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„Alle Unterzeichner sind sich bewusst, dass alle vorgenannten Projekte aufgrund unterschiedlicher Planungs-, Genehmigungs- und Finanzierungsstände unabhängig voneinander realisiert werden können und sich nicht gegenseitig bedingen.“

So beginnt der Schlusssatz der so genannten „Gemeinsamen Erklärung“ der Stadt Mönchengladbach, dem Kreis Viersen, der Stadt Viersen sowie der Stadt Willich zur „gegenseitigen Unterstützung von regional bedeutsamen Schienenpersonenverkehrsprojekten zur Verbesserung der Verkehrsbedingungen in der Region und zur Beschleunigung der Verkehrswende“, die nunmehr im Entwurf vorliegt.

Die auf „Neudeutsch“ als LOI (Letter of Intent) bezeichnet wird, ist eine rechtlich vollkommen unverbindliche Vereinbarung, was durch den obigen Satz kaum deutlicher hätte unterstrichen werden können.

Die Optimierung des Schienenpersonenverkehrs (SPV) sei eine regionale Herausforderung, heißt es in der Einführung.

Und weiter: „Die Akteure vor Ort nehmen ihre Verantwortung wahr, sich kommunenübergreifend für ein dichtes und leistungsfähiges Schienennetz in der Region auch im Sinne der Beschleunigung der Verkehrswende einzusetzen.“

Zur Verbesserung der Verkehrsbedingungen in der Region und zur Beschleunigung der Verkehrswende sichere man sich „gegenseitig volle Unterstützung“ zu den diversen Projekten zu.

Aus allen Projekten ergeben sich „Primäre (potenzielle) Nutznießer“, (politische) Konsequenzen und Realisierungsaussichten, die nachstehend ergänzend zu den zitierten Textauszügen dargestellt werden.

Zügige Planung und Realisierung der Westverlängerung der Regiobahn (S28) …

… durch die Reaktivierung der Bahnstrecke von Bf Kaarster See bis Viersen Bf auf der vorhandenen Trasse

Zitat:

„Die westliche Verlängerung der Regiobahn von Kaarst über Willich und Mönchengladbach-Neuwerk bis nach Viersen ist ein Infrastrukturprojekt von hoher Bedeutung für den gesamten mittleren Niederrhein.

Hier bestehen enge Verkehrsverflechtungen mit der Landeshauptstadt Düsseldorf, aber auch mit den übrigen Städten der Rheinschiene.

Dies führt insbesondere an Werktagen in den Hauptverkehrszeiten zu erheblichen Überlastungen im Straßennetz (z.B. BAB 52, BAB 44) mit entsprechend negativen ökonomischen und ökologischen Auswirkungen wie Zeitverluste durch Staus, Unfälle, Lärm- und Schadstoffbelastungen.

Unstrittig ist, dass Baurecht für die Westverlängerung der Regiobahn (S28) einzig über einen Planfeststellungsbeschluss hergestellt werden kann.

Im vorlaufenden Planfeststellungsverfahren werden alle öffentlichen und privaten Belange intensiv bewertet und abgewogen.

Hierzu gehören selbstverständlich auch die Interessen der angrenzenden Wohnbevölkerung nach Lärmschutz, die Belange von Natur und Landschaft sowie Belange des Artenschutzes.

Bestehende Rad-, Reit- und Wanderwege, welche durch die Trassenführung oder den Bau der Regiobahn beeinträchtigt werden, werden kurzfristig und vollwertig wiederhergestellt oder ersetzt.

Die Unterzeichner wirken im Planfeststellungsverfahren darauf hin, dass den betroffenen Kommunen hierfür keine Kosten entstehen.

Die Unterzeichner sind gemeinsam bestrebt, den Netzzusammenhang der betroffenen Wegeverbindungen zu erhalten.

Die Unterzeichner werden hierzu eine Arbeitsgruppe einrichten, die zügig einen abgestimmten Vorschlag erarbeiten wird.

