Neujahrsempfänge haben bei der Mönchengladbacher FDP Tradition.
Viele Jahre lang wurden diese als „Dreikönigstreffen“ (meist vom Ortsverband West) in kleinem, gediegenen Rahmen und Umfang ausgerichtet und mit interessanten Vorträgen prominenter Persönlichkeiten eingeleitet, wie beispielsweise im Jahr 2014 von Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Das war in diesem Jahr anders.
Der FDP-Kreisvorstand hatte zunächst mit Beteiligung von Christian Lindner in einem kleineren Rahmen im Haus Zoar geplant, sich dann – angesichts der überraschend vorgezogenen Bundestagswahl – jedoch für einen größeren Rahmen entscheiden müssen und dazu in den Konzertsaal des Rheydter Stadttheaters eingeladen.
Von daher mussten auch die inhaltlichen Schwerpunkte, die Rednerliste und (aufgrund des „Rasierschaum-Angriffs“ auf Christian Lindner in Greifswald durch ein Mitglied der dortigen Linken) auch die Sicherheitsmaßnahmen angepasst werden; auch die Kosten für diese Veranstaltung erhöhten sich, was der Kreisparteivorsitzende Peter König bedauerte.
Spontan, kreativ und zunächst ohne Worte eröffnete Peter König den Neujahrsempfang mit der Änderung des Bühnenbildes, indem er Hand an die Würfelpyramide legte.
Dass er damit den FDP-Bundestagswahl-Slogan „Alles lässt sich ändern“ visualisierte, wurde den ca. 300 Teilnehmern im Saal, von denen wohl 50 bis 60% aus Mönchengladbach kamen, spätestens dann deutlich, als die gelbe Video-Dauerschleife auf der Leinwand erschien.
Quasi als Vorprogramm zum Auftritt von Christian Lindner hatten drei FDP-Protagonisten die Möglichkeit, die Anwesenden aus ihren politischen Wirkungsfeldern und die darin enthaltenen FDP-Positionen zu berichten.
Peter König übernahm im weiteren Verlauf die Moderation der Veranstaltung und die Überleitung zwischen den Vorträgen.
Der Mönchengladbacher Bundestagskandidat Dirk Hansen wiederholte und bekräftigte seine Motivation und Positionen, die ihn dazu bewogen hatte, sich als Neumitglied in der Mönchengladbacher FDP den Mönchengladbacher Wählerinnen und Wählern zu stellen.
Diese hatte er schon bei seiner Bewerbung auf dem FDP-Kreisparteitag am 16. 11.2024 (BZMG berichtete) und beim Presse-Lunch am 29.01.2025 bekundet.
Achim Wyen, FDP-Fraktionsvorsitzender im Mönchengladbacher Stadtrat, betonte, dass die FDP nach Beendigung der AMPEL-Kooperation mit SPD und Grünen in Mönchengladbach, nicht in eine „Frontal-Opposition“ verfallen sei und sich vielen der vormals in dieser Konstellation eingebrachten Sach-Anträge weiter verbunden gefühlt habe.
Angesichts der Situation der Stadtfinanzen zeichnet Wyen ein düsteres Bild und erwartet, dass die Stadt Mönchengladbach ab 2027 erneut in die sog. „Haushaltssicherung“ rutschen wird, also sich finanziell nichts Neues mehr leisten könne.
Lesen Sie hier weitere Ausführungen von Achim Wyen ...
In einem Haushaltssicherungskonzept könne sich Mönchengladbach finanziell nichts Neues mehr leisten, insbesondere deshalb, weil ihr – wie anderen Kommunen – von Land und Bund zwar Aufgaben übertragen, dafür jedoch die entsprechenden Finanzmittel nicht zur Verfügung gestellt würden.
Zum Thema „Bürokratieabbau“ stellt Wyen auf Grundlage seiner beruflichen Erfahrung fest, dass diese nicht mehr „händelbar“ sei.
