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Wie schon im Kommunalwahlkampf 2020 lud „Pulse of Europe“ (diesmal in Kooperation mit der evangelischen Philippus-Akademie) mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl zu einer Podiumsdiskussion ein.

Während 2020 die Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters sich zum Thema „Mönchengladbach & Europa“ positionieren sollten, war geplant, am Sonntag, den 05.09.2021, die Mönchengladbacher Direktkandidaten für den Bundestag auf das Podium zu bitten.

Sie sollten  in der evangelischen Hauptkriche in Rheydt zum Thema „Bundestag & Europa“ Statements abgeben und Fragen dazu aus dem Publikum beantworten.

Weil nicht alle in Mönchengladbach bei der Wahl zum Bundestag antretenden Parteien Direktkandidaten benannt haben, bestand das Podium aus „Vertretern“ von Parteien.

Mönchengladbacher Linken haben keinen eigenen Bundestagskandidaten aufgestellt, weil der hiesige Kreisverband mit der Landesliste der Partei und der auf Platz 1 gesetzten Sahra Wagenknecht nicht einverstanden war. So wurde DIE LINKE durch Sebastian Merkens vertreten.

Die in Erkelenz wohnhafte Bundestagskandidatin der Mönchengladbacher Grünen, Kathrin Henneberger, konnte wegen einer Großveranstaltung am Braunkohletagebau nicht teilnehmen, hatte ihr Statement in einem Videoclip abgegeben und wurde auf dem Podium von Laura Steeger (B90/Die Grünen) vertreten.

Die im März 2018 gegründete, also relativ junge, paneuropäische Partei VOLT strebt in den Bundestag und wurde durch die Düsseldorferin Paula Mühl (20) vertreten. Die im Aufbau befindliche Partei war noch nicht in der Lage in allen Wahlbezirken eigene Bundestagskandidaten aufzustellen. Volt erreichte bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen 2020 insgesamt 16 Mandate in Stadträten, vier in Köln, drei in Bonn, je zwei in Aachen, Düsseldorf, Münster und Siegen und eines in Paderborn. In manchen dieser Städten ist VOLT Bestandteil der Ratsmehrheit.

Neu in den Bundestag einziehen möchten die FREIEN WÄHLER, die mit der Mönchengladbacherin Annette Schrader-Schoutz als Direktkandidatin antreten.

Ebenfalls als Bundestagskandidaten nahmen Peter König für die FDP, Dr. Günter Krings für die CDU und Gülistan Yüksel für die SPD auf dem Podium teil.

Begrüßt wurden die etwa 50 Teilnehmer vom Hausherrn der Evangelischen Hauptkirche Pfarrer Stephan Dedring, für die Philippus-Akademie von Pfarrerin Susanne Schneiders-Kuban und von Nicole Wagner, der Vorsitzenden von Pulse of Europe Mönchengladach.

Susanne Schneiders-Kuban verlas darüber hinaus ein Grußwort von Pfarrer Dietrich Denker, dem Superintendenten vom Ev. Kirchenkreis Gladbach-Neuss.

Darin betonte Drenker u.a. die Bedeutung eines vereinten und friedliches Europa, für das die Achtung der Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit selbstverständlich sein müsse.

Nicole Wagner erinnerte an eine ähnliche Veranstaltung mit Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters vor der Kommunalwahl 2020, in der die Wichtigkeit der Verbindung von Kommunalpolitik und Europa diskutiert wurde.

Mindestens ebenso wichtig sei die Verbindung von Bundespolitik und Europa einzustufen, auch weil Deutschland eine herausragende Stellung und damit auch entsprechenden Einfluss auf die europäische Entwicklung habe.

Hinweis zu den nachfolgenden Audio-Aufnahmen: Wie in anderen historischen Gebäuden verfügt auch die Evangelische Hauptkirche über eine hervorragende innere Akustik. Trotz einer sehr guten Mikrofon- und Lausprechertechnik, lassen sich „Halleffekte“ nicht vermeiden, so dass um Nachsicht gebeten wird, wenn einige Aufnahmen – trotz Nahchbearbeitung – nicht mit der Klarheit zu vernehmen sind, wie während der Veranstaltung.

