Der derzeit alleinige Vorsitzende des Mönchengladbacher Kreisverbandes der Grünen, Martin Wirtz, hatte zu Donnerstag, 22.09.2022 in die Grünen-Geschäftsstelle zu einer „Offenen Gesprächsrunde“ mit den Vertreter der Initiative „Radentscheid Mönchengladbach“ eingeladen, was für einen vollen Konferenzraum mit am Ende ca. 30 Teilnehmern sorgte.
Damit ist B90/Die Grünen die erste Mönchengladbach politische Gruppierung, die sich mit den Aktiven des Radentscheides Mönchengladbach in einen Dialog begeben hat.
Ebenfalls – sozusagen als „Gäste“ der Partei – waren die Fraktionsspitze um Dr. Boris Wolkowski und weitere Grünen-Vertreter in Bezirksvertretungen und Ausschüssen gekommen.
Nach der Begrüßung durch Vorstandmitglied Claudia Schüller übernahm Thomas Diehl die Gesprächsleitung und war überrascht, dass die Gäste des Radentscheids kein ausführliches Statement abgaben.
Susanne Jud, eine der beiden Vertretungsberechtigten der Initiative, klärte zu Beginn ergänzend zu den von ihr ausgelegten Flyern und Unterschriftenbögen lediglich auf, dass es sich beim Radentscheid um ein so genanntes „initiierendes“ Bürgerbegehren handele, bei dem es – im Gegensatz zu „kassierenden“ Bürgerbegehren (wie beispielsweise „Haus Erholung“) – keine Frist für die Abgabe der gesammelten Unterschriften an den Oberbürgermeister gibt.
Aufmerksam verfolgten einige anwesende ADFC-Mitglieder und Martin Asbeck, Kreisvorsitzender des VCD Mönchengladbach (Verkehrsclub Deutschland) die Veranstaltung; ADFC und VCD gehören zu den Unterstützern des Radentscheides.
Die erwartbare Frage nach der Zahl der schon gesammelten Unterschriften wurde – ebenso erwartbar – nicht beantwortet.
Stattdessen berichteten die Aktiven der Initiative, dass sie beim Sammeln der Unterschriften bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen im Stadtgebiet, wie Konzerte u.ä. und auch anlässlich von Heimspielen im Bereich des Borussia-Parks auf eine große Resonanz gestoßen seien.
Die Frage aus dem Teilnehmerkreis, ob es „Gegenwind“ gegeben habe, wurde von den Unterschriftensammlern negiert; es habe keinen gegeben.
Im Gegenteil: Die Zahl der Personen und mittlerweile über 50 Stellen, die sich bereit erklärt hätten, Unterschriftenblätter zu verteilen und entgegenzunehmen wachse stetig.
Auch würden die von der Verwaltung geschätzten Kosten meist „nicht für bare Münze“ genommen und hätten in Gesprächen so gut wie keine Rolle gespielt.
Das Thema Kosten der geforderten Maßnahmen rief den Grünen-Fraktionssprecher Dr. Boris Wolkowski auf den Plan, der zeitlich gesehen einen nicht geringen Teil der Wortbeiträge an diesem Abend bestritt.
Anders als der Vorsteher der BV Süd, Ulrich Elsen (SPD), auf der von Marcel Klotz (Grüne) federführend betriebenen facebook-Seite „Die Ampel Bezirksvertretung Süd“, vermied es Wolkowski, die Forderungen als „radikal“ einzuordnen und sich zu positionieren.
Stattdessen „lobte“ er das Engagement von Susanne Jud und ihren Mitstreitern, um sogleich in die Rhetorik zu verfallen, wie Elsen in seinem facebook-Post.
Auch er, der vornehmlich auf die Stadtfinanzen bedacht sei, halte die Finanzierung der sieben Forderungen über acht Jahre mit 50 Mio. EURO pro Jahr für nicht realisierbar.
Darauf, dass die Kernforderung nach „baulich getrennten Radwege“ nicht – wie er zunächst meinte – für alle Straßen gelten sollten, sondern sich nur für Straßen aus dem Vorrangstraßennetz bezieht, musste er noch besonders hingewiesen werden.