Aus der aktuellen kommunalpolitischen Praxis hob Wyen diese drei Punkte hervor:
7. Gesamtschule: Diese Entscheidung habe man mitgetragen, weil man sich dem durch die hohen Anmeldezahlen deutlich artikulierten Elternwillen Rechnung tragen wolle.
Parkraumproblematik: Endlich sei die Verwaltung mit der Erstellung eines Parkraumkonzepts beauftragt worden. Es sei nicht hinnehmbar, dass die notwendigen Radwege zu Lasten von Parkmöglichkeiten in den Innenstädten erstellt würden, weil dadurch die Mobilität von Menschen aus den städtischen „Dörfern“ zu sehr eingeschränkt würden.
Bezahlkarte: Wyen befürwortet die Einführung auch in Mönchengladbach und kann nicht akzeptieren, dass es dazu keine zentrale Entscheidung gebe und die Kommunen nun allein entscheiden müssten, was dazu führe, dass es in Nachbarkommunen – wie beispielsweise in Krefeld und Mönchengladbach – unterschiedliche Handhabungen gebe.
Hier treibe der Föderalismus seltsame Blüten.
Otto Fricke, Krefelder FDP-Bundestagsabgeordneter, war schon häufig Gastredner bei den Mönchengladbacher Parteifreunden und bestach auch diesmal nicht nur durch seine rhetorischen Fähigkeiten, sondern ging als gewiefter Finanzexperte auch auf die Themen ein, von denen viele im Publikum „betroffen“ zu sein schienen, wie der Applaus auch während seiner Ausführungen zeigte.
Dynamisch und „raumgreifend“ bewegte sich Fricke „hemdsärmelig“ (er hatte sich zuvor seines Jackets entledigt) durch den Saal.
Zum Abschluss seines etwa 20-minütigen Wortbeitrages riss Fricke zwar kurz auch Themen an, die Christian Lindner vorbehalten zu sein schienen, ohne dessen Inhalten wirklich vorzugreifen.
Umfassend über die von Otto Fricke behandelten Themen zu berichten, würde hier den Rahmen sprengen.
Daher hier nur einige Aspekte, die Fricke - auch mit Bezug auf den FDP-"Änderungsslogan" - angesprochen hatte:
- Am Ende sei es in der Politik so, wie in der Familie: Änderungen könnten nur erreicht werden, wenn man Kompromisse eingehe
- Bei notwendigen Änderungen müsse überlegt werden, wofür man Geld ausgeben will
- Die FDP sei nicht für eine „Schwarze Null“, sondern als Verfassungspartei für die Einhaltung einer mit zwei Drittel des Bundestags beschlossene Grundgesetzänderung
- Das Zurückzahlen von Schulden sei nicht das Kernproblem, sondern die Zinsen, deren Höhe vom Vertrauen in den Schuldner abhängen würde
- Die Höhe der Zinsen, die der Bund jährlich zu zahlen habe, wäre das Doppelte, was für Forschung und Bildung ausgegeben werde
- Die Kernfrage sei, wofür der Staat Geld ausgeben soll und zwar, ob man in die Zukunft investiere oder das Geld dafür ausgebe, damit alles so bleibe wie es ist
- „Zukunft“ sei Forschung, Bildung und beispielsweise auch die Versorgung in den Krankenhäusern, die ohne Menschen mit Migrationshintergrund kaum noch funktionieren würde
- Migration werde gebraucht, aber welche?
- Die Wähler müssten entscheiden, ob die Beschlüsse von unterschiedlichen politischen Konstellationen „richtig“ waren
- Niemals sei es so gewesen, dass Politiker Geld, das ihnen zur Verfügung gestellt wurde, zurückgegeben hätten
Der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner erweckte den Eindruck, dass er sich im Umfeld der Mönchengladbacher FDP wohl fühle, was dadurch deutlich wurde, dass er im Verlauf seines Auftritts einzelne hiesige FDP-Parteimitglieder, wie beispielsweise Bernd Kuckels, unmittelbar ansprach.
