Seite wählen

Im Zuge der Konstituierung des Mönchengladbacher Stadtrates wurden nicht nur Entscheidungen über die Besetzung der ehrenamtlichen Vertretungen des Oberbürgermeisters und die „Zugriffe“ auf Ausschuss­vorsitze und damit über die Aufwandsentschädigungen getroffen, sondern auch über die Mitgliedschaften in den Verwaltungs- und Aufsichtsräten.

Die Angehörigkeit zu Aufsichtsgremien ist kein Ehrenamt, sondern eine Tätigkeit, wofür die Beteiligungs­unternehmungen Bezüge zu zahlen und in ihren Ergebnisberichten auszuweisen haben.

Die Empfänger von Bezügen und Aufwandsentschädigungen haben diese persönlich öffentlich zu machen.

Dass beide – also einige Unternehmen und viele Empfänger – dieser Informationspflicht nicht nachkommen, ist Bestandteil der seit Jahren in Mönchengladbach latenten Intransparenz.

Mitgliedschaft in Aufsichtsgremien

Die Zahl der Mitglieder, mit denen die einzelnen Fraktionen in diesen Gremien vertreten sind, ergab sich aus den entsprechenden Abstimmungen in der Ratssitzung am 09.11.2020, nachdem in Vorbereitung auf diese Ratssitzung in den Fraktionen taktische „Abstimmungsmodelle“ entwickelt worden waren.

Mit deren Hilfe sollten einerseits die neuen Mehrheitsverhältnisse auch in den Aufsichtsgremien der städtischen Gesellschaften sichergestellt werden, andererseits soweit irgend möglich, AfD-Vertreter dort nicht vertreten sein..

Letzteres konnte man bei der NEW mobil und Aktiv aus Satzungsgründen nicht verhindern.

Bei der Abstimmung zum mags-Verwaltungsrat sah die AfD die Chance mindestens einen Sitz zu erringen und „lieh“ der CDU ihre Stimmen nicht.

Trickreich verfuhr die CDU. Sie nominierte bei allen Aufsichtsgremien einen Kandidaten mehr, als sie rein rechnerisch hätte erringen können.

Und das Kalkül ging auf, weil die AfD mit der CDU stimmte, wobei die CDU beteuerte, es habe keine Absprachen gegeben und man habe auch nichts über das Abstimmungsverhalten der AfD gewusst.

Vorsitze in den Aufsichtsgremien

Den nackten Zahlen entsprechend könnte man annehmen, dass die Ampel-Mehrheit in allen Aufsichts­gremien der wesentlichen Beteiligungen auch den Vorsitz übernehmen könnte.

Das war jedoch nicht überall der Fall, weil in einigen Beteiligungen Sitze auch von Mitarbeitervertretungen und anderen Teilhabern besetzt werden.

So konnte der CDU-Vertreter im Aufsichtsrat der Kreisbau AG die Mitarbeiter­ver­treter auf „seine Seite“ ziehen, wodurch der SPD-Kandidat für den Vorsitz das Nachsehen hatte.

Ähnliches soll auch im Aufsichtsrat der NEW AG geschehen sein, wo Dr. Hans Peter Schlegelmilch – trotz der Sven-Affäre – zum Aufsichtsratsvorsitzenden wiedergewählt wurde.

An der Spitze des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Mönchengladbach gab es den erwartbaren Wechsel. Der Grüne Dr. Boris Wolkowski (ohne Gegenkandidat) löste Norbert Post (CDU) als Verwaltungsratsvorsitzender ab.

Bei der Wahl von Dr. Wolkowski enthielten sich die drei CDU-Verwaltungsratsmitglieder.

Hätten sie gegen Wolkowski gestimmt, wären sie Gefahr gelaufen, dass Post nicht – wie geschehen – zum ebenfalls lukrativen 2. Stellvertreter des Verwaltungsratsvorsitzenden gewählt würde.

Feststellung: Neben einem Verwaltungsratsmitglied bei der mags AöR und einem Aufsichtsratsmitglied der EWMG ist auch im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse jemand tätig, der sich bei der Kommunalwahl den Wählern nicht stellen musste.

Kosten der Aufsichtsgremien und deren Finanzierung

Insgesamt müssen die Gesellschaften mit Mönchengladbacher Beteiligung für die Mitglieder aus der Stadt Mönchengladbacher Politik annähernd 680.000 EURO erwirtschaften, wobei bei manchen „erwirtschaften“ der falsche Begriff ist, weil diese als „Zuschussbetrieb“ aus dem städtischen Haushalt finanziert werden.

Diese Zuwendungen haben keine gesetzlichen Grundlagen und sind daher nicht mit den so genannten Aufwandsentschädigungen nach der Entschädigungsverordnung NRW (EntschVO NW) zu vergleichen.

So erhalten beispielsweise die Verwaltungsratsmitglieder der mags AöR durchschnittlich ca. 5.000 EURO pro Jahr, wobei der Oberbürgermeister – qua Amt als Verwaltungsratsvorsitzender – nicht mitzurechnen ist.

Alles das vor dem Hintergrund, dass die Finanzmittel der mags AöR zu 100% aus dem städtischen Haushalt kommen.

