Wer sich für ein politisches Amt bewirbt, bringt nicht nur eine Parteizugehörigkeit mit, sondern auch einen beruflichen Hintergrund.
Bei der Kommunalwahl am 14. September werden diese Angaben auf dem Wahlzettel stehen.
Die Angaben haben die Kandidaten bei der Beantragung auf Zulassung zur Wahl gemacht und werden auch so auf den Wahlzetteln stehen.
Wir haben die gemeldeten Berufe der annähernd 300 Direktkandidatinnen und -kandidaten in Kategorien („Cluster“) zusammengefasst und ausgewertet, um u.a. den Fragen nachzugehen:
- Welche Berufe dominieren?
- Und wie verteilen sie sich auf die Parteien?
Ein erster Überlick
Mit 69 Nennungen ist der kaufmännische Bereich die größte Gruppe unter den Kandidaten – quer durch fast alle Parteien.
- Spitzenreiter sind AfD, CDU und FDP mit jeweils 11 Nennungen
- Diese Berufsgruppe umfasst vom Bankkaufmann bis zu Vertriebsleitern viele unterschiedliche Tätigkeiten.
39 Kandidaten können den Bereichen Schule, Hochschule oder Forschung zugeordnet werden.
- Auffällig: Grüne (6) und Die Linke (7) sind hier stärker vertreten keine aus der AfD
- Häufig vertreten sind Lehrer, Dozenten und pädagogische Fachkräfte.
36 Kandidaten bringen technische oder IT-Berufe mit.
- Hohe Anteile bei AfD (6), Grüne (6) und SPD (6).
- Relevanz: In Zeiten von Digitalisierung und Smart City könnten hier fachliche Kompetenzen einfließen.
32 Kandidaten sind im Ruhestand – oft ohne genaue Angabe der vorherigen beruflichen Tätigkeit.
- Hoher Anteil bei AfD (8) und Grüne und SPD (jeweils 6).
- Mögliche Wirkung: Signal von Lebenserfahrung, aber weniger Transparenz über frühere Berufsfelder und damit keine Hinweise auf etwaige Kompetenz.
Weitere Gruppen
- Selbstständigkeit (31 Kandidaten): Stark bei Grüne (7), CDU (5).
- Soziales, Pflege & Gesundheit (20): Hoher Anteil bei Die Linke (8) und Die Partei (4).
- Operativ Tätige (25): Überwiegend in Handwerk, Produktion oder Dienstleistungen.
- Öffentlicher Dienst (14): Beamte und Verwaltungsmitarbeiter, u. a. bei CDU (4) und SPD (4).
Die Analyse im Detail
Technik & Informatk
[Beispiele]
- Computerlinguistin
- Datenschutz
- Elektrotechnik
- Geographie
- Geologie
- Gutchater
- Informatik
- Ingenieurwesen
- IT-Beratung
- Maschinenwesen
- Mediengestaltung
- Prüfwesen
- Sachverständiger
- Standplanung
Bildung & Wissenschaft
[Beispiele]
- Historiker
- Lehrkraft
- Schüler
- Sonderpädagogik
- Sozialpädagogik
- Sozialwissenschaft
- Student
- Studium
- Übesetzer
- Verkehrspsychologe
- Wiss. Mitarbeit
Soziales, Pflege & Gesundheit
Kaufmännisches
[Beispiele]
- Betriebs- und Volkwirtschaft
- Einzel-, Groß- und Außenhandel
- Finanzwesen, Steuerwesen, Controlling
- Angestellte
- Marketing, Werbung, Eventmanagement
- Organisation, Projektmanagement
- Personalwesen
- Sparkassen- und Bankenwesen
Öffentlicher Dienst
[Beispiele]
- Justizvollzug
- Ministerialbürokratie
- Oberbürgemeister
- Polizei
- Polizeivollzug
- Postwesen
- Verwaltungsangestellte
- Verwaltungswirt
Operative Täigkeit
[Beispiele]
- Gastronomie
- Hausverwaltung
- Kfz-Technik
- Labor
- Lebensmittel
- Logistik
- Metallwesen
- Straßenbau
- Textilwesen
- Umzug
Ruheständler
Die Angaben dieser Kandidaten (Rentner und Pensionempfänger) lassen keine Rückschlüsse auf die ehemals ausgeübten Berufe und die zu erartenden Kompetenzen zu.
Selbstständigkeit
[Beispiele]
- Consultant
- Fahrlehrer
- Freiberufler
- Gastronom
- Juristerei
- Landwirt
- Schornsteinfegermeister
- Selbst. Kaufmann
- Unternehmensberatung
- Vermögensberater
Was heißt das für die Wählerinnen und Wähler?
- Berufliche Vielfalt kann ein Plus sein – unterschiedliche Erfahrungen bereichern den politischen Diskurs.
- Übergewicht einzelner Branchen könnte auch heißen, dass bestimmte Perspektiven überrepräsentiert sind.
- Unklare Angaben wie „Rentner“ oder „selbstständig“ erschweren die Einschätzung von Qualifikationen.
Zwei „Newcomer“ im Vergleich
Bei der AfD sticht der hohe Anteil an kaufmännischen Berufen (11) und operativ Tätigen (8) hervor – dazu kommen 8 Ruheständler, was auf eine eher ältere Kandidatenstruktur hinweist.
