Viele Institutionen, Verbände und Interessengruppen haben vor der Bundestagswahl so genannte „Wahlprüfsteine“ erarbeitet, die Parteien mehr oder weniger intensiv auf die Forderungen geantwortet und der eine oder andere Wähler sein Wahlverhalten vielleicht daran orientiert.
Sobald die Wahl gelaufen ist und sich mögliche Koalitionspartner gefunden haben, sind die Antworten der Parteien vielfach nur noch Makulatur.
Darauf reagieren einige gesellschaftlichen Interessengruppen und legen nach der Wahl förmlich noch einmal nach.
Behindertenbeauftragte der Länder und des Bundes
Zum Abschluss ihres 62. Treffens am 14. und 15. Oktober 2021 in Dresden haben sie Form von »Dresdner Positionen« Forderungen für einen Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages verabschiedet.
Im Einzelnen umfassen die „Dresdner Positionen“ 40 konkrete Forderungen.
Die Beauftragten fordern, dass bei den Koalitionsverhandlungen die Belange von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsthema in allen Politikfeldern Berücksichtigung finden. Unter anderem wird das Themenfeld ‚Umfassende Barrierefreiheit‘ benannt, hier zum Beispiel:
- die Verpflichtung von privaten Anbietern zur Barrierefreiheit,
- Inklusives Wohnen und soziale Teilhabe, die Schaffung von bezahl-barem und barrierefreiem Wohnraum soll konsequent vorangetrieben werden, so sollen Bundesmittel für Förderprogramme zum barrierefreien Wohnungsbau (z.B. KfW Programm »Altersgerecht um-bauen«) verdreifacht werden,
- die Weiterentwicklung des Bundesteilhabegesetzes konform zur UN-Behindertenrechtskonvention,
- den Ausbau barrierefreier Mobilität und digitale Barrierefreiheit.
Fachteam Mobilität des BSK (Bundesverband Selbsthilfe Körperbhinderter e.V.)
Zur Bundestagswahl hatte der BSK den Parteien so genannten „Wahlprüfsteine“ mit der Bitte um Positionierungen zugesandt.
Diese enthielten Forderungen u.a. zur Umsetzung von Barrierefreiheit in sämtlichen Gebieten der Mobililität und hier speziell zu den einschlägigen natitonalen und europäischen Richtilienen und Gesetzen.
Die Forderungen wurden von den drei potenziellen Koalitionären verbal anerkannt, was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass die thematisch zuständige Arbeitsgruppe 7 „Mobilität“ der Koaplitionsverhandlungen diese auch in ihren Diskussionen zielgerichtet behandelt.
Daher sah das Fachteam „Mobilität“ des BSK die Notwendigkeit, die führenden Mitglieder in der Arbeitsgruppe 7 noch einmal an die Forderungen zu erinnern und konkrete Maßnahmen für die bevorstehenden Legislatur zu nenennen:
- Aufnahme von Barrierefreiheit als zwingendes Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Fördergelder
- Einbindung der Verbände der Behindertenselbsthilfe von Anfang an bei allen Planungen im Verkehrsbereich
- Überarbeitung der TSI PRM
- Anwendung der in Deutschland geltenden Gesetze BGG, UN-BRK, AGG und PBefG bereits bei den Ausschreibungen
Der BSK betont in den Schreiben an die Verhandlungführer der drei potentiellen Koalitionspartner, Matthias Miersch (SPD), Oliver Krischer (Grüne) und Lukas Köhler (FDP), dass das Prinzip der Barrierefreiheit immer noch lediglich auf die Zielgruppe der Menschen mit Behinderung bezogen wird, jedoch
- eine barrierefrei zugängliche Umwelt für etwa 10 % der Bevölkerung zwingend erforderlich,
- für etwa 30 bis 40 % notwendig und
- für 100 % komfortabel.
sei.
Die Mehrheit der Gesellschaft profitiere von der Umsetzung der UN-BRK.