Vermutlich würde es eher einen Radschnellweg geben, als die S28, war das Statement des Fachbereich Planung im Dezernat VI der Stadt Mönchengladbach, Jürgen Beckmann, am Ende der Beratung zur Änderung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans zur Radschnellverbindung (RSV) von Krefeld über Willich nach Mönchengladbach.
Anlass waren einige Fragen und Anmerkungen des Ausschussmitglieds Jürgen Mülders (B90/Die Grünen) zum Komplex „Entwidmung der ehem. Eisenbahnstrecke zwischen dem Nordring und der Stadtgrenze zu Willich“.
In den Beratungsvorlagen 0059/X (Änderung Flächennutzungsplan) und 0061/X (BPlan 803/O) heißt es übereinstimmend: „… Der ehemalige Bahndamm vom Nordring / Süchtelner Straße bis zur Stadtgrenze mit Willich ist derzeit noch als Bahnfläche gewidmet. Die Entwidmung beziehungsweise Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 Allgemeinem Eisenbahngesetz (AEG) wird unmittelbar nach Erwerb durch die EWMG beim Eisenbahnbundesamt beantragt. …“(Zitat Ende)
Eine solche Entwidmung hätte formalrechtlich zur Folge, dass die Planungshoheit ausschließlich bei der Stadt Mönchengladbach liegen würde.
Das würde für alle in Betracht kommenden und in den Beratungsvorlagen explizit genannten Katasterflächen bedeuten, dass dort kein Eisenbahnbetrieb mehr möglich sein würde.
Diese Schlussfolgerung lassen auch die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste (WD) des Deutschen Bundestages zu.
Während die südlichen Katasterflächen in der Tat nicht mehr für den Eisenbahnbetrieb notwendig sind, stellt sich die Lage bei der Katasterfläche 330 anders dar und mit nicht unerheblichem Konfliktpotenzial beladen zu sein.
Geht es nach den Planungen der Regio-Bahn und des Kreises Viersen, soll auf dieser Fläche die Trasse der S28 verlaufen.
Geht es nach den Planungen der Stadt Mönchengladbach, soll diese Fläche nach Kauf durch die EWMG entwidmet werden und würde demnach von der S28 nicht genutzt werden können.
Es sei denn, es würde die Möglichkeit einer „friedlichen Koexistenz“ geschaffen.
Danach sieht es vor dem Hintergrund der momentan unüberbrückbar scheinenden Differenzen zwischen den Befürwortern der S28 (Kreis Viersen, incl. Stadt Willich) und der Gegnerin (Stadt Mönchengladbach) nicht aus.
Daraus könnte sich ein noch grundsätzlicheres Konfliktpotenzial entwickeln, nämlich „Radschnellverbindung“ (RSV) vs. S28, in dem die aktuelle Eigentümerin der Flächen, die DB Netz AG und die von ihr und dem Land NRW eingesetzte BEG (BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbh) eine maßgebende Rolle spielt.
Einerseits war die BEG Auftraggeber für die Machbarkeitsstudie für die RSV Krefeld-Willich-Mönchengladbach, mit dem Ziel, Eisenbahnflächen z.B. an Kommunen zu verkaufen mit der Folge, dass dies in der politischen Diskussion parteiübergreifend einen hohen Stellenwert zu haben scheint.
Andererseits ist nach Aussagen des städtischen Planungsleiters Jürgen Beckmann im Ausschuss am 01.12.2020 die BEG – als Vermarkter nicht mehr eisenbahnbetrieblich notwendiger Immobilien – nur bereit Flächen „im Paket“ zu veräußern.
Dazu können dann auch Teil-Flächen des ehemaligen Rheydter Güterbahnhofes und des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Rheydt an der Eisenbahnstraße (mit nicht zu unterschätzenden Bodenkontaminierungen) zählen.
Darauf und auf potenzielle „Konfliktflächen“ geht die Machbarkeitsstudie nicht ein.
Warum die beiden Beratungsvorlagen, die beide den Status „Vorentwurf“ haben, ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt in die Debatte um die RSV eingebracht wurden, wurde nicht erklärt und auch von manchem Mitglied im Planungsausschuss nicht wirklich verstanden.
Die Tatsache, dass diese Vorentwürfe zwar am 19.11.2020 (14 Tage nach Konstituierung des neuen Rates) in der BV Ost vorgestellt wurden, nicht jedoch 6 Tage später auch im für Mobilität zuständigen Ausschuss „Umwelt und Mobilität“ (Sitzung am 25.11.2020) wurde nach Rückfrage von Andreas Wurff (B90/Die Grünen) und Erik Jansen (DIE LINKE) von der Verwaltung und dem Ausschussvorsitzenden Thomas Fegers (SPD) mit dem Hinweis „abgetan“, man sei ja noch recht früh im Verfahren und für diese Vorentwürfe sei ja auch nur der Planungs- und Bauausschuss zuständig.
Dies deutet darauf hin, dass die Mönchengladbacher Zuständigkeitsordnung dringend entsprechend der Beschlüsse in der konstituierenden Sitzung des Rates am 04.11.2020 angepasst werden muss.
Ungeachtet dessen könnte die Vorstellung der „Vorentwürfe“, zu denen aktuell keine Beschlüsse zu fassen sind, in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Mobilität nachgeholt werden.
Vielleicht wäre dann Gelegenheit nachvollziehbar darzulegen, welche rechtlichen Folgen eine Entwidmung oder Nicht-Entwidmung der Katasterfläche 330 für die weiteren Maßnahmen zum Radschnellweg Krefeld-Willich-Mönchengladbach und damit auch für die Fortführung des Radverkehrs auf dem Mönchengladbacher Stadtgebiet haben würden.
Je später hierzu Klarheit hergestellt wird, umso größer wird – nicht nur in der radfahrenden Bevölkerung – die Unsicherheit, ob diese Radschnellverbindung jemals kommen wird.
Denn eine nachvollziehbare Zeitplanung ist nicht erkennbar, nicht einmal eine grobe Zeitschiene.