Den größten zeitlichen Raum der konstituierenden Sitzung des Mönchengladbacher Stadtrates am 4. November 2020 nahm die Besetzung der Ausschüsse und der Aufsichtsgremien der städtischen Beteiligungsgesellschaften ein.
Rein rechnerisch ergab sich aus dem Ergebnis der Kommunalwahl am 13. September, dass der Rat aus 76 stimmberechtigten Mitgliedern in sechs Fraktionen und einer Ratsgruppe bestehen würde:
CDU:
26 Ratsmitglieder
SPD:
20 Ratsmitglieder
B90/Die Grünen:
16 Ratsmitglieder
AfD:
5 Ratsmitglieder
FDP:
4 Ratsmitglieder
DIE LINKE:
3 Ratsmitglieder
Die PARTEI:
2 Ratsmitglieder (Ratsgruppe)
Die Ratsausschüsse
„Die FRAKTION“ hatte eine Aufstockung der Ratsausschüsse auf 21 Mitgliedern beantragt, offensichtlich um die Chance zu haben, in mehr Ausschüssen vertreten sein zu können.
Dem folgte die überwiegende Mehrheit der Ratsmitglieder nicht (9 Ratsmitglieder stimmten dafür), so dass die bisherige Ausschussgröße von 19 Mitgliedern beibehalten wird.
Abgelehnt wurde auch der Antrag der CDU auf Bildung eines neuen Ausschusses für Personal und Digitalisierung. Dafür hatten neben den 26 CDU-Ratsmitgliedern auch die 4 AfD-Ratsmitglieder gestimmt.
Wie im „Ampel-Kooperationsvertrag“ angekündigt wurde ein neuer Ausschuss für Umwelt und Mobilität gegründet, dem alle Ratsmitglieder zustimmten.
Nicht mehr thematisierte die CDU ihr Vorhaben aus der Letzten Ratssitzung der vergangenen Ratsperiode, einen Ausschuss für Sicherheit und Ordnung einzurichten.
Die Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen spiegeln die Situation im Rat wieder.
Die Größe des Ausschusses für Wahlprüfung wurde in einer gesonderten Abstimmung auf 13 festgelegt.
Die Besetzung des Jugendhilfeausschusses und des Integrationsrates mit Personen der Ratsfraktionen unterliegen besonderen Rechtsnormen, die bestimmen, dass der Stadtrat in den Jugendhilfeausschuss neun und in den Integrationsrat acht Mitglieder entsenden darf.
Die Vorsitze der Ausschüsse
Die Wahl der Ausschussvorsitzenden nimmt der Stadtrat in seiner konstituierenden Sitzung vor, wobei in der Gemeindeordnung NRW der „Zugriff“ der Fraktionen bzw. Kooperationen auf diese Posten nach dem so genannten Höchstzahlverfahren (nach d’Hondt) geregelt ist.
Die Vorsitze im Jugendhilfeausschuss und im Integrationsrat werden im Rahmen ihrer „eigenen“ Konstituierungen bestimmt.
(c) BZMG
(c) BZMG
Den ersten „Zugriff“ hatte die „Ampel“-Kooperation und beanspruchte dabei den Vorsitz des Ausschusses für Planung, Bauen und Stadtentwicklung, dem Thomas Fegers (SPD) vorsitzen wird. Sein erster Vertreter wurde der ehemalige Mönchengladbacher Baudezernent Dipl-Ing. Andreas Wurff (B90/Die Grünen).
Die bisherige Zuständigkeit für Verkehr wurde vom Planungsausschuss in den neuen Ausschuss für Umwelt und Mobilität übertragen. Für Umweltthemen ist zukünftog nicht mehr der bisherige „Feuerwehrausschuss“ zuständig
Dieser Ausschuss wird von der grünen Lena Zingsheim-Zobel geleitet. Sie wird bei Bedarf von Heinz Ritters (SPD) vertreten.
(c) BZMG
(c) BZMG
Als Vorsitzender des Planungsausschusses folgt der bisherige SPD-Sprecher in diesem Ausschuss Thomas Fegers dem ausgeschiedenen Genossen Horst-Peter Vennen.