Pfarrer
Stephan Dedring

Pfarrerin
Susanne Schneiders-Kuban

Nicole Wagner
Leiterin von Pulse of Europe
Mönchengladbach

Den Vertretern der Parteien stand es frei, ob sie ihre Eingansstatements von ihren Pläzen oder vom Rednerpult aus halten wollten. Das Statment der grünen Kandidatin wurde zu Beginn abgespielt.

Statements der Vertreter der Parteien

 

Kathrin Henneberger meinte, es gebe keinen besseren Ort, als der Tagebau Garzweiler, der größten CO2-Quelle Europas, über Europa zu sprechen.

Für sie sei das Europa ohne Krieg eine große Errungenschaft.

Vielfach sei Europa aber auch von „leeren Worten“ geprägt und berichtete in diesem Zusammenhang von einen Besuch u.a. auf der griechischen Insel Lesbos und dort in Flüchtlingscamps in denen ihr so genannte „Push backs“ beschrieben worden seien.

Von Europa wünsche sie sich (lokal) auch, dass der Tagebau stillgelegt werde.

 

 

Der Mönchengladbacher Peter König betonte, dass die FDP vollumfänglich positiv zur EU eingestellt sei, bemängelte jedoch den „Großen Apparat“, und erhoffe sich, dass die Entscheidungswege kürzer werden und ein Wechsel von „Einstimmigkeitsentscheidungen“ zu „Mehrheitsentscheidungen“ schnell vollzogen werde.

Darüber hinaus wolle die FDP, dass Europa zu einer gemeinsamen Verteidigung- und Außenpolitik komme und nannte dazu beispielhaft das Verhalten der EU in der Afghanistanpolitik.

Auch in der Rechtsstaatlichkeit und in der Klimapolitik sei Gemeinsamkeit nicht zu erkennen.

 

 

Ihre Motivation, für den deutschen Bundestag zu kandidieren, beschreibt Annette Schrader-Schoutz aus der Sorge um die Zukunft der Enkel-Generation.

Diese Zukunft sehe sie nicht „rosig“, weil sich deren Situation durch politische Veränderungen in der Welt vollständig verändere und nennt beispielhaft die Einflüsse aus China, Rußland und den USA, die zunehmend zu Bedrohung für die Verhältnisse in Deutschland und Europa würden.

Dies erfordere eine europäische Politik in Gemeinsamkeit, die ihrer Beobachtung nach momentan nicht stattfinde.

 

 

 

Sebastian Merkens stellte in seinem Statement die gesellschaftliche Verantwortung aller in den Mittelpunkt und brachte – nicht unerwartet – auch sozialistische Aspekte zur Sprache.

Deutschland verhalte sich in Europa überheblich, verdamme und verurteile.

Merkens verbindet dies mit den großen Differenzen bei den Brutto-Inlandsprodukten der EU-Mitgliedsländer meint, dass Deutschland den Europäischen Gedanken dadurch vernichte, weil es sich auf vielen Gebieten als „die Besten“ sehe.

 

 

 

Als mit gerade einmal 20 Jahren jüngste Podiumsteilnehmerin gab Paula Mühl ein deutliches Bekenntnis zu Europa ab und will diese Position – im Falle ihres Einzugs in den deutschen Bundestag – entsprechend vertreten.

Die ihr häufig gestellte Frage, warum eine (pan)europäische Partei im Bundestags vertreten sein müsse, beantworte Mühl mit dem Hinweis darauf, dass europarelevanten Entscheidungen zunächst einmal in den Parlamenten der Mitgliedsstaaten vorbereitet würden.

So kritisierte sie beispielsweise, dass im Programm der CDU stehe, dass das „Einstimmigkeitsprinzip“ in der EU keinen Sinn mache, jedoch diese und andere Parteien seit Jahren nichts dazu unternommen hätten, dieses Prinzip abzuschaffen und sich für ein „Initiativrecht“ auf Europäischer Ebene einzusetzen.

