Der junge Somalier war verzweifelt.
Das Gladbacher Jobcenter hatte ihm Leistungen gekürzt, weil seine hochschwangere Partnerin zu ihm gezogen war.
Die ist Niederländerin.
Der junge Mann wird vom Beratungsteam des Gladbacher Arbeitslosenzentrums (ALZ) betreut.
Das stellt „eine zunehmende Bürokratie, viel zu lange Wartezeiten und immer arbeitsintensivere Fälle“ fest.
Der Somalier, von ALZ-Berater Julian Strzalla (39, Foto) begleitet, ist kein Einzelfall.
„Seit Monaten heißt es bei uns nur noch beraten, beraten, beraten“, sagt der 39-Jährige.
Ob telefonisch, per Internet oder „Face zu Face“ – letzteres pandemiegerecht.
Seit Corona arbeiten die MitarbeiterInnen im Jobcenter oder anderen Behörden im Lockdown.
Terminvergabe beispielsweise für das Ausländer- und Einwohnermeldeamt ist nur per Internet möglich.
Der hierfür vorgesehene Termintool ist auf drei Monate angelegt, meistens aber längst ausgebucht.
MitarbeiterInnen sind telefonisch „so gut wie gar nicht erreichbar“, dann verzögern sich Leistungsanträge an das Jobcenter, weil Papiere „verloren“ gegangen bzw. nicht vollständig seien.
Die wiederum müssen in den Briefkasten geworfen werden.
Und wandern dann zu einer Drittfirma, die die Papierberge digitalisiert.
Das dauert, und erst dann wird der „aktenkundige Fall“ bearbeitet.
Zurück zum Somalier: Der kam ins ALZ und fragte Strzalla bei der ersten Begegnung lächelnd: „Sind Sie der Herr Julian“, was für den Bekanntheitsgrad Strzallas spricht.
Und die Tatsache, dass sich die hilfreiche Arbeit des ALZ in Kreisen Betroffener herumgesprochen hat.
Der Schwarzafrikaner macht einen Sprachkursus, will studieren.
In Eindhoven haben die beiden geheiratet.
Die Bitte auf Hartz IV für die junge Frau lehnte das Center ab: Ohne Job kein passendes Aufenthaltsrecht, also keine Finanzleistung. Ihrem Mann wurde daraufhin die Hilfe von 446 auf 401 Euro gekürzt; die Wohnungsmiete senkte man um die Hälfte.
Hätte die (kurz vor der Entbindung stehende) Frau beispielsweise einen Mini-Job nachweisen können, wäre das nicht passiert.
Auch sie wäre unterstützt worden.
Für Strzalla bedeutete das Er legte – auch hier – Widerspruch ein, stellte einen Eilantrag.
Plötzlich signalisierte das Jobcenter: „Wir haben alles neu geprüft.“
Jetzt fließt Hilfe zum Leben.
Sein Beratungskollege Karl Sasserath: „Wir sind ein Lotse für Menschen, denen das Wasser bis zum Halse steht.“
Immer wieder hätten arme Menschen „große Probleme mit den Behörden“.
Manchmal können sich die Berater im ALZ nur noch wundern: Und Kopfschütteln ist ihre vornehmste Reaktion.
So auch in dem „Fall“: Ein Kongolese, er lebt seit Jahren in MG und hat zwei (deutsche) Kinder, beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit Mönchengladbach einen Bildungsgutschein.
Den zu beantragen, hatte ihm der Chef einer Security-Firma empfohlen.
Gleichzeitig gab ihm der potentielle Arbeitgeber eine Einstellungszusage für den Fall des erfolgreichen Ausbildungsverlaufs mit auf den Weg zur Arbeitsagentur: Mit dem Schein würde der Afrikaner mit finanzieller Unterstützung für den Arbeitgeber durch das Jobcenter zum Wachmann ausgebildet, würde danach Geld verdienen und ohne „öffentliche“ Hilfe leben können.
Die Arbeitsagentur machte aber „von ihrem Ermessen Gebrauch“ – und sagte Nein.