Bezüge von Aufsichts- und Verwaltungsratsmitgliedern

Posten in Aufsichtsgremien sind kein Ehrenamt, auch wenn manche Ratsmitglieder das gerne so kommunizieren.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1978 die Ausübung eines politischen Mandates als „Erfüllung einer allgemeinen Bürgerpflicht, nicht Tätigkeit zur Sicherstellung der materiellen Lebens­grundlage“ bezeichnet, weshalb es grundsätzlich als Ehrenamt ausgestaltet ist.

Ehrenamtliche Tätigkeiten geschehen unentgeltlich neben bzw. außerhalb eines Hauptamtes (Dienstverhältnis, Arbeitsverhältnis o.ä.), der Zeitaufwand hierfür wird also weder durch Gehalt noch Lohn „vergütet“, sondern allenfalls eine Aufwandsentschädigung gezahlt.

Per definitionem ist eine Aufwandsentschädigung eine (meist) pauschalierte zusätzliche Vergütung für besondere Umstände oder Belastungen (der Arbeit).

Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 27.09.2012 u.a. in zwei Leitsätzen ausgeführt:

  1. Aufwandsentschädigungen … sind dazu bestimmt, die mit einer Tätigkeit verbundenen finanziellen Einbußen und Beschwernisse auszugleichen.
  2. Daher liegt eine Aufwandsentschädigung nicht mehr vor, wenn sie der Höhe nach die üblicherweise mit der Wahrnehmung der Tätigkeit verbundenen Unkosten erheblich übersteigt.

Der ehrenamtlich Tätige hat demnach nur Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen und seines Verdienstausfalls und nicht auf „Bezahlung der dafür aufgewendeten Stunden“.

Das BVerwG führte u.a. aus: „… Übersteigt der Betrag die üblicherweise anfallenden Unkosten erheblich, so liegt in aller Regel keine Aufwandsentschädigung mehr vor.“ (Zitat Ende)

Die Tatsache, dass in den meisten Jahresabschlüssen der Gesellschaften der Begriff „Aufwands­ent­schädigung“ nicht erscheint und Zahlungen an die Aufsichtsratsmitglieder als „Bezüge“ benannt werden, unterstreicht den Unterschied zwischen „ehrenamtlichen“ Tätigkeiten in politischen Gremien und der (nicht ehrenamtlichen) Wahrnehmung von Aufsichtsratsaufgaben erneut.

Dass Aufsichtsratsmitglieder Bezüge erhalten, ist „regelmäßig“ in der Satzung geregelt, teilt Presse­sprecher Wolfgang Speen auf BZMG-Anfrage mit.

Die Satzung einer städtischen Beteiligung werde durch den Rat der Stadt Mönchengladbach beschlossen.

Die Höhe der Bezüge festzulegen, obliege „in der Regel“ der Gesellschafterversammlung, feststehende Bemessungsgrundlagen gebe es hierfür nicht.

Fakt ist, dass „normalen“ Aufsichtsratsmitgliedern in Mönchengladbacher Beteiligungsgesellschaften Bezüge in einer Spannbreite zwischen 200 EURO und über 15.000 EURO pro Jahr gezahlt werden.

Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende erhalten wesentlich mehr bis hin zum Mehrfachen eines „normalen“ Aufsichtsratsmitgliedes.

Auszug aus der Ranking-Liste „Bezüge von Mitgliedern in Aufsichtsgremien“

  „Ranking“ als PDF zum Download

Jährliche Zahlungen an die Ratsmitglieder (gesamt)

Der Vollständigkeit halber hier die Zusammenstellung aller jährlichen Zahlungen an die 76 Mönchengladbacher Ratsmitglieder für die Jahre 2021ff. (Prognose).

Die gesamten Zahlungen an Ratsmitglieder und Nicht-Ratsmitglieder summieren sich auf jährlich rund 1,73 Mio. Euro.

Auszug aus Ranking-Liste „Jährliche Gesamt-Zahlungen an Ratsmitglieder“

  „Ranking“ als PDF zum Download

Interessant wird sein, ob alle „Zahlungsempfänger“ ihre unmittelbaren und mittelbaren Einnahmen aus den Mandaten – so wie vorgeschrieben – in ihren eigenen „Profilen“ bekannt geben.

Es wäre nachvollziehbar, wenn sich deren Begeisterung dazu in Grenzen hält, bis hin zu der Einschätzung, ob damit ihre Reputation Schaden nehmen könnte.

Reputation ist die Gesamtheit dessen, wie jemand wahrgenommen wird und sollte nicht darauf reduziert werden, welche Einnahmen jemand hat.

Zumal in den vorliegenden Fällen unterstellt werden kann, dass die Einkünfte legal sind und eine Veröffentlichung nicht nur zur Journalistenpflicht zählt, sondern der immer wieder geforderten Transparenz dient und so wiederum demokratie-schädlichen Spekulationen vorbeugt.

Ob und aus welchen Gründen wer welche Funktionen angestrebt hat oder für welche Funktionen vorgeschlagen oder aus persönlichen oder taktischen Gründen „auserkoren“ wurde, steht auf einem anderen Blatt.