Mühl wünscht sich, dass auf allen politischen Ebenen und grenzüberscheitend unter dem Gemeinschaftlichkeitsgedanken entscheiden und gehandelt werde.

 

 

 

Dr. Günter Krings bestätigt de Veranstaltern die Notwendigkeit „Europa“ auch im Bundestagswahlkampf zu thematisieren.

Es müsse auch in den Nationalstaaten eine Bestandsaufnahme vorgenommen werden, um zu einer besseren Organisation innerhalb von Europa zu kommen, ohne dass Deutschland hier eine bestimmende Rolle spielen sollte.

Europa benötige einen „Neustart“, wozu die Europäische Kommission einen Vorschlag unterbreitet habe, den Deutschland und weitere Mitgliedstaaten unterstützen würden.

In einem weiten Blick auf die aktuell kritischen Aspekte beispielsweise von Klimapolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und Menschenrechte erklärt Krings, dass eine Rückbesinnung auf die europäischen Wert dringend sei.

 

 

 

Nach Hinweisen auf die Vergangenheit der EU und die Bedeutung Deutschlands für Europa, schlägt Gülistan Yüksel den Bogen zum „Dreiklang“ aus dem SPD-Wahlprogramm „Zukunft“, „Respekt“ und „Europa“, womit zum Ausdruck gebracht werden solle, das die SPD ein starkes Europa wünsche.

Anschließend hatten die Zuhörer noch Zeit für insgesamt sechs Fragen an die Podiumsteilnehmer, die nicht alle antworteten, auch weil nicht selten Antworten von „Vorrednern“ offensichtlich ähnlich ausgefallen waren, wie die „eigene“.

Frage zum Thema "Einstimmigkeitspoblematik bei der EU"

Frage zum Thema "Insolvenz von EU-Staaten"

Frage: „Wie stehen Sie dazu, dass Staaten Insolvenzverfahren ingangsetzen können?“

Antworten: (in der Reihenfolge der Wortmeldungen)

Dr. Günter Krings (CDU)
Sebastian Merkens (DIE LINKE)

 

Was schon während der Veranstaltung festzustellen war, bestätigt sich im „Nachhören“ der O-Töne: Mit Ausnahme von zwei oder drei waren die Podiumsteilnehmer mit der Themenstellung schlicht überfordert.

Es kann nicht angehen, dass man an ein Rednerpult tritt, um ein persönliches Statement zum Thema „Die europäische Dimension der Bundestagswahl“ abzugeben und dann einen offensichtlich von jemand anderem vorgefertigten Text verliest, in der anschließenden Diskussion den anderen Podiumsteilnehmern „hinterher-bestätigend“ zu erkennen gibt, dass man in Wirklichkeit keinen Schimmer von den Inhalten hat.

Es wäre wohl besser gewesen, an manchen Stellen, einfach mal zu schweigen.

Während Dr. Krings gekonnt seine Politik-Routine ausspielen konnte, indem er u.a. Wissenssegmente präsentierte, die kaum jemand anderem auf dem Podium in dem Detaillierungsgrad zugänglich waren, war es die Jüngste „im Bunde“, Paula Mühl von VOLT, der man wirkliches Interesse am Thema attestieren konnte.

Sie schaffte es durch deutliche Sprache – sowohl inhaltlich als auch artikulatorisch – ihre Positionen zu Europa deutlich zu machen.

Ganz nebenbei räumte sie mit ihrem positiven „Auftritt“ mit Vorurteilen auf, junge Menschen seien per sé politisch uninteressiert und sie hätten ja „noch keine Lebenserfahrungen“.

Insofern war ihre Einladung an die 20-Jährige durch „Puls of Europe“ eine kluge Entscheidung.

Ob es klug sein wird, eine ähnliche Veranstaltung vor der Landtagswahl 2022 durchführen wollen, sollten sich die Veranstalter sehr gut überlegen,

Lässt man die bislang benannten Kandidaten für die Landtagswahl am 15. Mai 2022 Revue passieren ist – trotz der räumlichen Nähe von NRW zu Brüssel – bei diesen keine „Qualitätsverbesserung“ auf dem Podium zu erwarten.