Etwa 150 Interessierte waren in die Citykirche am Edmund-Erlemann-Platz gekommen, um sich erläutern zu lassen, wie drei Planungsteams aus Köln, Wien und Hilversum sich „die Zukunft der Hindenburgstraße“ vorstellen.
Wie sich herausstellen sollte, hatten die Landschaftsplaner die Aufgabe, nur etwas zur „Aufenthaltsqualität“ im oberen Bereich zwischen Minto und dem Alten Markt zu präsentieren. Alle anderen Aspekte, die die „Zukunft der Hindenburgstraße“ ausmachen, blieben ausgeklammert.
In seinem „Grußwort“ bedankte sich Baudezernent Dr. Gregor Bonin zwar für die Einladung zum Stadtgespräch durch das Quartiermanagement für Gladbach und Westend, ließ jedoch – ohne es explizit zu äußern – keinen Zweifel daran, wer in Wirklichkeit die „Zügel in der Hand“ hat.
Dass er nur Landschaftsplaner um „Ihre innovativen Visionen“ für die Gestaltung der Hindenburgstraße angesprochen hatte und diese aus dem Kreis derer kamen, die schon am Wettbewerb „Maria-Hilf-Terrassen“ waren, ist in seiner überwiegend auf architektonische Aspekte ausgerichteten Denkweise im Ansatz verständlich.
(Hinweis: Die besondere Akustik der CityKirche war für die Videoaufnahmen eher subotimal, so dass manche Passagen schwer zu verstehen sind, Sorry dafür)
Planungsteam
clubL94, Köln (D)
Planungsteam
Auböck + Kárász, Wien (A)
Planungsteam
Karres en Brands, Hilversum (NL)
Schwer verständlich hingegen, aber nicht unerwartet, sahen die offensichtlichen Vorgaben vor, dass die nach wie vor umstrittene „Ein-Linien-Führung“ der ÖPNV-Busse (nur bergauf) außerhalb der Betrachtungen zu bleiben hatten.
Einige Besucher waren in der Erwartung gekommen, auch genau dazu etwas in den „Visionen“ zu hören.
So fand aus ihrer Sicht eine Überbetonung der Straßengestaltung und der Straßenmöblierung, insbesondere in den „Visionen“ aus Köln und Wien statt.
Im Ergebnis könnten diese beiden Präsentationen durchaus auch als Fortsetzung der eigenen Vorstellungen angesehen werden, die Bonin schon im Frühjahr 2018 der Öffentlichkeit präsentiert hatte.
Kritische Ansätze zur aktuellen Straßenmöblierung gibt es schon lange. Ideen für Verbesserungen ebenfalls.
Die Finanzmittel fehlen nach wie vor und werden erst recht für die Visionen fehlen.
Wirklich visionär war dagegen der Vortrag der Niederländer.
Sie würden die Südseite der oberen Hindenburgstraße von den (ungenutzten) Bauwerken befreien, dadurch ein Plateau schaffen, von dem aus der Blick „ins Tal“ eröffnet würde.
Das dazu eine Reihe von Bauwerken angerissen werden müssten, war ihnen durchaus bewusst. Aber: Aufgabe war ja, Visionen zu entwickeln und keine Planungen vorzulegen, die finanzielle Restriktionen berücksichtigen müssten.
Als Schlussbild präsentierte das Team aus Hilversum unter großem Beifall den Sonnenhausplatz mit den Eseln auf einer grünen Wiese.
Ob dieser Applaus dem Überraschungseffekt galt, oder eine Ausdruck dessen war, dass die klatschenden Teilnehmer der aktuellen Situation nicht positiv gegenüber stehen, war nicht zu ermitteln.
Bemerkenswert an allen drei „Visionen“ war die Tatsache, dass sie über Hindenburgstraße und Alten Markt hinaus in Richtung Bunter Garten „gedacht“ haben und in diesem Kontext die von Dr. Bonin und weiten Kreisen der Kooperation aus CDU und SPD zum Abriss geplante Brücke Bettrather Straße über die Hermann-Piecq-Anlage als „grüne Brücke“ bezeichnet wurde.
Nach den Präsentationen konnten die Zuhörer an drei „Marktständen“ mit den Landschaftsplanern unmittelbar sprechen. Diese Möglichkeit nutzen nur sehr wenige, über die Hälfte hatte die CityKirche schon kurz nach den Präsentationen verlassen.
Angedacht war, dass die Fragen und Anregungen dokumentiert würden. Die Zahl der durch Mitarbeiter des Quartiermanagement und/oder der Teilnehmer dokumentierten Äußerungen war überschaubar.
Eine durchweg gute Resonanz konnte Karres en Brands (Hilversum) verzeichnen.
