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Je nachdem, welche Kooperation geschlossen wird, hat der neue Hauptverwaltungsbeamte leichter oder schwerer seine Ziele – sofern vorhanden – und Versprechungen durchzusetzen.

Orientiert man sich an der Sitzverteilung im neuen Mönchengladbacher Stadtrat, sind rechnerisch vier Kooperationen (=  Mehrheiten) möglich.

Die Kandidaten und die Variante A: Fortsetzung der Kooperation von CDU und SPD ("Groko")

Diese Variante ist nach Lage der Dinge die Wahrscheinlichste und auch die Option mit der insbesondere die CDU weiterhin in die Verwaltung „hineinregieren“ kann.

Dabei dürfte es für sie keine Rolle spielen, wer von den beiden Kandidaten bei der Stichwahl als Sieger hervorgeht.

Leichteres Spiel als mit einem Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD), hätte es der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans Peter Schlegelmilch bei einem Oberbürgermeister Frank Boss.

Dieser hat – bis auf die Mitarbeit in eher untergeordneten Ausschüssen – keinerlei praktische Erfahrungen in der Mönchengladbacher Ratsarbeit und ist auch sonst nicht durch besonders positiv erwähnenswerte „Aktionen“ aufgefallen.

Seine Wahlkampf-Auftritte – ob öffentliche oder in kleiner Runde – waren geprägt von wenig Konkretem in Hinblick darauf, wie er in der Funktion als Oberbürgermeister die Stadt „nach vorne bringen“ möchte.

Er setzt auf externen und internen „Sachverstand“ und lässt nicht erkennen, welche Ideen er selbst mit einzubringen gedenkt.

Vielleicht setzt er ja darauf, dass er Input aus der CDU-Fraktion bekommt, obwohl kaum zu leugnen ist, dass Fraktionsführer Schlegelmilch nicht gerade zu seinen „Freunden“ zu zählen ist.

Umso intensiver dürfte Schlegelmilchs „Freundschaft“ zum SPD-Stichwahl-Kandidaten Felix Heinrichs sein.

Natürlich würde es Schlegelmilch nicht in den Sinn kommen, öffentlich eine Wahlempfehlung für Heinrichs auszusprechen, aber man weiß ja nie, was so hinter verschlossenen CDU-Türen passiert.

Man erinnere nur das knappe Nominierungsergebnis auf dem CDU-Parteitag im November vorigen Jahres, als Frank Boss mit nur 18 Stimmen Unterschied die Schlegelmilch-Vertraute Petra Heinen-Dauber „besiegte“.

Intime Kenner der CDU-Szene erkannten darin, dass die CDU sich (intern) in zwei „Lager“ aufteilte, was letztlich zum schlechten Abschneiden von Frank Boss im 1. Wahlgang geführt habe.

Bei der Stichwahl könnte sich das unter dem „Solidarisierungsaspekt“ ändern und den Vorsprung von Felix Heinrichs schmelzen lassen.

Das ahnt wohl auch der SPD-Stichwahl-Kandidat, der in Gesprächen mit Vertretern anderer Parteien versucht haben soll, seine Vorstellung von seiner Amtsführung als Oberbürgermeister zu erklären.

Genutzt haben dürfte seine Initiative kaum, wenn man um die Positionierung der Spitzenpolitiker dieser Parteien weiß.

Heinrichs wird sich nur auf seine „Anhänger“ stützen können, die teilweise auch aus dem „CDU-Lager“ kommen.

Auf Wahlempfehlungen von B90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE kann er nicht hoffen.

VOR DER STICHWAHL • TEIL II: KEINE WAHLEMPFEHLUNGEN VON B90/DIE GRÜNEN, FDP UND DIE LINKE

Die Kandidaten und die Variante B: Kooperation von CDU und Grünen

Manchmal muss man sechs Jahre Revue passieren lassen, um zu ergründen, ob diese Variante auch nur den Hauch einer „Chance“ haben könnte.

Nach der Kommunalwahl 2014 hatte die CDU Gespräche über eine mögliche Kooperation mit B90/Die Grünen geführt.

Die CDU hatte sich dann recht schnell und mit dürftigen Erklärungsversuchen von dieser „Idee“ verabschiedet und sich bekanntlich für die SPD als Mehrheitsbeschaffer im Stadtrat entschieden.