Bezüglich der Höhe der (geschätzten) Kosten wies Susanne Jud darauf hin, dass die 393 Mio. EURO von der Verwaltung vorgegeben worden seien und als Zitat in das Unterschriftenblatt aufzunehmen gewesen sei.
Wie es zu diesem Betrag gekommen sei, könne sie nicht sagen; die Initiative habe diesen in der vorliegenden Form übernehmen müssen.
Dazu meinte Wolkowski, dass er darüber noch einmal mit Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) sprechen müsse, um Details zu der Kalkulation zu erfahren.
Er kenne den Oberbürgermeister sehr lange und sei überzeugt davon, dass dieser wissentlich nichts Falsches erklären werde.
Wolkowski dazu: „Ich halte die 393 Mio. EURO für nachvollziehbar“
Dennoch sicherte Wolkowski zu, sich beim Baudezernenten und dem Oberbürgermeister um eine Aufschlüsselung zu kümmern.
Im Verlauf der weiteren Diskussion hatte Susanne Jud große Mühe, einer einzelnen Nachfragerin klar zu machen, dass Vertretungsberechtigte keine Chance haben, bei zu hoch befundenen Kostenschätzungen der Verwaltung über das Zustandekommen im Detail nachzufragen (Anm. des Autors: Was im Übrigen kein Spezifikum für Radentscheide, sondern bei allen Bürgerbegehren der Fall ist).
Angesichts dessen war die Frage einer Grünen-Politikerin, ob sich die Initiative um Quellen für Fördermittel bemüht habe und welche das gewesen seien, einigermaßen naiv.
Dennoch kam aus den Reihen der Initiative der Hinweis auf die aktuelle 100-%-Förderung des Bundes für Radwege.
Ein weiteres „Problem“ bei der Umsetzung der Forderungen sah Wolkowski darin, dass es nicht genügend Personal in der Verwaltung gebe, das die Aufgaben, die sich aus den Forderungen und der Akquisition von Fördermitteln ergeben würden, übernehmen könnte.
Geschickt lenkte er den Blick auf konkrete Straßen „für die man ja schon was tue“, obwohl im Bürgerbegehren „Radentscheid“ an keiner Stelle irgendeine Straße genannt wird und darüber hinaus auch keinerlei Ausführungsform eines „baulich getrennten Radweges“ präferiert wird.
Eine der Kernfragen beim Thema „Radentscheid Mönchengladbach“ wird sein, wie die Ampel-Partner und damit auch die Mitglieder der Grünen-Fraktion umgehen würden, wenn genügend Unterschriften zusammenkämen und der Stadtrat dem Bürgerbegehren stattgeben und damit einen Bürgerentscheid vermeiden würde.
In seiner Antwort auf diese gestellte Frage berief sich Wolkowski darauf, dass er nicht allein entscheide, wie sich die Grünen im Stadtrat positionieren würden.
Man werde in der Fraktion diskutieren und zu einem Abstimmungsergebnis kommen und ggf. die Abstimmung frei geben.
Wenn die Fraktion mehrheitlich damit auch die Ampel-Kooperation mit SPD und FDP in Frage stellen würde, dann wäre das eben so.
Das wisse er nicht.
In diesem Kontext merkte die Co-Fraktionssprecherin Ulla Schmitz an, dass es erhebliche Anstrengungen um die Durchsetzung der nunmehr beschlossenen „Protected Bike Lane“ an der Hohenzollernstraße gegeben habe.
Damit entwickelte sich eine Debatte um Themenkomplexe „Rund um das Radfahren in Mönchengladbach“, die mit dem Kernthema „Radentscheid Mönchengladbach“ kaum etwas gemein hatten.
Die Konsequenzen aus dem sicherlich für einige Teilnehmer sich ergebenden Erkenntnisgewinne wird man in naher und ferner Zukunft beobachten können.
Ob Wolkowski eine solche „Aufschlüsselung“ der 393-Mio.-Schätzung erhält und wie „nachvollziehbar“ er diese dann sieht, ist letztlich irrelevant.
Denn:
1.
Das Bürgerbegehren ist angemeldet und eingeleitet.
2.
