„Vorräte anlegen, horten“ Lösungswort mit acht Buchstaben gesucht: „Hamstern“.
Hamster sind wieder aktiv. Sie sammeln Futter, lassen es in den Backentaschen verschwinden und bringen es zum Nest, um Vorräte anzulegen.
Es wird gehamstert, sagt auch die Verkäuferin im Supermarkt um die Ecke.
„Wir kommen kaum mit dem Nachfüllen hinterher.“
Aus unauffälligen Kunden werden auffällige.
Wie reagieren Sie, wenn Sie wissen, dass Sie wenig wissen?
Die Situation kommt mir bekannt vor; wenn sie auch viele Jahre zurückliegt.
Hungerjahre prägten das Leben in unserem Dorf nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Leute aus der Stadt unternahmen Hamsterfahrten zu uns ins Dorf, um Bauern und Privatleuten Tauschgeschäfte anzubieten.
Die Reichsmark war wertlos.
Milch und Butter gegen Schmuck, Kartoffeln gegen Kunstgegenstände.
Güter des täglichen Bedarfs gegen handfestes Hab und Gut. Schwarzhandel hatte Hochkonjunktur.
Wenn ich bei einem Bauern, mit dem unsere Familie in verwandtschaftlicher Beziehung stand, um eine Kanne Milch, ein Stück Butter oder um Kartoffeln bettelte, hatte ich Aussicht auf Erfolg, wenn ich im Tausch dafür Zigaretten anbot – eine Kostbarkeit, die wir von amerikanischen Soldaten ergatterten, die sich im Dorf einquartiert hatten.
Ohne zu hamstern wären viele verhungert.
Man wollte nichts dem Zufall überlassen, sondern das eigene Überleben sichern.
Sanftmut und Gelassenheit halfen nicht weiter.
Man verließ sich nicht auf Schönredner und Gesundbeter.
Es wurde gehandelt.
In dem kleinen Bahnhof drängten sich Taschen und Pakete schleppende „Hamsterer“, die auf den Zug zurück in die Stadt warteten.
Meine Mutter erzählte gelegentlich vom „Steckrübenwinter“ 1916/17, ein Hunger-Winter, der während des Ersten Weltkriegs in Deutschland Krankheit und Tod mit sich brachte.
Steht das wieder bevor?
Wahrscheinlich nicht.
Regale werden wohl leergekauft aus Sorge, in den kommenden Wochen oder Monaten könnten sich amtliche Stellen zu außergewöhnlichen Maßnahmen veranlasst sehen, um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern.
Vor dem Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 empfahl das Bundesernährungsministerium eine private Vorsorge für Krisenzeiten.
Es sollten dringend benötigte Lebensmittel – dauerhafte Nahrung und Konserven – gehortet werden.
Die „Aktion Eichhörnchen“ setzte auf freiwilliges Engagement.
Der Ernstfall trat nicht ein.
Ich studierte damals in Bonn.
Wenn ich auf „Heimaturlaub“ kam, hatten Mutters Kochkünste Vorräte genutzt, deren „Verfallsdatum“ keine Rolle spielten.
Verderbliche Ware schien es nicht zu geben.
Hamstern scheint ein Urtrieb zu sein, zumindest eine verlässliche deutsche Charaktereigenschaft.
Die Menschen sind kein regungsloses Wachsfiguren-Kabinett.
Erfahrungen aus der Vergangenheit enden nicht im Nichts, sondern hinterlassen Spuren und fordern heraus.
Sittenhüter, die deswegen die Nase rümpfen, sind fehl am Platz.
„Im nächsten Leben werde ich Hamster“, soll jemand seine Zukunftswünsche formuliert haben. „Dann habe ich immer die Backen voll.“
Was wäre dagegen einzuwenden?