Fegers dürfte unter vielerlei Aspekten unter besonderer Beobachtung stehen, war er in der 6-jährigen Ratsperiode doch „intimer“ Partner der CDU-Ausschusssprecherin Annette Bonin und setzte mit ihr beispielsweise – gegen vielseitigen Widerständen aus Bürgerschaft, Handel und Verbänden und entsprechenden Gutachten – gemeinsam durch, dass der Busverkehr auf der Hindenburgstraße nur noch „bergauf“ geführt wurde.
Das wollen die „Ampel-Partner“ ändern, so dass die „Vision“ des Baudezernenten Dr. Gregor Bonin (CDU) von einer vollkommenen Umgestaltung der Hindenburgstraße in nächster Zukunft kaum mehr realisiert werden könnte.
Auch andere Maßnahmen, die die CDU mit Fegers und der SPD-Fraktion in Bauausschuss und Rat angestrebte, werden auf den Prüfstand kommen und in gleicher Weise auch seine Fähigkeit, diesen Ausschuss in gebotener Neutralität zu leiten.
Einer solchen Aufgabe musste Thomas Fegers, der als anerkannt recherchefester Ausschusssprecher gilt, sich bisher noch nicht stellen.
Die Aufsichtsgremien der Beteiligungsgesellschaften
Mit Ausnahme der Stadtsparkasse sind alle Beteiligungsgesellschaften der Stadt Mönchengladbach ausgegliederte Aufgabenbereiche der Verwaltung.
Diese wurden aus den unterschiedlichsten Motiven gegründet. Vielfach kamen die Initiativen dazu aus Reihen der Mönchengladbacher CDU.
Zum einen wurden haushalterische Gründe angeführt, weil z.B. die Auffassung vertreten wurde, dass auf diesem Weg notwendige Investitionen leichter möglich wären.
Faktisch wurden Strukturen geschaffen, deren Agieren nicht nur der Öffentlichkeit entzogen wurde, sondern mehr und mehr auch der Kontrolle der von den Bürgern gewählten Ratsmitglieder.
Die oft „regelmäßig“ in die Aufsichtsgremien gewählten Politiker sahen sich mehr der Gesellschaft verbunden als den Interessen der Bürger, die sie gewählt haben.
Verschwiegenheitsverpflichtungen auch gegenüber anderen Politikern tun ihr Übriges.
Dabei sind zwei weitere Aspekte nicht zu unterschätzen.
Zum einen schaffen die Geschäftsleitungen mancher Gesellschaften – unter tätiger (oder untätiger) Mithilfe der Aufsichtsgremien und Ratsmehrheiten – intransparente Unterstrukturen, deren Sinn und Nutzen für die Bürger nicht mehr nachvollziehbar sind, wie beispielsweise die NEW AG.
Sie entwickeln unkontrolliert „Eigenleben“ und treffen rechtswidrige Entscheidungen, wie im vorigen Jahr die Affäre „Sven“ mit einem Schaden von 1,7 Mio. EURO deutlich zeigte.
Zum anderen „locken“ den Verwaltungs- und Aufsichtsratsmitgliedern ansehnliche Zusatzeinkünfte, die beispielsweise dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Schlegelmilch in den sechs GroKo-Jahren die stattliche Summe von ca. 165.000 EURO einbrachte.
Mit den ca. 120.000 EURO aus Funktionen in den städtischen Gremien (Rat und Ausschüsse) summierten sich seine Einkünfte aus „ehrenamtlichen“ Funktionen auf etwa 285.000 EURO.
Sein „GroKo-Pendent“ in der SPD, Felix Heinrichs, brachte es auf insgesamt 282.000 EURO, gefolgt von Norbert Post (CDU) mit 265.00 EURO und Hans-Willi Körfges (SPD) mit ca. 213.420 EURO (Stand: 2015).
Post und Körfges „generierten“ diese Einkünfte vornehmlich aus Vorsitzenden-Funktionen im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse Mönchengladbach.