Schon damals wurde deutlich, dass die CDU die Option „Schwarz-Grün“ nur als Feigenblatt gesehen hat, um den Anschein zu erwecken, man spreche mit allen für eine Mehrheit in Betracht kommenden Parteien.

Den damaligen CDU-Stichwahl-Kandidaten Hans Wilhelm Reiners ereilte mit einem Mini-Vorsprung von 543 Stimmen (bei einer Wahlbeteiligung von 29,62%) das „Schicksal“ Oberbürgermeister zu werden.

Dass er seinem „Anspruch“, nicht Oberbürgermeister „seiner Partei“ sein zu wollen, nicht gerecht wurde, mag ihn – neben seinem erfolgreichen Durchsetzen seiner Pensionsansprüche – dazu bewogen haben, nicht mehr kandidieren zu wollen.

Offensichtlich hatte er recht früh antizipiert, dass er eine krachende Niederlage erleiden würde, er es möglicherweise nicht einmal in die Stichwahl geschafft hätte.

Für seinen „Parteifreund“ Frank Boss könnte „Schwarz-Grün“ geradezu ein Desaster werden.

Er sähe sich mit Beschlüssen konfrontiert, die ihn nicht nur inhaltlich überfordern würden.

Zu groß ist seine Abneigung gegen alles, was aus der „grünen Ecke“ kommt.

Vor allem würde er in seinem ungebrochenen „Auto-Vorrang-Bestreben“ massiv eingeschränkt.

Davor wird – allen CDU-Lagern zum Trotz – „seine“ CDU ihn (und sich selbst) zu schützen suchen und keine Kooperation mit den Grünen eingehen wollen.

Hinzu gäbe es erhebliches „Postenprobleme“ auf Dezernenten-Ebene.

Innerhalb der neuen Ratsperiode 2020 – 2025 laufen die Verträge von „Wahlbeamten“ aus.

Die Neu-Besetzung dieser Posten wird in aller Regel nach dem Parteibuch der jeweiligen Kooperationspartner in einem Kooperationsvertrag festgeschrieben.

Diese Verträge laufen aus:

  • Dr. Gert Fischer (CDU) im Jahr 2022
  • Dr. Gregor Bonin (CDU) im Jahr 2023
  • Dörte Schall (SPD) im Jahr 2023
  • Matthias Engel (SPD) im Jahr 2024

Während Fischer in Pension gehen wird, stehen bei den übrigen Dezernenten-Posten Wiederwahlen durch den Rat oder Neubesetzungen zur Debatte.

Obwohl die Grünen erklärt haben, dass sie in einer Kooperation vornehmlich ihre Ziele zu Klimaschutz-, Mobilitäts- und Wohnungspolitik verwirklichen wollen, dürften sie Ansprüche auf das Vorschlagsrecht für Dezernentenposten nicht aus dem Blick verlieren.

Sollte es dazu kommen, würden sie auf dieses Vorschlagsrecht für zwei Posten nicht verzichten wollen, was zumindest theoretisch die Macht-Position der CDU und eines CDU-Oberbürgermeisters Frank Boss innerhalb der Verwaltung schwächen würde.

Das wird die CDU nicht zulassen und daher eine Schwarz-Grün-Kooperation nicht eingehen.

Den Grünen sei anempfohlen, sich auf „Pseudo-Kooperationsverhandlungen“ gar nicht erst einzulassen … so die CDU diesbezügliche Gespräche überhaupt anbietet.

Ein SPD-Oberbürgermeister Felix Heinrichs hätte bei „Schwarz-Grün“ einen noch schwereren Stand.

Würde er doch mit seinen „wohlfeilen“ Äußerungen im Wahlkampf bezüglich Klimaschutz, Mobilität und Wohnungspolitik konfrontiert, die er nun als Verwaltungschef umzusetzen hätte.

Die Kandidaten und die Variante C: Kooperation von SPD, Grüne und FDP ("Ampel")

Hiermit käme es zu eine Wiederauflage der „Ampel“. jedoch mit anderen Akteuren bei SPD und Grünen als 2009.

Grüne und FDP wären sicherlich dazu nicht abgeneigt.