- Politische Lesart: Das Profil ist stark mittelständisch und praxisorientiert, weniger akademisch oder sozialberuflich geprägt.
- Mögliche Wirkung: Könnte Wählergruppen ansprechen, die Wert auf Erfahrung im Wirtschafts- oder Handwerksbereich legen, und eher konservative Milieus mobilisieren.
VOLT fällt durch den hohen Anteil an Bildung & Wissenschaft (6) und kaufmännischen Berufen (5) auf – keine Ruheständler, was die junge Altersstruktur unterstreicht.
- Politische Lesart: Stark akademisch, urban geprägt, mit wirtschaftlicher und internationaler Ausrichtung.
- Mögliche Wirkung: Spricht vermutlich vor allem jüngere, bildungsorientierte und weltoffene Wähler an.
Exkurs: Migrationspolitk & Berufliche Hintergründe

AfD verfolgt eine restriktive Migrationspolitik, mit Fokus auf Begrenzung und Kontrolle.
Die dominante Kandidatenstruktur aus kaufmännischen, handwerklichen und rentnergeprägten Hintergründen spiegelt Milieus wider, die Migration oft unter wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Aspekten sehen.
VOLT steht für eine liberale, pro-europäische Migrationspolitik.
Der hohe Akademikeranteil und die internationale Perspektive deuten auf ein Kandidatenprofil, das Migration als Chance für Fachkräftegewinnung und kulturelle Vielfalt begreift.
Fazit
Unsere Analyse zeigt: Die berufliche Vielfalt ist groß, aber die Unterschiede zwischen den Parteien sind deutlich.
Vom Lehrer bis zum Techniker, vom Kaufmann bis zur Rentnerin – die Hintergründe könnten beeinflussen, welche Themen künftig im Stadtrat Priorität haben.
Besonders spannend: der Vergleich zwischen AfD und VOLT – auch im Hinblick auf Migrationspolitik.
All das bezieht sich natürlich auf die „Wahlkampfzeit“.
Wenn diese am Abend der 14. September endet, werden wir sehen, wie sich er Stadtrat unter dem Gesichtpunkt der Berufe und damit und der „fachliche“ Kompetenz der nominell 66 Ratsmitglieder zusammensetzen wird.
Das wird BZMG in ähnlicher Weise analysieren und die Ergebnisse ebenso vorstellen, wie die Zusammensetzung einer möglichen Kooperation nach der Konstituierung des neuen Rates, die für Mittwoch, den 5. November 2025 um 13:00 Uhr in der Kaiser-Friedich-Halle geplant ist.

Wie Wählerinnen und Wähler die Analyse aufnehmen, dürfte unterschiedlich ausfallen:
Manche werden die Übersicht als wertvolle Orientierungshilfe sehen, um über Parteinamen hinaus auch die Menschen und ihre beruflichen Hintergründe kennenzulernen.
Andere könnten gezielt hinterfragen, warum bestimmte Berufsgruppen oder Alterssegmente bei einzelnen Parteien kaum vertreten sind.
Auch bei den Direktkandidaten selbst sind unterschiedliche Reaktionen denkbar:
Für viele ist die Einordnung eine Gelegenheit, ihre berufliche Erfahrung als politisches Argument zu nutzen.
Andere werden möglicherweise ergänzen wollen, dass der auf dem Wahlzettel genannte Beruf nicht das gesamte Spektrum ihrer Kompetenzen abbildet.
Unabhängig von der individuellen Bewertung kann die Auswertung zu einer breiteren Debatte beitragen:
Spiegelt die Zusammensetzung der Kandidaten tatsächlich die Vielfalt der Stadtgesellschaft wider – oder gibt es Bereiche, die in der Kommunalpolitik stärker vertreten sein sollten?
Beide Gruppen, also Wählerinnen und Wähler und Direktkandidaten oder Parteien, haben die Möglichkeit, sich (nach einer kurzen Registrierung) zu dieser Analyse zu äußern.
Die AfD als „Newcomer“ hervor zu heben ist unglaublich, es verkennt, dass sie schon 2014 mit einer Person im Stadtrat saß und 2020 sogar 5 Menschen über deren Liste eingezogen sind.
Von den 5 ist einer gar nicht der AfD Fraktion beigetreten, eine Person ist aus dem Rat wegen Betrug (Angabe falscher Wohnsitz) ausgeschlossen worden und entsprechend eine andere Person nachgerückt, 3 sind dann innerhalb der Wahlperiode über das Zentrum zum Bündnis Deutschland gewechselt und so sitzt eine Person noch immer als AfD Mitglied im Rat.
Also alles andere als „Newcomer“, aber die größten im Betrug der Wähler*innen.
Die Haltung der AfD verkennt, dass Migrationspolitik durch kommunales Handeln nur wenig beeinflusst werden kann.
Der Versuch von AfD-Vertretern, durch die Verwendung des Reizwortes „Re-Migration“ ein konfrontatives Gesprächsklima zu schaffen, berücksichtigt genau das.
So beispielsweise geschehen durch den AfD-OB-Kandidaten Michael Immel bei einer „Diskussionsveranstaltung“ der „Freien Wähler“ am 4.9. in einer Neuwerker Kleingartenanlage.
Einige Teilnehmer hatte diese Äußerung als Provokation empfunden und mussten Herrn Immel darüber aufklären, dass dieses Thema keines für die Kommune ist und besonders nicht für einen Oberbürgermeister.