Auch vor diesen Hintergründen sind die Wahlen zu den Aufsichtsgremien der Beteiligungsgesellschaften zu sehen:
So vielfältig die Beteiligungsgesellschaften sind, so unterschiedlich auch die Satzung und die Regelungen zur Besetzung der Sitze in den Aufsichtsgremien.
So gestehen die Satzungen von EWMG GmbH und Theater GmbH den Fraktionen, die nach der Auszählung keinen Sitz in den Aufsichtsräten erhalten, jeweils einen „stimmrechtslosen“ Sitz zu.
Die Satzung der NEW mobil & aktiv (ÖPNV und Bäder) sieht vor, dass jede Ratsfraktion ein so genanntes „Grundmandat“ erhält und die übrigen Mandate den Mehrheitsverhältnissen im Rat entsprechend besetzt werden.
Bemerkenswert bei den Wahlen zu den Aufsichtsgremien war die Tatsache, dass die CDU bei den meisten Abstimmungen Unterstützung von den vier Ratsmitgliedern der AfD erhielt.
Daraus zu schließen, dass CDU und AfD eine „Gegen-Kooperation“ zum Ampel-Bündnis gebildet hätten bzw. bilden würden, ist durch nichts zu belegen.
Gegen diese „Leih-Stimmen“ konnte die CDU aktiv nichts unternehmen.
Dennoch hätte die CDU-Fraktion ein Zeichen setzen können, indem vier CDU-Ratsmitglieder die CDU-Vorschläge nicht mitgetragen hätten und damit öffentlich ihre Äußerungen, nicht mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen, unterstrichen.
Dazu kam es nicht.
Besonderheit Stadtsparkasse
Nach dem Sparkassengesetz NRW bestimmen die „Träger“ der Sparkasse über den Vorsitz des Verwaltungsrates.
In diesem Gesetz heißt es u.a.: „Die Vertretung des Trägers wählt eines ihrer Mitglieder oder den Hauptverwaltungsbeamten zum vorsitzenden Mitglied des Verwaltungsrates.“
Zum Vorsitzendes des Verwaltungsrates wurde ohne weiteren Kandidaten bei Enthaltung der CDU-Fraktion Dr. Boris Wolkowski (B90/Die Grünen) gewählt.
Zu seinen 1. Stellvertreter wählte eine große Ratsmehrheit den bisherigen 2. Stellvertreter Hans-Willi Körfges (SPD), zum 2. Stellvertreter den ehemaligen Vorsitzenden Norbert Post (CDU).
Resümee
In seiner ersten Sitzung als Ratsvorsitzender bewies Felix Heinrichs Geduld und strahlte trotz Stringenz und mehrfacher Sitzungsunterbrechungen die ihm scheinbar eigene Souveränität aus.
Die Ratsmitglieder und ihre Sprecher machten es ihm auch leicht, indem sie ihm – trotz langjähriger persönlicher bis freundschaftlicher Verbundenheit – in seiner neuen Funktion den notwendigen Respekt entgegen brachten.
Insgesamt herrschte im Festsaal der Kaiser-Friedrich-Halle ein unaufgeregtes (politisches) „Klima“, was auf eine inhaltlich gute Vorbereitung der „Akteure“ schließen ließ.
Das kann sich spätestens bei zukünftigen Rats- und Ausschusssitzungen ändern, wenn es um den Doppelhaushalt 2021/2022 und die Punkte geht, die bis zur Kommunalwahl von der GroKo und besonders durch den CDU-Baudezernenten priorisiert wurden, von der Ampel-Mehrheit jedoch erneut auf den Prüfstand gestellt, wenn nicht gar „zurückgestellt“ werden könnten.
Der von der CDU im September Rat beantragte „Ausschuss für Sicherheit und Ordnung“ zu dem es ja dann eine Einigung zum Prüfauftrag von CDU, FDP, SPD und Grüne gab ist doch gegründet worden, allerdings als „Ausschuss für Feuerwehr, öffentliche Ordnung und Katastrophenschutz“.
Danke Herr Schultz, für die Präzisierung. Einen weiteren „neuen“, Ausschuss gab es nicht.