Die Verträglichkeit zwischen dem gemeinschaftlichen Projekt „Radschnellverbindung Krefeld-Willich-Mönchengladbach“ und der Streckenverlängerung der Regiobahn wird bei der Aufstellung entsprechender Pläne sichergestellt.

Ferner wird eine bestmögliche Anbindung des Flughafens Mönchengladbach von dem im Stadtteil Willich-Neersen gelegenen Bahnhof angestrebt.

Eine Nutzung der Trasse durch Güter- und Fernverkehrszüge ist nicht beabsichtigt.

Darüber hinaus wird vereinbart, dass perspektivisch bzw. langfristig keine Verlängerung der S 28 über Viersen hinaus bis in die Niederlande erfolgt.

Dies entspricht den Beratungen und Beschlüssen des Kreistages des Kreises Viersen, zuletzt vom 26.03.2020.

Für die Planung, Genehmigung und Realisierung des gesamten Projektes der Regiobahn-Verlängerung erfolgt keine Kostenbeteiligung der Stadt Mönchengladbach.“ (Zitat Ende)

Primäre (potenzielle) nutznießende Unterzeichner

Politische Konsequenzen

  • Aufhebung des Beschlusses des Mönchengladbacher Stadtrates vom 17.06.2015 (Vorlagen-Nr.806/IX)
  • Negierung der Statements von CDU und SPD von Mai/Juni 2015

Realisierungsaussichten

  • In Abhängigkeit von Verlauf und Ausgang des erforderlichen Planfeststellungsverfahrens

Beibehaltung der Linie RE 13 (Venlo-Viersen-Mönchengladbach-Düsseldorf-Wuppertal-Hamm) …

… ohne Kürzungen des Angebots (Taktung und Haltepunkte) im Rahmen der Realisierung einer schnellen Schienenpersonenverbindung Eindhoven-Düsseldorf

Zitat:

„Der dafür notwendige infrastrukturelle Ausbau (Zweigleisigkeit zwischen Dülken und Kaldenkirchen) wird befürwortet.

Das Projekt wird im Bundesverkehrswegeplan 2030 und dem entsprechenden Bundesschienenwegeausbaugesetz jedoch als Gesamtmaßnahme sowohl mit dem zweigleisigen Ausbau des Abschnitts Rheydt – Rheydt-Odenkirchen als auch mit der eingleisigen Verbindungskurve Viersen aus Richtung Venlo in Richtung Krefeld verknüpft.

Der Bau der „Viersener Kurve“ wird von den Unterzeichnern abgelehnt.

Der RE13 bindet Mönchengladbach, Viersen und Nettetal stündlich an die Städte Düsseldorf, Wuppertal und Venlo an.

Die Sicherung dieser direkten Anbindung einschließlich aller Haltepunkte ist von elementarer Bedeutung für die Region.

Eine Verlängerung der Linie RE13 bis nach Eindhoven ab 2025 bietet dabei große Chancen für die Verkehrsverlagerung auf die Schiene einerseits und für die regionale Wirtschaft andererseits.“ (Zitat Ende)

Primäre (potenzielle) nutznießende Unterzeichner

Politische Konsequenzen

  • Aufhebung des Beschlusses des Mönchengladbacher Stadtrates vom 17.06.2015 (Vorlagen-Nr.806/IX)
  • Negierung der Statements von CDU und SPD von Mai/Juni 2015

Realisierungsaussichten

  • In Abhängigkeit von Verlauf und Ausgang des erforderlichen Planfeststellungsverfahrens

Beschleunigung der Linie RE8 zwischen Köln und Mönchengladbach

Zitat:

„Eine Beschleunigung des RE8 bringt enorme Vorteile für die Region.

Sowohl für Pendler aus Mönchengladbach, aber auch aus dem Kreis Viersen, die von Mönchengladbach aus nach Köln reisen, entstehen Reisezeitvorteile und damit Anreize für den Umstieg in den SPV.

