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Über 350 Namen umfasst die Liste derer, die sich in Mönchengladbach in einem Ehrenamt kommunal­politisch engagieren.

Die meisten von ihnen arbeiten in politischen Gremien mit, einige von ihnen in finanziell lukrativen Aufsichtsgremien von Unternehmen mit städtischer Beteiligung, einzelne ausschließlich dort.

Diese Aufsichtsgremien sind keine politischen Gremien im Sinne der Gemeindeordnung NRW.

Zahlungen an Mitglieder der dieser Greminen richten sich nach den jeweiligen Unternehmenssatzungen.

Die meisten der in die Aufsichtsgremien „Entsandten“ erhalten die Gelder aus dieser Tätigkeit „on top“ auf die Aufwandsvergütungen und bessern ihre übrigen Einkünfte aus dem Haupt-Job oder der Altersversorgung teilweise erheblich auf.

Die „Aufwandsentschädigungen“ für ein „formelles politisches Ehrenamt“ in der Kommune werden auf gesetzlicher Grundlage der Entschädigungsverordnung des Landes NRW (EntschVO NRW) gezahlt.

Anders als bei den Abgeordneten ind Land und Bund, die ihre „Diäten“ selbst festlegen könne, haben die Mitglieder der Räte, der Kreistage und der Bezirksvertretungen keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Zuwendungen, mittelbar über ihre im Landtag vertretenen Parteien jedoch schon.

Sitzungsgelder

Etwa 145 „kommunalpolitische Ehrenamtler“, die keiner Fraktion zuzuordnen sind, stehen nach der EntschVO NRW Sitzungsgelder in Höhe von 37,20 EURO pro Sitzung zu.

Hierbei handelt es sich überwiegend um beratende Mandatsträger ohne Stimmrecht in Fachausschüssen im Sinne von „sachkundigen Einwohner“ (sE), die generell nicht mit abstimmen dürfen.

Auch so genannte „sachkundige Bürger“ erhalten Sitzungsgelder in Höhe von 37,20 EURO, sind jedoch in den politischen Gremien, denen sie angehören, stimmberechtigt.

Sie gehören formal Ratsfraktionen an, ohne unbedingt Mitglied der betreffenden Partei sein zu müssen; das gilt auch für „sachkundige Einwohner“, die von den Fraktionen benannt wurden.

Ihnen steht dieses Sitzungsgeld auch für die Teilnahme an den Sitzungen „ihrer“ Fraktion zu, so diese Sitzungen der Vorbereitung von Ausschusssitzungen dienen.

In der Hauptsatzung der Stadt Mönchengladbach ist die Anzahl der Sitzungen der Ratsfraktionen auf 40 und die der Fraktionen der BV auf 10 pro Jahr beschränkt.

Abgerechnet werden die tatsächlich stattgefundenen Fraktionssitzungen.

Vollkommen anders verhält es sich bei den „Ehrenamtlern“, die in den Rat oder in die vier Bezirksvertretungen gewählt wurden.

Sie haben einen Grundanspruch auf „Aufwandsentschädigung“ als Pauschalen in Höhe von aktuell 519,10 EURO pro Monat (Ratsmitglieder) und 248,20 EURO pro Monat (Mitglieder der BV Nord, Ost und Süd) bzw. 217,40 EURO pro Monat (Mitglieder der BV West); die unterschiedlichen Beträge bei den Bezirksvertretungen hängen mit der Zahl der Einwohner in den BV zusammen.

„Ehrenamtler“, die sowohl ein Ratsmandat (direkt oder über Reserveliste) errungen, als auch über die Listen für die Bezirksvertretungen ein Mandat erhalten haben, erhalten Pauschalen sowohl für die Tätigkeit als Ratsmitglied als auch als Mitglied der Bezirksvertretung.

Aufwandsvergütungen für gewählte Mitglieder von Bezirksvertretungen

Bei den konstituierenden Sitzungen der Bezirksvertretungen haben einzelne Ratsmitglieder auf ihr BV-Mandat verzichtet (z.B. Hajo Siemes, B90/Die Grünen).

Damit eröffnen sich für „Nachrücker“ auf BV-Listen die Möglichkeit, sich auch in Gremien kommunalpolitisch einzubringen.

In der Annahme, dass der zu entschädigende „Aufwand“ für Zusatzfunktionen höher sei, als eines „normalen“ BV-Mitgliedes, lässt die EntschVO NRW für Mitgliedern des Bezirksvorstandes (Bezirksvorsteher und Vertretungen) und Vorsitzenden der BV-Fraktionen Zuschläge zu.