Das Unterschriftenblatt enthält die von der Verwaltung vorgegebene Kostenschätzung in Höhe von 393 Mio. EURO
3.
Die Sammlung von Unterschriften ist in vollem Gange
4.
Die Entscheidung, wann die gesammelten Unterschriften dem Oberbürgermeister zur Prüfung übergeben werden, trifft die Initiative.
5.
Wann der Oberbürgermeister das Thema „Radentscheid Mönchengladbach“ auf die Tagesordnung setzt, liegt in seiner Zuständigkeit.
6.
Ausgang ungewiss.
Fakten sind aktuell aber auch:
1.
SPD, FDP und auch Teile der grünen Fraktion sind von der 393-Mio.EURO-Schätzung des Baudezernenten Dr. Gregor Bonin (CDU) so „geschockt“, dass dieser – solange er noch im Amt ist – sein (denkbares) Ziel erreicht haben könnte, die Forderungen aus dem Radentscheid nicht umsetzen zu müssen.
2.
Wenn – was zu erwarten ist – Ulrich Elsen mit seiner „eigenen Meinung“ innerhalb der SPD nicht alleine steht, könnte die SPD-Fraktion das Bürgerbegehren ablehnen und es auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen.
3.
Tendenziell gilt das (2.) auch für große Teile der FDP.
4.
In Teilen der Grünen-Fraktion scheint – wie bei anderen anstehenden Themen auch – die „Angst“ vor einem Bruch der Ampel-Kooperation und damit der Verlust von Einfluss (um nicht zu sagen „Macht“) vorherrschend zu sein.
Dass Dr. Boris Wolkowski schon jetzt die Kostenschätzung „für plausibel“ hält und (vorsorglich) auf vermeintliche Personalprobleme in der Verwaltung hinweist, kann durchaus als Zeichen gedeutet werden, dass er einer Ablehnung des Radentscheides durch ihn selbst (oder sogar der Grünen-Fraktion) „argumentativ vorbeugen“ will.
Deutlicher erkennbar ist jedoch die Fortsetzung seiner Tendenz, kritikfrei in erster Linie Verwaltungspositionen einzunehmen.
Ob er damit sich und „seiner“ Grünen-Partei und deren mandatsfreien ehrlich engagierten Mitgliedern einen Gefallen tut, wird sich erweisen.
Es wird sich auch erweisen, ob er dazu beiträgt, was Denisa Richters (RP) in ihrer heutigen Kolumne „Mensch Gladbach“so beschreibt: „… Mit der Ampel-Mehrheit im Stadtrat, insbesondere dem Kurs der Grünen, hat die Fahrrad-Lobby Rückenwind.“ (Zitat Ende).
Ungeachtet der Tatsache, dass seine „Zusicherung“, Transparenz in der Kostenschätzung herstellen zu wollen, für das laufende Bürgerbegehren keine Wirkung erzeugt, wird es spannend sein zu beobachten,
- ob und in welcher Form er seine „Erkenntnisse“ zur Kostenschätzung der breiten Öffentlichkeit bekannt gibt, oder
- ob die „Zusicherung“ nicht mehr war, als eine seiner nicht seltenen unverbindlichen Sprechblasen oder
- ob er gar so viel Einfluss „in die Ampel“ hinein hat, dass die beiden anderen Partner die Ziele des Bürgerbegehrens „Radentscheid Mönchengladbach“ unterstützen und damit einen Bürgerentscheid vermeiden.
Der ganze Radentscheid ist Blödsinn.
Genauso wie die Verunstaltung der Brucknerallee seit „Blauer Route“, die darauf folgenden wirklich lebensgefährlichen Pseudo-Radwege im Gegenverkehr von engen Einbahnstraßen in MG.
Alles unnötiger Kram!
Dass die Stadt für Pseudo-Bepinselungen noch Geld kassiert (Siehe auch in MG-Pesch nahe Volksgarten) ist ein absolutes NoGo!
Über sowas verlieren aber weder ADFC noch sonstige Fahrrad-Wütigen überhaupt kein Wort.
Im Gegenteil: man ebnet der Stadt und ihren Pseudo-Prestige-Objekten noch den Boden!