Einzig: Felix Heinrichs hat eine solche Kooperation, die eine Politik-Wende bedeuten würde, schon abgelehnt.

Für ihn sind Verhandlungen „unter drei Partnern“ zu kompliziert.

Möglicherweise scheut er aber auch, dass ihn insbesondere die Grünen beim Wort nehmen und ihn veranlassen könnten seinen vielfältigen Versprechungen in seinem und im Wahlkampf seiner Partei hinsichtlich Klimaschutz, Mobilität und der Wohnungsproblematik als Verwaltungschef nun auch Taten folgen zu lassen.

Als „Leit-Partei“ in einer Ampel kann er sich diesbezüglich nicht mit der Entschuldigung aus der Affäre ziehen, er habe „seine Ziele“ bei den Kooperationsverhandlungen nicht durchsetzen können, wie es im bei der Wiederauflage der GroKo sicherlich leicht fallen würde.

Da er über eine „gewichtige“ Gefolgschaft innerhalb der SPD zu verfügen scheint und schon in der Vergangenheit in vielen Situationen durch seine rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat, scheinbar argumentativ die Delegierten auf SPD-Parteitagen „auf seine Richtung“ einzuschwören, würde ihm eine Mehrheit „gegen eine Ampel“ folgen.

Darüber hinaus haben sich viele (meist) SPD-Ratsmitglieder in der „GroKo“ soweit „eingerichtet“, dass sie eine „Ampel“ schon aus persönlichen Gründen ablehnen würden.

Für einen Oberbürgermeister Frank Boss wäre eine „Ampel“ ein Desaster.

Er müsste – gegen seine Überzeugungen in Sachen Klimaschutz, Mobilität und Wohnungspolitik – Ratsbeschlüsse umsetzen, die sich auch gegen „seine“ CDU (dann in der sog. „Opposition“) richten würde.

Die Kandidaten und die Variante D: Kooperation von SPD, Grüne und DIE LINKE

Eine solche Kooperation scheidet schon allein aus dem Grund aus, weil Felix Heinrichs (als Sprachrohr der SPD) erklärt hat, dass man mit den Linken zwar gut reden, jedoch kein Bündnis eingehen könne.

Klarer kann man eine Absage kaum formulieren.

Erschwerend hinzu käme die Tatsache, dass es ein „politisches Bündnis“ zwischen DIE LINKE und der Ratsgruppe DIE PARTEI geben soll, die auf diesem Wege Bestandteil der Kooperation würde.

Für einen Oberbürgermeister Frank Boss würde es keinen Unterschied machen, ob es zu „Rot-Grün-Rot“ oder eine „Ampel“ kommen würde.

In beiden Fällen hätte er das „politische Nachsehen“.

Resümee

Fest steht, dass das Stichwahlergebnis keinen unmittelbaren Einfluss auf eine Kooperation im Stadtrat (und den Folgen) haben wird.

Fest steht auch, dass ernsthafte Wählerinnen und Wählern am 27.09.2020 keine leichte Entscheidung bevorsteht.

In den so genannten „Sozialen Netzwerken“ kursieren schon Begriffspaare, wie „Pest & Colera“.

Fest steht darüber hinaus: Falls Frank Boss die Stichwahl nicht gewinnt, ist er quasi raus aus der Mönchengladbacher Kommunalpolitik.

Er hat auf eine Direktkandidatur verzichtet und steht auf der CDU-Reserverliste für den Stadtrat auf Platz 1.

Da die CDU jedoch so viele Direktmandate erzielt hatte, dass die Reserveliste keine Wirkung hat, würde er nicht einmal auf diesem Wege ein Ratsmandat erhalten.

Wirtschaftlich wäre dieses Szenario für ihn kein Problem, weil er sowohl seinen sehr gut „honorierten“ Sitz im Landtag als auch seine „Stelle“ als CDU-Geschäftsführer im Landschaftsverband behalten könnte.

Fest steht außerdem, dass Felix Heinrichs bei einem Stichwahl-Sieg von Frank Boss weiterhin im Rat als SPD-Fraktionsvorsitzender agieren kann.

Ob dann immer noch in einer Kooperation mit der Schlegelmilch-Fraktion, bleibt abzuwarten.