Man darf unterstellen, dass die Grundpositionen der FDP bekannt sind, die Christian Lindner medienweit vertritt – wie auch bei diesem Neujahrsempfang.
Zu Beginn ging er kurz süffisant auf den „Rasierschaum-Anschlag“ ein und bat evtl. Störer sich „jetzt“ zu melden, was angesichts der von der Bundespartei veranlassten Sicherheitsvorgaben und der drei anwesenden BKA-Beamten nahezu ausgeschlossen war.
Die BZMG-Berichterstattung beschränkt sich darauf, was Lindners aktuelle Kernaussagen in seinem über einstündigen Auftritt waren:
- Der Mord-Anschlag in Aschaffenburg habe Staatsversagen deutlich gemacht
- Deutschland sei ein Staat mit einer „bevormundenden“ Bürokratie, der nicht in der Lage sei, sein eigenes Recht durchzusetzen
- Deutschland habe es den Menschen zulange zu schwer gemacht, nach Deutschland zukommen, die der Arbeitsmarkt in Deutschland brauche und habe es denen zu leicht gemacht, zu bleiben, die irregulär in den „Sozialstaat“ Deutschland eingewandert seien
- Man mache die AfD nicht klein durch Lichterketten, sondern indem Probleme gelöst würden, die die AfD zuvor „groß gemacht“ hätten
- Die Erklärung von Olaf Scholz, die Schuldenbremse aufzuheben, wäre nichts anders, als auf Kosten der Bürger kleine Wahlgeschenke zu verteilen
- Privates Geld für Innovationen in „Künstliche Intelligenz“ (USA) vs. Ankündigung Habecks (Grüne) 139 neuer Dienstposten für die Regulierung von „Künstlicher Intelligenz“
- Abbau von „lästiger, lähmender und teurer“ Bürokratie sei der „günstigste, dringlichste und schnellste“ Weg einer Wirtschaftsförderung
- Auf diverse Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, die mit gleichartigen Aufgaben befasst sind, könnte verzichtet werden (Beispiel: Umwelt- und Naturschutz); die Aufgaben des Umweltbundesamtes (ca. 800 Beamte) könnten auf andere Fachbehörden aufgeteilt werden
- Fahrzeuge und Maschinen u.ä. würden ineffizient eingesetzt, weil sich Mitarbeiter an die gesetzlich geregelten Arbeitszeiten halten müssten, obwohl sie zwar bereit wären Überstunden zu machen, diese sich jedoch für sie wegen der Versteuerung „nicht lohnen“ würden
- Der Solidaritätszuschlag sei eine „Wirtschafts-Straf-Steuer“ geworden
- Klimaschutz müsse technologieoffen werden
- Robert Habeck solle in seinen Job als Kinderbuchautor zurückkehren
- Weder eine Schwarz-Grüne-Koalition noch eine Schwarz-Rote-Koalition wäre fähig, einen „echten“ Politik-Wechsel herbeizuführen, weil sich diese beiden Parteien gegenseitig blockieren würden
- Die CDU könne ihr Programm nur mit der FDP umsetzen; das wäre DIE „Reform-Koalition“, die Deutschland gut tue
- Ein Ausweg sei eine so genannte „Deutschland-Koalition“ aus CDU, SPD und FDP
- Fest stehe, dass die AfD eine gefährliche Partei sei
- Lindner schließe für die FDP eine Koalition, in der die Grünen vertreten seien, rundweg aus

Es war schon beeindruckend, wie sich die FDP-Akteure – trotz nicht gerade aussichtsreicher Prognosen – „ins Zeug legten“, damit ihre Partei am 23. Februar die 5%-Hürde überspringen kann.