Begründung: Der Mann lebe als „Geduldeter“ bei uns, müsste irgendwann die Bundesrepublik verlassen.
Behörden-Tipp: Gehen sie zur Ausländerbehörde und „verbessern sie dort ihren Aufenthaltsstatus“.
Das dauert (lange). Immer wieder berichten Ratsuchende, dass sie bei der Gladbacher Ausländerbehörde seit Monaten auf einen Termin warten.
Inmitten des behördlichen Dschungels die Wirklichkeit: Der Kongolese aus einem Gebiet mit blutigen Auseinandersetzungen ist seit Jahren hier und wird, so sieht es Sasserath „wie viele andere seiner Landsleute auch in den kommenden Jahren die Bundesrepublik als seine neue Heimat nicht verlassen.“
Die Arbeitsagentur hielt es nicht für nötig, dem Antragsteller einen schriftlichen Bescheid zu schicken.
„Ich habe den Vorgang an die Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Mönchengladbach mit der Bitte um Prüfung weitergereicht“, so Sasserath. Ob er von dort eine Antwort erhalte, wisse er nicht…
Rapide, stellt Julian Strzalla fest, habe der Anteil Hilfesuchender mit Migrationshintergrund zugenommen.
Einer der Hauptgründe: Gladbachs größter Arbeitgeber, die oftmals schlecht zahlende Logistikbranche in Güdderath oder Rheindahlen, sei deutlich multinationaler geworden.
Mangelnde Sprachkenntnisse vergrößerten die Nöte dieser Menschen ebenso „wie die Anfälligkeit für Verschuldung“.
Mit ihrer „psychosozialen Beratung“ erfüllt das ALZ (Lüpertzender Straße 69) eine Aufgabe der Stadt.
Mit dem Geld der Stadt bezahlt das Zentrum die gefragte Arbeit des „Herrn Julian“.
Wenn Sie mehr über das Arbeitslosenzentrum und seine Angebote wissen wollen:
Danke — ALZ
Den Sachverhalt langwierig-zeitfressender unbefriedigender Kommunikation, u.a. fehlerhafter Bescheide- und nicht nachvollziehbarer Entscheide, hier: des des Job-Centers, halte ich auch nach anderen, mündlichen Berichten für absolut bestätigungswürdig.
Was ausgerechnet denen, die am wenigsten haben, zugemutet wird, sollten Bedienstete der Stadt, des Job-Centers und Behördenchefs etc. bitte umgekehrt auch mal erleben!
Außerdem ist es m.E. rechtlich als absolut strittig und der restlich uneingeschränkt arbeitenden Bevölkerung (ohne „Lockdown-Status“ ) gegenüber als regelrecht verwerflich anzusehen, was da vom „Grünen Tisch“ und darunter angesiedelter reiner „Schreibtisch-Täter“ als „Dienst“ betitelt und bezahlt wird.
Ich habe letztens mitbekommen, was es bedeutet, im Internet auch nur um einen Termin zum Abholen eines neuen Personalausweises „zu kämpfen“. Wer computer-technisch kaum oder gar nicht versiert ist, mutiert innerlich zum „Behörden-Krieger mit heraushängender Zunge“, denn:
1.) zig-mal wurden entsprechende Eingaben gemacht und Buttons gedrückt, ständig sprang die Webseite irgendwann zurück, und zwar auf Anfang.
Der Betreffende, vielmehr bald Betroffener, deutschsprachig, hatte nach ungeschlagen gut einer 3/4 Std. die Nase gehörig voll, und das trotz wohlbemerkt fehlender finanzieller Mängellage…
2.) sind, wie schon im Internet zu organisierende Impftermine zur Genüge zeigten, nicht nur ältere Mitbürger sowohl mit der Technik und nervtötenden „Geduldsspielen“ oft restlos überfordert. Wenn niemand anderer im Bekannten-oder Angehörigenbereich den Part übernimmmt, auf „behördlichem Packeis“ einen (Aus-)Weg zu finden — …und letzterer kann lange dauern.
