionen, Gruppe usw. eingeplant.
Da die Wahlperiode bis zum 31.10.2025 andauert gilt bis dahin diese Aufteilung:
Mit den Ergebnissen der Kommunalwahl am 14.09.2025 änderten sich sowohl die Zahl der Ratsmitglieder (2020 bis 2025 = 76 • 2026ff. = 70), die Basisbeträge und die Aufteilung der Zuwendungen.
Die Veränderungen von „vor der Kommunalwahl“ am 14. September 2025 zu „nach der Kommunalwahl“ führte zu einer Minderbelastung für den städtischen Haushalt von ca. 62 TEUR:
Bündnis Deutschland war bei der Kommunalwahl nicht angetreten.
Die FDP verlor ihren Fraktionsstatus und die Zuwendungen für die Fraktion B90/Die Grünen reduzierten sich um ca. 67 TEUR.
Die PARTEI verlor ihren Gruppen-Status und das verbliebene Ratsmitglied schloss sich der Fraktion DIE LINKE an.
Wenn es dabei bleibt, dass zwei AfD-Ratsmitglieder nicht mehr der AfD-Fraktion angehören, und gleichzeitig eine Fraktion FDP/VOLT entsteht, ergibt sich ein neues „Bild“.
Daraus ergibt sich, dass die AfD gegenüber der Berechnung unmittelbar nach der Kommunalwahl um ca. 12.000 EURO geringere Zuwendungen erhalten und die Reduzierung bei der FDP gegenüber der vergangenen Wahlperiode nur noch ca. 8.800 EURO betragen würde.
Zusammenfassung & Fazit
Ein Zusammenschluss von FDP und Volt könnte Signalcharakter haben – als Modell für pragmatische Kooperation zwischen etablierten und neuen Kräften.
In Zeiten, in denen Ratsarbeit zunehmend von Zersplitterung geprägt ist, wäre eine solche Allianz ein Versuch, politische Handlungsfähigkeit zu stärken, ohne in ideologische Lagerbildung zu verfallen.
Eine Fraktionsgemeinschaft aus FDP und Volt würde beiden Parteien organisatorisch und politisch Vorteile verschaffen.
Volt erhielte erstmals volle Ratsrechte in Mönchengladbach, die FDP würde ihre Handlungsfähigkeit und Sichtbarkeit erhalten.
Ob daraus tatsächlich eine „Win-Win-Situation“ wird, hängt davon ab, wie partnerschaftlich beide Seiten ihre Zusammenarbeit gestalten – und ob sie es schaffen, das gemeinsame Ziel über die Unterschiede zu stellen und eine sachorientierte, moderne Kommunalpolitik für Mönchengladbach zu machen.











