Auf Grundlage der Meldungen beim Mönchengladbacher Einwohnermeldeamt lebten Ende 2018 in Mönchengladbach ca. 270.500 Menschen.
Laut den Ermittlungen im Rahmen von ZENSUS 2011 waren dies jedoch nur ca. 262.000 Einwohner.
Darüber, welche Quellen maßgeblich sind für die Verteilung der Landesmittel nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz GFG stritten sich die Kommunen seit Bekanntwerden dieser Differenzen mit dem Land NRW.
Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat nun Klarheit geschaffen und die Verfassungsbeschwerden der Städte Bonn und Velbert und der Gemeinde Much gegen § 27 Abs. 3 Satz 1 des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2014 (GFG 2014) in Verbindung mit Anlage 3 zu diesem Gesetz zurückgewiesen.
Dass durch diese Vorschrift die für die Durchführung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2014 maßgebliche Einwohnerzahl auf Grundlage der mit dem Zensus 2011 ermittelten Bevölkerungszahlen bestimmt werde, sei verfassungsgemäß.
Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 GFG 2014 gilt als Einwohnerzahl die in Anlage 3 festgesetzte Bevölkerungszahl.
In dieser Anlage sind die Einwohnerzahlen für alle nordrhein-westfälischen Gemeinden aufgeführt.
Sie basieren auf den Ergebnissen des im Jahr 2011 durchgeführten Zensus.
Für die Durchführung der Gemeindefinanzierungsgesetze früherer Jahre waren demgegenüber Einwohnerzahlen maßgeblich, die auf die Volkszählung im Jahr 1987 zurückgingen.
Im Vergleich zu den seit 1987 fortgeschriebenen Werten fielen die auf dem Zensus 2011 basierenden Einwohnerzahlen für die Beschwerdeführerinnen geringer aus.
Die jeweilige Einwohnerzahl hat Auswirkungen auf die Höhe der Finanzzuweisungen, die einer Gemeinde zustehen.
Die Beschwerdeführerinnen hatten geltend gemacht, die angegriffene Regelung verletze die Vorschriften der Landesverfassung über das Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung.
Die gesetzliche Festlegung der maßgeblichen Einwohnerzahlen führe zu einer Rechtschutzverkürzung.
Im Rahmen des Zensus 2011 seien zudem Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern gegenüber kleineren Gemeinden benachteiligt worden.
Im Übrigen seien die ermittelten Einwohnerzahlen so fehlerhaft, dass sie dem kommunalen Finanzausgleich nicht zugrunde gelegt werden könnten.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Dr. Ricarda Brandts unter anderem aus:
Zwar könnten Gemeinden einen Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz geltend machen. Eine Einschränkung des Rechtsschutzes durch die angegriffenen Regelungen sei aber nicht festzustellen.
Im Übrigen wäre sie jedenfalls gerechtfertigt, denn die Bestimmung des § 27 Abs. 3 Satz 1 GFG 2014 diene in verhältnismäßiger Weise der Planungs- und Finanzsicherheit der Gemeinden.
Mit der Festschreibung der auf Grundlage des Zensus 2011 ermittelten Einwohnerzahlen als für die Anwendung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2014 maßgebliche Daten habe der Landesgesetzgeber sich auch innerhalb des Gestaltungsspielraums gehalten, der ihm bei der Regelung des kommunalen Finanzausgleichs zustehe.
Insbesondere liege kein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot vor.
Zwar unterschieden sich die Erhebungsmethoden beim Zensus 2011 für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern von denen für Gemeinden mit weniger Einwohnern.
Der Landesgesetzgeber habe aber trotzdem davon ausgehen können, dass mit der Verwendung der ermittelten Einwohnerzahlen keine sachwidrige Benachteiligung von Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern eintreten würde.
Das Bundesverfassungsgericht habe sich in seinem Urteil vom 19. September 2018– 2 BvF 1/15 – ausführlich mit der Frage der Gleichheitswidrigkeit der unterschiedlichen Erhebungsmethoden im Zensusgesetz 2011 befasst.
Es habe dabei die Annahme, die Erhebungsmethoden ließen sowohl für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern als auch für kleinere Gemeinden eine realitätsgerechte Ermittlung der Einwohnerzahlen erwarten, nicht beanstandet.
Dieser Auffassung schließe der Verfassungsgerichtshof sich an. Es hätten auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2014 keine weiteren Erkenntnisse vorgelegen, die eine sachwidrige Ungleichbehandlung der beiden Gemeindegruppen durch die Verwendung der im Zensus 2011 ermittelten Zahlen nahegelegt hätten.
Auch habe der Landesgesetzgeber nicht davon ausgehen müssen, dass die ermittelten Einwohnerzahlen zu fehlerhaft waren, um sie der Mittelverteilung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zugrunde zu legen.
Dabei sei auch zu bedenken, dass die Ermittlung der „wahren“ oder „richtigen“ Einwohnerzahl verfassungsrechtlich schon deshalb nicht gefordert sein könne, weil nach einhelliger Auffassung der insoweit maßgeblichen statistischen Wissenschaft kein praktisch durchführbares Verfahren die Gewähr hierfür bieten könne.
Aktenzeichen: VerfGH 37/14