Hier, wie auch bei den anderen beiden „Marktständen“ standen nicht die optische Gestaltungaspekte des Straßenzuges zwischen Minto und dem Alten Markt im Mittelpunkt, sondern soziale und Mobilitätsaspekte.
Dies drückte sich auch in den Anmerkungen aus, die die Teilnehmer u.a. an der Tafel hinterließen.
Ähnlich wie bei der Karres en Brands traten auch bei schriftlichen Äußerungen zu den „Wienern Visionen“ die Gestaltungsaspekte in den Hintergrund und wurden durch andere Themenbereiche überlagert.
Anders als bei den beiden anderen „Marktständen“ hat es bei der „Kölner Vision“ der „Standbetreuer“ übernommen, die Äußerungen der Standbesucher zu dokumentieren.
Auch hier überwogen Themen, die nicht unmittelbar mit der „Vision“ in Zusammenhang gebracht wurden.
Unangenehm war festzustellen, dass lange nach Beendigung der Diskussion an diesem Stand der „Standbetreuer“ noch Themen anfügte, die nicht auf Äußerungen der Standbesucher basierten.
Der „Standbetreuer“ fügt mindestens noch vier weitere „Themen“ an, ohne dass erkennbar war, ob sie tatsächlich so geäußert wurden oder ob sie „in voreilendem Gehorsam“ niedergeschrieben wurden.
So kann als äußerst unwahrscheinlich gelten, dass Teilnehmer einer Veranstaltung zur Hindenburgstraße eine „Verbindung zur Seestadt+“ für wichtig erachtet haben.
Als die Planungsteams in der Schlussrunde aus ihren Gesprächen am Marktstand berichteten, war ihnen offensichtlich nicht klar, dass unter den Besuchern nur wenige „normale Bürger“ waren.
Die meisten kamen aus den Fraktionen, gar dem Bauausschuss oder von Interessens-Verbänden wie z.B. ADFC oder VCD oder dem Museum.
Bemerkenswert war vor allem, dass das Thema Busse offensichtlich anders dargestellt wurde, als es auf den kleinen Zetteln zu lesen ist.
Niemand wünschte sich die ersatzlose Entfernung des ÖPNV auf der Hindenburgstraße. Das zitierte Fazit war: „Der Bus stört.“
Wer den Bus in der jetzigen Form dort als störend empfand, wünschte sich allerdings vor seiner endgültigen Verbannung kleinere, elektrische Alternativen , z.B. Tram oder kleine Busse, um den Höhenunterschied ohne Schnaufen zu bewältigen.
Die jetzige Lösung (nur bergauf) fiel beim Publikum durch.
Ein weiteres Thema wurde öffentlich nicht zitiert, nämlich die soziale Sicherheit. Wer in den frühen Morgenstunden zur Arbeit muss, kann sich kaum angstfrei aus der Stadt bzw. zum Auto begeben.
Frauen erlebten das erst recht als schlimm und berichteten von Pöbeleien Betrunkener, sogar davon, dass ihnen Flaschen vor die Füße getreten worden.
Diese ganz normalen Anwohner wollte vor allem Frau (?) von Auböck und Karasz mehr berücksichtigen und fragte das Publikum, wer denn dort wohne.
Sie hielt es für unabdingbar, die Städte wieder für Menschen bewohnbar zu machen.
Der Titel der Veranstaltung versprach mehr als gehalten wurde, und das lag nicht an den engagierten Teams aus Köln, Wien und Hilversum und ihren Präsentationen.
Selbst als Alibi im Sinne einer „Bürgerbeteiligung“ mit Blick auf das Projekt „Soziale Stadt Stadtmitte und Westend“ eignete sie sich nicht.
Zumal es sich nicht – wie angekündigt – um ein „Stadtgespräch“ handelte, sondern allenfalls als „Quartiersgespräch“ im Zuge der Aufgaben des Quartiersmanagements im gelten kann.
„Quartiersgespräch“ schon allein deshalb, weil sich die Visionen ausschließlich auf den Teil der Hindenburgstraße zwischen Minto und Alter Markt beziehen sollten.
Man darf gespannt sein, mit welch blumigen Worten Baudezernent Dr. Bonin diese Veranstaltung in der nächsten Sitzung des Planungs- und Bauausschusses loben wird, die ausdrücklich kein Wettbewerb sein sondern lediglich der Vorstellungen von „Visionen“ dienen sollte.
Nicht auszuschließen ist, dass er sich durch diese Visionen in seiner Gestaltungsauffassung für die Hindenburgstraße bestärkt sieht.
Von einer „breiten Akzeptanz in der Bevölkerung“ sollte er in diesem Zusammenhang tunlichst nicht sprechen (oder durch andere sprechen lassen).
Es war eine Informationsveranstaltung … mehr nicht.