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Bei der Verabschiedung der ausscheidenden Mönchengladbacher Kommunalpolitiker saßen sie beobachtend in der vorletzten Reihe im Kaisersaal von Haus Erholung, die Akteure von CDU und SPD, die in den vergangenen sechs Jahren versucht haben, die Stadt vornehmlich in baulicher Hinsicht zu verändern: die planungspolitischen Sprecher Annette Bonin (CDU) und Thomas Fegers (SPD) sowie der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans Peter Schlegelmilch und sein bisheriges Pendant Felix Heinrichs von der SPD.

Heute Morgen (09.10.2020) kam dann per Video auf der facebook-Seite der CDU die überraschende „Botschaft“ und Bestätigung des CDU-Fraktions­vorsitzenden Dr. Hans Peter Schlegelmilch, so dass Zweifel am Ende der 6-jährigen Groko nicht mehr angebracht waren.

Der einzige „Strohhalm“, den die CDU noch hatte, an der Macht bleiben zu können, wären die Grünen, die jedoch sich und ihrer Wählerschaft einen Bärendienst erweisen würden, wenn sie dem durchaus als halbherzig einzustufenden „Angebot“ Schlegelmilchs an die Grünen nähertreten würden.

Die Antwort auf die „virtuell“ gestellte Frage an Schlegelmilch: „3. Gibt es trotzdem weitere Gespräche mit anderen Parteien?“ hatte etwas von einem Versuch des „Greenwashings“.

Schon 2014 hatte die CDU ein Gespräch mit B90/Die Grünen zum Ausloten einer möglichen Kooperation geführt … mit dem bekannten Ergebnis.

Nun ist von den verbliebenen Kooperationsmöglichkeiten eine „Ampel“ (SPD & Grüne & FDP) die wahrscheinlichste.

Dies hätte Folgen …

… für den neuen Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD)

Seine Begeisterung für die Entscheidung seiner Genossen, die Groko nicht fortsetzen zu wollen, dürfte sich in Grenzen halten.

Die Fortsetzung der Kooperation zwischen CDU und SPD hätte ihm den Einstieg in das Amt des Hauptverwaltungsbeamten und seine weitere Arbeit mit der in weiten Teilen CDU-dominierten Verwaltung wesentlich erleichtert.

Offensichtlich hat das SPD-Sondierungsteam um Parteichefin Gülistan Yüksel, den Unterbezirksvorstand davon überzeugt, dass nach sechs Jahren Groko eine Wiederauflage einer „Ampel“ angezeigt sei.

Ob Felix Heinrichs, der als Beisitzer dem SPD-Unterbezirksausschuss angehört, an der „Einstimmigkeit“ zum Auftrag an das Verhandlungsteam beigetragen hat, ist nicht bekannt.

Gleichwohl wird er sich sehr gut überlegen müssen, ob er „in alter Verbundenheit“ irgendwie den bisherigen GroKo-Kurs fortsetzen will, oder er den „Mut“ hat, sich vom durchaus umstrittenen Denkmuster „mg+ Wachsende Stadt“ abzusetzen und sich einer „neuen Realität“, die er während des Kommunalwahlkampfes vehement mittelbar eingefordert hat, zuwendet.

… für die Besetzung von vier Dezernentenposten in den nächsten fünf Jahren

Große Sorgen um eine Wiederwahl dürften sich Dörthe Schall und Matthias Engel (beide SPD) kaum machen. An den Ergebnissen ihrer bisherigen Arbeit wurde seitens Grünen und FDP kaum Kritik laut.

Anders stellt sich die Situation beim kombinierten Schul-, Kultur und Sportdezernenten dar.

Der aktuelle Dezernent mit CDU-Parteibuch, Dr. Gert Fischer, scheidet aus Altersgründen spätestens im Jahr 2022 aus dem Dienst aus.

Wer für die Besetzung dieses Postens das Vorschlagsrecht erhalten wird, dürfte wichtiger Bestandteil der Kooperationsverhandlungen werden.

Dabei könnte es auch zum Abbau von lange schon diskutierten „kritischen“ Schnittstellen zwischen dem Bereich Jugend (Dezernat Schall) und dem Bereich Schule (Dezernat Fischer) kommen.

Vielleicht wird ja die Vorbereitung darauf schon in Kürze in Angriff genommen, um zur Neubesetzung dieses Dezernentenpostens einen neuen „Zuschnitt“ dieser beiden Dezernate abgeschlossen zu haben.