Ist ein BV-Mitglied beispielsweise sowohl Fraktionsvorsitzender als auch 2. Vertreter des Bezirksvorstehers gelten die Zuschläge entsprechend.

„Sachkundige Einwohner“ in Bezirksvertretungen haben nur beratende Funktionen. Ihnen steht Sitzungsgeld zu (s.o.).

Ratsmitglieder, die nicht auch gewähltes Mitglied in der BV sind, haben ebenfalls nur eine beratende Funktion und dürfen daher auch nicht mit abstimmen.

Deren „Aufwand“ in Bezug auf die Angelegenheiten, für die die BV zuständig ist, ist mit der monatlichen Pauschale als Mitglied im Stadtrat abgegolten.

Aufwandsvergütungen für Ratsmitglieder

Wesentlich differenzierter sind die „Zusatzfunktionen“ und damit die Zuschläge im Zusammenhang mit einem Ratsmandat.

Generell unterstellt der NRW-Gesetzgeber, dass jeder Fraktionsvorsitzende ein höheren „Aufwand“ hat, als ein „normales“ Ratsmitglied.

Daher steht ihm nach EntschVO NRW ein Zuschlag in Höhe des 2-fachen der Pauschale zu, bei Fraktionen mit über 8 Mitgliedern beträgt der Zuschlag das 3-fache der Pauschale.

Grundsätzlich sind Fraktionen frei darin, wie viele stellvertretende Fraktionsvorsitzende sie intern wählen.

Bei den Aufwandsentschädigungen jedoch gibt es „begrenzende“ Richtlinien.

Stellvertretende Fraktionsvorsitzende können das 1,5-fache der Pauschale zusätzlich erhalten.

Ab 16 Fraktionsmitgliedenr steht einem weiteren (zweiten) Stellvertreter des Faktionsvorsitzenden dieser Zuschlag zu, und ab 24 Fraktionsmitglieder auch einem dritten Stellvertreter.

Auch Ratsmitgliedern, die zum Ausschussvorsitzenden gewählt werden, steht das Doppelte der „normalen“ Pauschale zu.

EXKURS:

Mit einer Ausnahme: Ist ein Ratsmitglied gleichzeitig im Hauptamt Mitarbeiter einer Fraktion, hat es keinen Anspruch auf einen Zuschlag. Dies trifft nach derzeitigem Kenntnisstand nur auf den SPD-Ratsherrn Thomas Fegers zu, der den Vorsitz des Planungs- und Bauausschusses übernommen hat und gleichzeitig als Geschäftsführer bei der SPD-Fraktion angestellt ist.

Dies hängt mit den Zuwendungen zusammen, die den Fraktionen nach § 56 (3) der Gemeindeordnung zustehen. Diese Zuwendungen beinhalten auch Kosten für das Personal in den Fraktionsgeschäfts­stellen.

Die prognostizierbaren Gesamtkosten für die Fraktionsgeschäftsstellen belaufen sich jährlich auf über 835.000 EURO.

Gegenüber der vergangenen Ratsperiode wird dies ein geschätzter Anstieg von bald 20% sein. Dies war eine der Folgen der Kommunalwahl am 13. September, wodurch die Zahl der Ratsmitglieder auf 76 stieg.

Weil sich ein AfD-Ratsmitglied nicht der AfD-Fraktion angeschlossen hatte, muss diese Fraktion auf fast 7.800 EURO pro Jahr verzichten.

Einkünfte der Ratsmitglieder aus dem politischem „Ehrenamt“

Aufwandsentschädigungen sind Einnahmen wie Gehälter, Renten, Pensionen, Einnahmen aus Vermietungen usw. und müssen dementsprechend versteuert werden.

Bei manchem Ratsmitglied stellen die Aufwandsentschädigungen einen wesentlichen Teil der Einnahmen dar.

Das „Ranking“ der Einkünfte aus „ehrenamtlichen kommunalpolitischen Tätigkeiten“, die nach der EntschVO NRW führt mit über 34.000 EURO die CDU-Politikerin Petra Heinen-Dauber an.

Auszug aus der „Ranking-Liste“ zu den Einkünfte der 76 Ratsmitglieder mit Schwerpunkt „Funktionen im Stadtrat“

Gesamtes „Ranking“ mit diesem Schwerpunkt als PDF zum Download

Auszug aus der „Ranking-Liste“ zu den Einkünfte der 76 Ratsmitglieder mit Schwerpunkt „Funktionen in den Bezirksvertretungen“

Gesamtes „Ranking“ mit diesem Schwerpunkt als PDF zum Download

Die Jahreseinkünfte von Heinen-Dauber setzen sich zusammen aus diesen Funktionen:

An diesem Beispiel ist erkennbar, dass ein solches Ehrenamt besonders dann „lukrativ“ wird, wenn durch den Einfluss der Partei bzw. der Fraktion oder dessen Vorstände Zugänge zu Funktionen eröffnet werden, aus denen (durchaus legitim) Zuschläge nach der EntschVO NRW generiert werden können.