Selbst wenn das geschehen sollte, dürfte die Wahrscheinlichkeit ausgesprochen gering sein, dass die FDP an einer Regierung beteiligt wird.
Zu tief scheinen die Gräben zwischen SPD und FDP sein und Lindners Spruch „lieber nicht regieren, statt falsch regieren“ immer noch nachhallt.
Das gilt selbst für eine so genannte „Deutschland-Koalition“ aus CDU, SPD und FDP, über die Lindner fabulierte und erst recht für eine „Jamaika-Koalition“ (schwarz-grün-gelb), die seinerzeit gar nicht erst zustande kam, weil die FDP sich vorzeitig aus den Koalitionsverhandlungen verabschiedet hatte.
Dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat, werden wir am Abend des 23. Februar erfahren.
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Obwohl überraschend viele junge Menschen – teilweise mit ihren Kleinkindern – teilnahmen, war von der Mönchengladbacher FDP-Jugendorganisation (Julis) nichts zu sehen.
Besonders deutlich wurde dies nach der Veranstaltung, als die Mönchengladbacher „FDP-Granden“ selbst kräftig mit anpacken mussten, um Steh- und andere Tische und weitere Utensilien aus dem Saal zu räumen.
Nun sind die jungen Leute nicht nur zum Anpacken da, jedoch war und ist es für Beobachter überraschend, dass von den Julis nichts zu bemerken war.
Gibt es die Mönchengladbacher Julis – über ihre Homepage hinaus – überhaupt noch oder haben die Organisatoren des Neujahrsempfangs es schlicht versäumt, ihren „Nachwuchs“ einzubinden?
Spätestens zur Kommunalwahl im September wird es darauf vielleicht eine Antwort geben.
Nämlich dann, wenn man bei der Besetzung der Wahlkreise feststellt, wie viele Nachsuchs-Liberale sich um ein Ratsmandat oder einen Sitz in den Bezirksvertretungen bewerben (dürfen).
Klarheit wird spätestens der FDP-Aufstellungsparteitag (vsl. im März 2025) für die Kommunalwahl schaffen, bei dem dann auch klar sein wird, dass es tatsächlich einen FDP-Kandidaten oder eine FDP-Kandidatin für das einträgliche Amt des Hauptverwaltungsbeamten geben wird.
Bislang scheint es mit FDP-Geschäftsführer Rainer Gutowski nur einen einzigen Interessenten zu geben.
Der Mönchengladbacher FDP-Partei-Chef Peter König zieht dieses Resümee:
„Für die Mönchengladbacher FDP ein voller Erfolg. Mit über 300 Besuchern kamen mehr Besucher als wir ursprünglich erwartet hatten. Auch die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen ( Zugangs-/ Taschenkonrollen) aufgrund der Vorkommnisse der letzten Zeit stieß allseits auf Verständnis.
Der Ablauf der Veranstaltung, sollte den Besuchern einen Überblick über unsere derzeitigen Aktivitäten, nicht nur hinsichtlich der Bundestagswahl sondern auch in kommunaler Sicht geben, was durch unseren Fraktionsvorsitzenden sehr gut dargelegt wurde.
Dirk Hansen, unser Bundestagskandidat zeigte, dass auch für ein engagiertes, relativ neues Parteimitglied eine Kandidatur für die Liberalen möglich ist.
Otto Fricke ist ein Finanzpolitiker durch und durch. Er versteht es immer auf die aktuellen Bedürfnisse und Probleme einzugehen, was ihm diesmal auch wieder gelang.
Christian Lindner erschien pünktlich, was für ein eingespieltes Wahlkampfteam spricht. Erfreulich war das er über eine Stunde sprach und dies auch ohne zu staatsmännisch rüberzukommen.
Dass er zum Schluss noch Zeit fand die meisten “Selfie-Wünsche“ zu erfüllen, spricht für sich.
Aus FDP-Sicht eine rundherum gelungene Veranstaltung.“ (Zitat Ende)