Ein wunderbar klarer Samstagmorgen.
Was liegt also näher, als ein Statement zur Lage der Nation abzugeben!
Kümmern wir uns heute mal um die Verlängerung des Lockdowns.
So, nun ist es heraus!
Völlig überraschend wurde der aktuelle Lockdown verlängert!
Kitas, die nie geschlossen waren, dürfen wieder öffnen, der Schulbetrieb wird irgendwie fortgeführt und als kleines Zückerchen dürfen ab dem 1. März die Friseure wieder öffnen, damit wir zumindest gut gestylt durch die nächste Phase kommen.
Das hat mich zu einem kleinen Experiment animiert.
Und so habe ich mich gestern mit einem Klappstuhl, einer Wolldecke und zwei Plakaten in eine benachbarte Innenstadt begeben, wo mich niemand kennt.
In einer belebten Straße der Innenstadt, neben einem Lebensmittelmarkt habe ich mein Ziel erreicht: Einen derzeit noch geschlossenen großen Friseursalon!
Dort habe ich mein erstes großes Schild direkt über der Tür aufgehangen:
Heute im Auftrag der Landesregierung ab 12.00 – 22.00 geöffnet!
Nachfolgend die Ereignisse dieses Tages.
08:12 Uhr:
Ich sitze noch nicht ganz eingemümmelt in meiner Decke auf dem Klappstuhl, da wirft mir ein Rentner, der mit seinem Hund Gassi geht, zwei Euro in den Schoss und murmelt: „Hol Dir mal nen Kaffee, bei der Kälte!“
08:15 Uhr:
Drei Studenten mit langer Haarpracht bleiben kurz stehen, lesen das Schild und gehen dann weiter. „Wir gucken später nochmal.“ höre ich einen von denen murmeln.
08:32 Uhr:
Ich bin nicht mehr alleine! Zwei rüstige Damen um die 70 haben es sich auf Ihrem Rollator gemütlich gemacht und denken laut über Waschen und Legen nach.
09:15 Uhr:
Es hat sich einiges getan. Die Schlange reicht jetzt schon bis vor den Eingang des Supermarktes. Die erste Gruppe mit ausgelassenen Teenagern stimmt sich mit „Ich hab die Haare schön“ auf den bevorstehenden Haarschnitt ein.
10:50 Uhr:
Die „Heiße Theke“ des Supermarktes wurde nach draußen verlegt und versorgt hunderte von Frisurwilligen mit heißen Getränken und Brötchen. Im Lokalradio wird über die klasse Aktion berichtet, erste Reporter fangen Stimmen von der wartenden Bevölkerung ein.
11.22 Uhr:
Am Ende der Schlange an der Stadtgrenze bieten die drei langhaarigen Studenten von heute Morgen einen Anstellservice für die Warteschlange an. Aktueller Tarif 6.50€ je angefangene Stunde.
12:02 Uhr:
Die ersten in der Schlange klatschen und singen „Jetzt geht’s los!“ und starren gebannt auf die Eingangstür. Die netten Omis hinter mir sind inzwischen bei einer Dauerwelle angekommen und diskutieren die Trendfarben der Saison. Die Tendenz geht zu indisch Lila.
12:16 Uhr:
Erster Unmut macht sich breit. Der Abschleppdienst arbeitet im Akkord, um die ganzen Fahrzeuge wegzubekommen. Die Polizei vermutet inzwischen eine unangemeldete Demo und bahnt sich einen Weg durch die johlende Menge.
12:30 Uhr:
Ich hänge mein zweites Schild in einem unbeobachteten Moment über das bisherige: „Bis auf weiteres geschlossen!“
12:32 Uhr
Ich flüchte mit schnellen Schritten zu meinem in der Seitenstraße geparkten Fluchtfahrzeug und fahre lachend an der Schlange vorbei! Endlich kann ich in Ruhe einkaufen. Die meisten Idioten stehen jetzt in einer Schlange vorm Friseur.
Bis kürzlich