Das gilt für alle Ratsmitglieder, nicht hingegen für den Oberbürgermeister, dem weder für seine Funktion als Vorsitzender des Stadtrate noch als Vorsitzender von Ausschüssen (Hauptausschuss und Beschwerdeausschuss) Zuschläge nach EntschVO zustehen.

Kommunalpolitische „Ehrenämter“ werden besonders dann zusätzlich lukrativ, wenn weitere Einkünfte aus Aufsichtsgremien städtischer Gesellschaften oder andern Beteiligungen generiert werden können.

Dadurch wird das Ranking der Einkünfte auf Basis des Ehrenamtes möglicherweise ein anderes Aussehen bekommen.

Aufwandsentschädigungen sind kein Lohn für erbrachte „Arbeitsleistungen“.

Legt man dieses Prinzip zugrunde, stellt sich die Frage, für welchen Aufwand die „Ehrenamtler“ zu „entschädigen“ sind, besonders wenn die „Entschädigungssummen“ Größenordnungen erreichen, die nicht selten über dem Einkommen einer Durchschnittsfamilie liegen.

Spricht man mit langjährigen und „hochverdienenden“ Kommunal­politikern, rechnen sie vor, wie hoch der Zeitaufwand für das Ehrenamt ist.

Und genau da liegt der „Hase im Pfeffer“: Aufwandsentschädigung ist eben KEIN Lohn für aufgewendete (Arbeits)zeit.

Bei der Frage, für was (außer Zeitaufwand) sie „entschädigt“ werden müssen, also welchen „Schaden“ es gilt auszugleichen, trifft man auf breiter Linie auf betretenes Schweigen.

Um es deutlich zu sagen, hierbei geht es nicht um die sachkundigen Bürger oder gar die sachkundigen Einwohner, die im Verhältnis zu den „Pauschalierten“, den Ratsmitgliedern und Mitgliedern in den Bezirks­­vertretungen quasi mit einem „Almosen“ (derzeit 37,20 EURO pro Sitzung) abgespeist werden, obwohl sie oft das gleiche Engagement an den Tag legen, wie ihre Ausschusskollegen.

Legt man das Limit von 40 Sitzungen von Fraktionen und Ausschüssen pro Jahr aus der Mönchengladbacher Hauptsatzung zugrunde kommt ein „Sachkundiger“ auf nicht einmal 1.500 EURO pro Jahr.

Das sind die wirklichen ehrenamtlichen Kommunalpolitiker!

Und auch die gewählten „Sachkundigen“ in den Bezirksvertretungen, die sich mit aktuell 248,20 bzw. 214,40 EURO pro Monat begnügen müssen.

Dass angesichts dessen sich wohlhabende Ratsmitglieder wiederholt in Ratssitzungen beklagen, dass sie ja „nur Ehrenamtler“ seien, obwohl sie sich oft als große „Macher“ aufspielen, ist mit Blick auf „Ehrenamtliche Einkünfte“ im mittleren 6-stelligen EURO-Bereich nur noch peinlich.

Solche Beträge können nur dadurch „erzielt“ werden, wenn man sich recht früh die lukrativsten „Posten“ sichert – auch indem man seine internen „Freunde“ entsprechend „bedient“.

Da bleibt es nicht aus, dass Bürger von „Selbstbedienung“ sprechen, wobei sie leider nicht differenzieren (können) und die wirklichen Ehrenamtler in ihr Urteil einbeziehen.

Solche Entwicklungen lassen sich nur dadurch verhindern, dass eine Häufung von lukrativen Posten auf wenige Personen unterbunden wird und/oder das System der Aufwandsentschädigungen, beispielsweise in Richtung „Deckelung“ reformiert wird.

Dass es in der gerade begonnen Ratsperiode zu Änderungen kommt, ist nahezu ausgeschlossen.

Es wird also bis auf Weiteres bei den ehrenamtlichen Kommunal­politikern bei einer „Zwei- oder Dreiklassen-Gesellschaft“ bleiben, bei der die Spitzen als „Premium-Ehrenamtler“ ihre Machtpositionen ausnutzen, um „den Rahm abzuschöpfen“ und die übrigen wider­spruchslos, dem Fraktionszwang folgend, brav ihre Abstimmungs­hände hebend, teilnahms- und sprachlos den Ratssitzungen beiwohnen.