3.) was vor der Pandemie als Bürgerservice galt, mittlerweile vielfach zu „Nullen und Einsen“ mutiert, wird zwar als „Digitalisierungs-Fortschritt“ verkauft, doch in der Praxis raufen sich Servicesuchende die Haare oder beißen schon in die Tischkante.
Von „Bürgernähe“ kann kaum mehr eine Rede mehr sein, wohl aber von energiefressenden Servern — weit über die Grenzen der BRD hinweg.
Fehlt nur noch, dass die Telefonzentrale der Stadt durch eine Hotline ersetzt wird:
„Wenn sie …,wählen sie die 1, wenn sie…, wählen sie die 2, …wenn sie…wählen sie die 3“ etc. bis hin zu „…wählen sie die 52 (usw.)“.
Nach 2 Std verbrachter Zeit am Telefon, angekommen bei „..wählen sie die 112“ hängen die Nerven blank an blass-zerknirschten menschlichen „Fassaden“ herunter
Immerhin:.
Der Krankenwagen kommt.
Währenddessen machen es sich die Mitarbeiter im behördlichen Lockdown und auch anderswo (Krankenkassen z.B.) mal so richtig bequem. Was wer dort überhaupt (noch) macht, lässt sich auch anhand vonHome-Office-Tätigen ( ja, wieviel eigentlich ?) nicht mehr erahnen …
„Kein Mensch“ blickt mehr hinter die „Kulissen“ einer quasi „digitalen Bürger-Abwehr“, die sich gewaschen hat, geschweige denn dahinter, wieviele Mitarbeiter für exakt welche Tätigkeiten bezahlt werden.
Ganz selbstverständlich benötigt man in Mönchengladbach dafür ein riesiges „Rathaus der Zukunft“ (…inklusive schon jetzt „verkalkulierten Leerstands“?).
Und von welcher Zukunft eigentlich?
Der Zukunft des sozialen Niedergangs? Der Zukunft rasant steigender Vebraucherpreise und schon von Beginn an inadäquater HartzIV-Sätze, die sich mehr und mehr als Farce entpuppen? (…was damals seinerseits richtungsweisend dem mittlerweile zig-Millionen-schweren Putin-Freund Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D., „zu verdanken“ ist.)
Es sei denn, einzige „Ausnahme“, man lebt als Familie mit 10 Kindern mit „HartzlV-€uronen-Ansammlungs-Status“, dieser wird den Leistungsbeziehern ja immer wieder gern unterstellt, „in einer 70-qm2-Wohnung“….
—Möchten sie tauschen?—
Auf solchem Hintergrund ist der Fortbestand und die kompetente Hilfegebung des ALZ für Hilfesuchende dauerhaft absolut unverzichtbar!
Sie war es im Übrigen seit Anbeginn vor vielen Jahren. — „Daumen hoch!“ ans ALZ an dieser Stelle, auch für den leider verfrüht verstorbenen ehemaligen Mitarbeiter Jürgen Bahr. —
Schön, hier zu lesen, dass engagierte Arbeit dort weiter geleistet wird.
Denn genau das ist Bürgernähe, liebe Politiker, Stadtväter, Mitarbeiter in sämtlichen Bereichen, die immer noch bzw. vermutlich weiterhin „dienstbeflissen“ vom angeblich Corona-bedingten Lockdown-Status „regiert werden“. (Eigentlich schonmal was von Masken, Plexiglasscheiben, Corona-Luftfiltern oder gar Impfungen gehört?)
Na dann noch: — Frohes Schaffen!—
PS) Wann endlich finden Wahlkampfveranstaltungen im „Lockdown-Modus“ statt? Kostet weniger und ersparte manchem Bürger wiederholt-nervtötend-überflüssiges „Polit-Gesabbel“ — von „Angesicht zu Angesicht“ — versteht sich?!
Ach ja, fast vergessen…, letzte Ansage:
„Wenn sie jetzt zur einmal in drei Monaten stattfindenden Video-Konferenz wechseln wollen, drücken sie die 02161-259528564308658654386….. .“
Schönen Tag noch ;-))