Parallel zur Beschleunigung des RE 8 kann in Verbindung mit dem Bau des zweiten Gleises zwischen Rheydt Hbf. und Rheydt-Odenkirchen eine zweite S 6 pro Stunde eingerichtet werden, was für die anliegenden Kommunen von Vorteil ist.“ (Zitat Ende)

Primäre (potenzielle) nutznießende Unterzeichner

Politische Konsequenzen

Realisierungsaussichten

  • unbestimmt

Verlängerung der Linie S8 mit Haltepunkt an der Hochschule Niederrhein

Zitat:

„Die Durchbindung der S8 über Mönchengladbach Hbf bis Rheydt Hbf bzw. optional bis nach Erkelenz/Hückelhoven, verbunden mit einem zusätzlichen Haltepunkt im Bereich der Hochschule Niederrhein, ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des SPV gerade auch im Ausbildungs- und Berufsverkehr.

Des Weiteren ist mittel- und langfristig der Bau eines dritten Gleises für noch bessere SPNV-Optionen angestrebt.“ (Zitat Ende)

Primäre (potenzielle) nutznießende Unterzeichner

Politische Konsequenzen

Realisierungsaussichten

  • unbestimmt

„Darüber hinaus ist allen Unterzeichnern bewusst, dass der Betrieb der o.g. Projekte Kosten verursacht, die anteilig verbandsweit von den Mitgliedern des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) zu tragen sind.

Die Unterzeichner sind bereit, etwaige betriebliche Mehrkosten aus der Realisierung der vorgenannten SPV-Projekten am Niederrhein im Sinne des regionalen Mehrwerts solidarisch mitzutragen.

Die Unterzeichner werden sich fortlaufend über Fortschritte in den Projekten unterrichten.

Die Unterzeichner werden die gemeinsame Erklärung im Sinne eines regionalen Konsens zwischen den Gebietskörperschaften an den VRR richten.“ (Zitat Ende)

Bei Licht betrachtet hat die Erklärung etwas von einem „Stillhalteabkommen“ bei dem jeder der Protagonisten für sich um „seine Sache“ selbst kümmern muss.

Einzig die Befürworter der S28-Verlängerung haben eine Rechtsmittel auf ihrer Seite: Das Planfeststellungsverfahren.

Sollte Planungsdezernent Dr. Bonin (CDU) durch den BPlan 803/O das Ziel verfolgt haben, sich durch Entwidmung eines Streckenstückes des Themas „Weiterführung der S28“ entledigen zu können, wird dieses Vorhaben durch die unterschriftsreife Erklärung eine „Beerdigung 1. Klasse“ erhalten.

Darin heißt es nämlich u.a.

„Die Verträglichkeit zwischen dem gemeinschaftlichen Projekt „Radschnellverbindung Krefeld-Willich-Mönchengladbach“ und der Streckenverlängerung der Regiobahn wird bei der Aufstellung entsprechender Pläne sichergestellt.“ (Zitat Ende).

Sollte der Mönchengladbacher OB Felix Heinrichs (SPD) meinen, dass die Stadt Mönchengladbach mit ihren Forderungen bezüglich der Verlängerung S8 und weiterer Schienenverbindungen (RE13, RE8) etwas erreicht zu haben, dürfte er mit dieser Auffassung allein dastehen, denn

  • einer S8-Verlängerung (mit oder ohne Hochschulhaltepunkt) hat die für die Eisenbahnstrecken zuständige Bahn AG mehrfach klare Absagen erteilt und
  • die erforderliche Zweigleisigkeit für die „Beschleunigung des RE8“ und eine S6 (nach Köln) dürfte – unabhängig von der fraglichen Sanierung des Bf Odenkirchen – in den nächsten 15 bis 20 Jahren nicht auf der Bahn-Agenda stehen.