Ein „Neuzuschnitt“ könnte auch das Dezernat VI (Dezernent Dr. Gregor Bonin) erfahren.

Die Machtfülle, die dort mittlerweile mit einem schwer nachvollziehbaren Personalumfang angehäuft wurde, ist nicht nur manchen Politikern in der neuen „Ampel“ suspekt.

Wenn man Äußerungen des neuen Verwaltungschefs Heinrichs im Wahlkampf glauben darf, strebt dieser eine Abkehr von imagebildenden Großprojekten hin zur bürgerorientierten Facharbeit an (Beispiel: Baugenehmigungen).

Wie er das bewerkstelligen will, steht noch in den Sternen.

In den Sternen steht auch, ob es im Jahr 2023 zu einer Wiederwahl des Baudezernenten Dr. Gregor Bonin (CDU) kommt und wem innerhalb einer „Ampel“ das Vorschlagsrecht zugesprochen wird.

… für die Wahl der Bezirksvorsteher

Die Wahl der Mitglieder der Bezirksvertretungen (BV) war unabhängig von der Wahl des Stadtrates, so dass sich bezogen auf die Mitglieder der BV grundsätzlich andere Mehrheitsverhältnisse als im Rat ergeben können.

Nachdem drei der vier Bezirksvorsteher neu gewählt werden müssen, wird eine „Ampel“ auch hierfür Regelungen zu finden haben.

Das bedeutet nicht automatisch, dass der bisherige Bezirksvorsteher Nord, Herbert Pauls (CDU) dieses Amt behalten kann.

Mit Ausnahme der BV Ost hätte eine „Ampel“ in allen Bezirksvertretungen die notwendigen „eigenen“ Stimmenmehrheiten, um den Bezirksvorsteher bestimmen zu können.

… für die Gesellschaften mit städtischer Beteiligung

Die Mehrheitsverhältnisse in den Aufsichtsgremien werden sich nach Bildung einer „Ampel“ entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat verändern und so mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einige Vorsitze.

Das wird nicht in allen Gremien unmittelbar nach Konstituierung des Rates am 4. November 2020 geschehen, sondern nach Ablauf der Wahlperioden der Gremien.

Aktuelle Vorsitze in städtischen Beteiligungsunternehmen (Auswahl):

Es würde der bisherigen politischen Praxis in Mönchengladbach widersprechen, wenn die Gremienvorsitzenden, die der CDU angehören, unter einer „Ampel“ ihr Amt behalten könnten.

Die Auswirkungen sind nicht nur (macht)politischer Natur, sondern auch finanzieller.

Die Einkünfte der Vorsitzenden dieser Aufsichtsgremien aus diesen so genannten „ehrenamtlichen“ Tätigkeiten erreichen teilweise fünfstellige Euro-Beträge jährlich.

Die Geschäftsführungen der Gesellschaften wären von Änderungen der politischen Mehrheitsverhältnisse erst dann betroffen, wenn die bestehenden Verträge auslaufen.

… für die Ausschuss-Vorsitze

In den Gesprächen zu einer möglichen Kooperation (hier: „Ampel“) wird vorbereitet, welche Fraktion das Recht erhält den Vorsitz von Ausschüssen des Rates zu übernehmen.

Hierzu wird ein spezielles Berechnungsverfahren angewandt, dessen Ergebnis die Mehrheitsverhältnisse im neuen Stadtrat wiederspiegeln sollen.

Aus diesem Berechnungsverfahren gingen nach der Kommunalwahl 2014 diese Ausschussvorsitze hervor:

Wie eine „Ampel“ sich politisch aufstellen wird, werden die nächsten Tage zeigen.

Dabei wird sich auch herausstellen, ob und in welchem Umfang die 15 Punkte des von Felix Heinrichs und der SPD angekündigten „Start-Programm“ auch in einer „Ampel-Vereinbarung“ ihren Niederschlag findet und auch umgesetzt wird.

Es kann als sicher gelten, dass die „Ampel“-Vereinbarung von Bürgerinnen und Bürgern kritisch hinterfragt wird und dabei auch Statements aus dem Wahlkampf eine nicht untergeordnete Rolle spielen werden.

Download des 15-Punkte-Start-Programms von Felix Heinrichs und der SPD Mönchengladbach